Presse

Presseerklärung

 

Maklervertrag: Kunde schuldet nur Aufwendungsersatz für konkret mit dem Auftrag entstandene Kosten

 

(Kiel) Nach gekündigtem Maklervertrag schuldet Kunde nur Aufwendungsersatz für konkret mit dem Auftrag entstandene Kosten. Gibt ein Kunde seine Verkaufsabsicht auf, kann der Makler grundsätzlich nur Ersatz der konkret durch die Bearbeitung des einzelnen Auftrags entstandenen Kosten verlangen. 

 

Soll sich der Aufwendungsersatz nach AGB-Regelungen auch auf die Zahlung von Gemeinkosten erstrecken (hier: anteilige Bürokosten), ist die Klausel zum Aufwendungsersatz insgesamt unwirksam.

 

Mit dieser Begründung, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) vom 28.10.2024 zu seinem Urteil vom 23.10.2024, Az. 19 U 134/23 hat das OLG einen Anspruch der Maklerin auf Zahlung von rund 11.500 € abgelehnt.

 

Der Kläger beauftragte die beklagte Immobilienmaklerin mit der Vermarktung seines Einfamilienhauses im Hintertaunus zum Angebotspreis von 695.000 €. Gemäß Ziff. 6 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Maklervertrags war der Auftraggeber bei Aufgabe seiner Verkaufsabsicht zum Aufwendungsersatz verpflichtet. Zu den konkreten erstattungspflichtigen Aufwendungen sollten u.a. anteilige Bürokosten zählen.

 

Nach vier Monaten teilte der Kläger mit, dass das Haus doch nicht kurzfristig verkauft werden sollte. Die Beklagte stellte ihm daraufhin 11.454,51 € in Rechnung, wovon 282,51 € auf „Fremdkosten laut Aufstellung“ und der übrige Betrag auf Arbeitsstunden entfielen. Hierauf zahlte der Kläger 6.282,51 €, die er nunmehr zurückverlangt.

 

Das Landgericht hatte seiner Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Maklerin. Sie hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Ziff. 6 des Maklervertrags sei unwirksam.

 

Die Regelung benachteilige den Vertragspartner unangemessen, begründete das OLG seine Entscheidung. Zwar könne eine Pflicht des Maklerkunden zum Aufwendungsersatz grundsätzlich in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden. Sie müsse sich dann aber „wirklich und ausschließlich auf den Ersatz von konkretem Aufwand beziehen“, betonte der Senat. Eine darüberhinausgehende Pflicht zum Aufwendungsersatz lasse sich in AGBs nicht wirksam vereinbaren. Grundsätzlich sei beim Maklervertrag die Provision vom Erfolg der Tätigkeit abhängig. „Wird im Gewand des Aufwendungsersatzes in Wahrheit eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart“, widerspreche diese dem Leitbild und sei damit unwirksam.

 

Hier umfasse der in Ziff. 6 geregelte Aufwendungsersatz u.a. anteilige Bürokosten. Der Makler habe damit einen Anspruch, der über den Ersatz des für die Bearbeitung des einzelnen Auftrags konkret entstandenen Aufwands hinausgehe. Bürokosten seien laufende Gemeinkosten, die beim Makler grundsätzlich fest eingeplant seien. Es handele sich nicht um Aufwendungen für einen konkreten Kunden. Die Regelung sei damit unwirksam.

 

Die Unwirksamkeit der Belastung mit anteiligen Bürokosten führe hier zur Gesamtunwirksamkeit der Vereinbarung über den Aufwendungsersatz. Andernfalls wäre es einem Makler möglich, risikolos rechtlich nicht geschuldete Positionen abzurechnen, „in der Hoffnung, dass zumindest ein Teil der Kunden hierauf eine Zahlung leistet“, führte der Senat weiter aus. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

OLG Frankfurt am Main: Häusliche Gewalt - Gewalt und Todesdrohungen rechtfertigen alleiniges Sorgerecht

(Stuttgart) Gewalt und Todesdrohungen des Vaters gegen die Mutter der gemeinsamen Kinder rechtfertigen ihr alleiniges Sorgerecht 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 1.10.2024 zu seinem Beschluss vom 10.9.2024, Az. 6 UF 144/24.

Vom Vater gegen die Mutter der gemeinsamen Kinder verübte häusliche Gewalt, Nachstellungen und Bedrohungen können im Einzelfall die Übertragung des Sorgerechts allein auf die Mutter rechtfertigen. Von einem Kind miterlebte Gewalt gegen seine Mutter ist eine spezielle Form der Kindesmisshandlung. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deswegen die Beschwerde des Vaters gegen die Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter zurückgewiesen.

Die mittlerweile geschiedenen Eltern haben zwei gegenwärtig 9 und 5 Jahre alte Kinder. Diese leben seit der Trennung der Eltern im Herbst 2020 bei der Mutter. Gegen den Vater bestand im Jahr 2021 und erneut ab Ende 2023 ein jeweils halbjähriges Näherungs- und Kontaktverbot. Auf Antrag der Mutter wurde ihr die alleinige elterliche Sorge übertragen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Vaters. Sie hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Das Amtsgericht habe zu Recht die gemeinsame elterliche Sorge aufgehoben und der Mutter übertragen, führte der Senat aus. Bei der Entscheidung seien alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände einzelfallbezogen gegeneinander abzuwägen: Hier bestehe zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung. Die vom Vater gegen die Mutter ausgeübte Gewalt spreche gegen eine „für die Ausübung der elterlichen Sorge zwingend erforderliche Kommunikation auf Augenhöhe“. Der Vater habe die Mutter in der Vergangenheit körperlich angegriffen und verletzt und sie wiederholt mit dem Tode bedroht. Er habe sich impulsiv und unkontrolliert verhalten. Sein erhöhtes Aggressionspotential und seine Bereitschaft, auch körperliche Gewalt anzuwenden, ergebe sich aus den Anordnungsverfahren nach dem GewaltschutzG. Der Mutter sei es angesichts der ihr gegenüber ausgesprochenen Todesdrohungen auch nicht zumutbar, sich mit dem Vater regelmäßig in sorgerechtlichen Fragen abzustimmen. Der Vater habe sich wiederholt grenzüberschreitend verhalten und auch nicht an die Schutzanordnungen gehalten. Die an die Mutter „gerichteten direkten Todesdrohungen sind keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge“, vertieft der Senat, „Unzweifelhaft ist der Kindesvater vorliegend nicht zu einem angemessenen respektvollen Umgang mit der Kindesmutter in der Lage“.

Gegen die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge spreche auch der Wille der Kinder. Dieser Wille sei trotz ihres noch geringen Alters beachtlich. Die Kinder hätten sich für die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter ausgesprochen. Dabei sei auch zu beachten, dass die Kinder die gegenüber der Mutter ausgeübte Gewalt und die ausgesprochenen Todesdrohungen miterlebt hätten. Von Kindern miterlebte Gewalt stelle eine spezielle Form der Kindesmisshandlung dar und beinhalte erhebliche Risikofaktoren für die kindliche Entwicklung.

Mildere, gleich effektive Mittel als eine Übertragung der elterlichen Sorge allein auf die Mutter stünden hier nicht zur Verfügung.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei sie u. a. auch auf die bundesweit mehr als 600 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Kiel, den 26.08.2024

 

Presseerklärung
 

Genehmigungsfähige Planung ist nicht immer Architektenpflicht – es kommt auf den Auftrag an!

 

(Kiel) Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat soeben eine für die Praxis bedeutsame Fragestellung im Hinblick auf das Vorliegen einer „mangelhaften“ Architektenplanung getroffen.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des OLG Celle vom 07.02.2024 – 14 U 12/23.

 

Im Bereich der Grundlagenermittlung und Vorplanung (Leistungsphasen 1 und 2gem. § 34 HOAI) hat der Architekt zunächst die Wünsche des Bauherrn auszuloten, diesen zu beraten und en Konzept zu erstellen. Eine baurechtliche Genehmigungsfähigkeit der Grundalgenermittlung und Vorplanung ist in der Regel aber keine Voraussetzung für den Honoraranspruch des Architekten für diese Leistungsphasen.
Erst ab der Entwurfsplanung (Leistungsphase 3 gem. § 34 HOAI) hat der Architekt eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen. Die rechtliche Vertretung der Genehmigungsplanung gegenüber Behörden und Gerichten befreit den Architekten regelmäßig nicht von dieser vertraglichen Pflicht.
Der Architekt, der für ein Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB eine genehmigungsfähige Planung verspricht, hat seine Planung so zu erstellen, dass sie als zulässig i.S.d. § 34 I BauGB beurteilt werden kann, also innerhalb eine etwaigen Beurteilungsspielraums liegt. Erst dann erfüllt er seine vertragliche Pflicht (vgl. BAH-NJW-RR 1999, 1104 = NJW 1999, 3556 Ls.). Dafür muss der Architekt die zur Lösung dieser Aufgabe notwendigen Kenntnisse auf dem Gebiet des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts besitzen (vgl. BGH NJW 1980, 2576; NJW 1985, 1692; NVwZ 1992, 911 = NJW 1992, 3034 Ls.).
Der Architekt kann sich von der vertraglichen Pflicht, eine genehmigungsfähige Planung zu erstellen, ausnahmsweise befreien lassen, wenn der Bauherr ausdrücklich das Risiko einer Versagung der Baugenehmigung auf sich nimmt oder dem Architekten eine Haftungsbefreiung erteilt (Ausnahmefall: hier verneint).
Zur Mitwirkung bei einer risikoreichen sog. Deckblattlösung ist der Bauherr nicht verpflichtet.
OLG Celle, Urt. v. 7.2.2024 – 14 U 12/23

 

Sachverhalt:
 

Der Kläger ist Architekt und begehrt mit seiner Klage Honorar für Architektenleistungen für das Bauvorhaben „40 Wohneinheiten nebst Tiefgarage auf dem Grundstück …“ in H., für das er von der Beklagten – einem Immobilienunternehmen – im Jahr 2016 beauftragt wurde.

 

Bereits kurz nach dem Vertragsschluss signalisierte ein Mitarbeiter der Baubehörde, dass das avisierte Projekt wohl nicht genehmigungsfähig sei. Es folgten verwaltungsrechtliche Auseinandersetzungen im Hinblick auf die Versagung des Vorbescheides und der Baugenehmigung.

 

Der Kläger begehrt für seine Planungsleistungen mit Honorarschlussrechnung vom 22.07.2020 gemäß den Vorgaben der HOAI als für Leistungsphase 1-4 eine Honorarrestforderung i.H.v. € 191.517,92 brutto und eine entsprechende Sicherheitsleistung. Die Gesamthonorarforderung des Klägers beträgt dabei € 295.300,26 brutto bzw.                                   € 248.151,48 netto. Abzüglich der geleisteten Abschlagszahlungen der Beklagten i.H.v.                        € 103.782,12 brutto ergibt sich die Honorarrestforderung des Klägers. Die Beklagte leistete keine weiteren Zahlungen und auch keine Sicherheit, so dass der Kläger mit Schreiben vom 17.09.2020 die Kündigung des Architektenvertrages erklärte.

 

Das LG Hannover (21.12.2022 – 14 O 189/20 BeckRS 2023, 41775 (Berichtigungsbeschluss v. 4.4.2023 – 14 O 189/20, BeckRS 2023, 48008) hat die Klage und die Wider-Widerklage abgewiesen und die Widerklage für begründet erachtet. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger keine abnahmefähige Architektenleistung erbracht habe. Es sei jedoch grundsätzlich die Leistungspflicht des Architekten, eine genehmigungsfähige Planung vorzulegen. Die Berufung hatte teilweise Erfolg.

 

Kernpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung ist die Frage, ob die Architektenleistung, mangels genehmigungsfähiger Planung mangelhaft ist und derenthalben keine bzw. nur eine verminderte Vergütung für die Architektenleistung auftraggeberseitig geschuldet ist.

Das OLG differenziert für die Frage, wann Planungsleistungen wegen fehlender Genehmigungsfähigkeit mangelhaft sind, zwischen den Leistungsphasen 1 und 2 sowie den Leistungsphasen 3 und 4 gemäß der HOAI.

 

Das Urteil zeigt die Punkte auf, auf die Architekten achten sollten, wenn es um die mögliche Durchsetzung von Maximalvorstellungen des Auftraggebers in planerischer Sicht geht.

 

·                Leistungsphasen 1 und 2

Bezüglich der Leistungsphasen 1 und 2 (Grundlagenermittlung und Vorplanung) schließt sich das OLG dem KG an. Ein Architekt schuldet noch nicht zwangsläufig eine genehmigungsfähige Planung.

 

Zwar ist es im Regelfall empfehlenswert, den „sichersten Weg“ zu gehen und bereits frühzeitig die Genehmigungsfähigkeit der Vorgaben des Auftraggebers im Blick zu haben. Allerdings kann es in dessen Interesse liegen, zunächst Maximalvorstellungen auszuloten die gegebenenfalls nicht genehmigungsfähig sind, etwa eine maximal Wohnfläche oder Geschossigkeit. Fehlende Genehmigungsfähigkeit wäre dann grundsätzlich kein Mangel, es reicht eine hinreichende Aussicht auf Genehmigung aus. Dementsprechend stellt das OLG unter umfassender Würdigung des Sachverhalts die Pflichten des Architekten in diesen Leistungsphasen dar.

 

·                Leistungsphasen 3 und 4

Für die Leistungsphasen 3 und 4 (Entwurfsplanung und Genehmigungsplanung) hingegen stand dem Kläger kein Honoraranspruch zu. Er schuldet nunmehr eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Das OLG begründet, dass und warum die von dem Kläger erstellte Planung unter Berücksichtigung von § 34 BauGB und dem später in Kraft getretenen Bebauungsplan nicht genehmigungsfähig war und nimmt Bezug auf das diesbezüglich geführte verwaltungsgerichtliche Verfahren. Das OLG weist darauf hin, dass der Kläger auch keine – ggf. genehmigungsfähigen – Varianten der Planung unter gleichen Anforderungen erstellt hat, wozu er aber verpflichtet gewesen wäre.

 

Eine solche Differenzierung, ab wann der Architekt eine genehmigungsfähige Planung schuldet, dürfte allerdings nicht gelten, wenn die Vorgaben des Auftraggebers von vornherein erkennbar nicht genehmigungsfähig sind. Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte an einer sog. Deckblattlösung mitwirken müssen, hat das OLG zurückgewiesen. Dabei wird die Genehmigungsbehörde zunächst mit Erreichung einer genehmigungsfähigen Planung getäuscht, von der das errichtete Gebäude aber abweicht. Es handelt sich um einen Schwarzbau, die Baubehörde kann bauaufsichtlich einschreiten. Um das zu verhindern, wird zur nachträglichen Legalisierung eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplanes beantragt, § 31 II BauGB.

 

Weil durch die Befreiung die Grundzüge der Planung nicht berührt werden dürfen und der Behörde Ermessen zusteht, ist dies ein risikoreiches Unterfangen. Dazu kam vorliegend, dass die Behauptung des Klägers, die Befreiung wäre erteilt worden angesichts des erfolglosen verwaltungsrechtlichen Verfahrens realitätsfern war. Daher hat das OLG richtigerweise verneint, dass die Beklagte sich treuwidrig verhalten hätte, indem sie dem Vorgehen nicht zugestimmt hat.

 

Resümee
 

Die Frage, ob eine fehlende Genehmigungsfähigkeit dem Honoraranspruch des Architekten entgegensteht, wurde differenzierend durch das OLG Celle beantwortet. Grundsätzlich ist nach den Leistungsphasen 1 und 2 sowie den Leistungsphasen 3 und 4 zu differenzieren. Rechtzeitige und nachweisliche Bedenkenhinweise gegenüber dem Auftraggeber sind daher unbedingt zu empfehlen, wenn dieser eine Planung durchsetzen möchte, die auf Bedenken hinsichtlich ihrer Genehmigungsfähigkeit stößt.  Anderenfalls setzt sich der Architekt möglichen Mängelansprüchen aus und riskiert zudem im Fall sog. „bewusster Pflichtwidrigkeit“ den Deckungsschutz seiner Haftpflichtversicherung.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung
 

„Schwarzgeldabrede ist nicht Schwarzgeldabrede“ - Zur Wirksamkeit des Kaufvertrages bei einer Schwarzgeldabrede 

 

(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.03.2024 (V ZR  114/22) entschieden, dass die Schwarzgeldabrede im Grundstückskaufvertrag nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrages führt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15.03.2024 – V ZR 115/22.

 

Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eins Grundstückskaufvertrages in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben, als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag in der Regel nicht nichtig. Anders liegt es nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist. Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises ernstlich gewollt sind (Bestätigung von Senat NJW 1966, 588 (589); NJW-RR 2002, 1527).
Die Erwägungen, die im Falle eines Verstoßes gegen § 1 II 1 Nr. 2 SchwarzArbG zur Nichtigkeit des Dienst- oder Werkvertrags führen, sind auf Schwarzgeldabreden im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar (Abgrenzung zu BGHZ 198, 141 = NZBau 2013, 627 = NJW 2013, 3167; BGHZ 201, 1 = NZBau, 2014, 425 = NJW 2015, 1805; BGHZ 206, 69 = NZBau 2015, 551 = NJW 2015, 2406; BGHZ 214, 228 = NZBau 2017, 350 = NJW 2017, 1808).
 

 

BGH, Urt. v.  15.3.2024 – V ZR 115/22 (OLG Braunschweig), BeckRS 2024, 09041

 

Der BGH hatte über einen Kaufvertrag zu befinden, in dem ein Kaufpreis i.H.v. € 120.000,00 beurkundet, tatsächlich aber ein Kaufpreis von € 150.000,00 vereinbart war. Den nicht mitbeurkundeten Differenzbetrag von € 30.000,00 hatte die Klägerin dem Beklagten bereits vor dem Beurkundungstermin in bar bezahlt. Die Klägerin wurde nach Zahlung des restlichen Kaufpreises von € 120.000,00 in das Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.

Aufgrund von Gesprächen zur Wirksamkeit des Kauvertrages und dessen Rückabwicklung erwirkte die Klägerin die Eintragung eines Widerspruchs gegen ihre Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch. Der Beklagte überwies daraufhin einen Betrag in Höhe von € 120.000,00 auf das Treuhandkonto eines Notars, welcher den Betrag an die Klägerin auszahlte, obgleich der Beklagte noch nicht wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden war. Die Klägerin begehrt die Zustimmung zur Löschung des Widerspruchs vom Beklagten.

Der BGH folgt dem Berufungsgericht, welches einen Grundbuchberichtigungs-anspruch nach Maßgabe des § 894 BGB bejaht hat.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnungs- und Teileigentumseinheit und damit wahre Berechtigte im Sinne des  § 894 BGB, denn sie hat mit der Auflassung und Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch gem. § 873 I , 925 I BGB das Eigentum an der Einheit erworben. Etwas andere gälte nur dann, wenn der Kaufvertrag nichtig wäre und der Wirksamkeitsmangel auch die Auflassung als dingliches Erfüllungsgeschäft erfasste.

Hierbei stellt der BGH fest, dass der Kaufvertrag nicht formunwirksam ist. Zwar war der beurkundete Kaufvertrag mit einem Kaufpreis von € 120.000,00 nicht gewollt und als Scheingeschäft nach § 117 I BGB nichtig, während der wollte, lediglich mündlich geschlossene Vertrag mit einem Kaufpreis von € 150.000,00 gemäß § 117 Abs. 2, § 311 b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB zunächst formnichtig war. Der Formmangel wurde aber durch die in dem notariellen Vertrag erklärte Auflassung und die Eintragung der Klägerin in das Grundbuch gemäß § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Mai 1970 – V ZR 20/68, BGHZ 54, 46, 63; Urteil vom 13. Mai 2016 – V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 29).

Der Kaufvertrag ist nicht nach §§ 134, 138 Abs. 1 BGB nichtig. Weder verstößt der Grundstückskaufvertrag selbst gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten noch führt eine etwaige isolierte Nichtigkeit der Abrede über die Unterverbriefung, d.h. die Nichtbeurkundung eines Teils des Kaufpreises in Höhe von € 30.000,00, nach §139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages.

Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot wäre nicht nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt, denn die Heilung nach dieser Vorschrift bezieht sich nur auf eine zunächst bestehende Formnichtigkeit eines Grundstückskaufvertrages. Andere Nichtigkeitsgründe, insbesondere die der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB, werden von dieser Vorschrift nicht erfasst (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 2016 – V ZR 265/14, NJW-RR 2017, 114 Rn. 30).

Die Schwarzgeldabrede für nicht unmittelbar wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB zur Nichtigkeit des Kaufvertrages.

Wird der Kaufpreis bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages in der Absicht, Steuern zu hinterziehen, niedriger angegeben als mündlich vereinbart (sog. Schwarzgeldabrede), ist der Vertrag nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, in der Regel nicht nichtig. Etwas anderes gilt nur, wenn die Steuerhinterziehungsabsicht alleiniger oder hauptsächlicher Zweck des Rechtsgeschäfts ist; dies ist jedoch regelmäßig nicht der Fall, wenn der Leistungsaustausch, d.h. die Verpflichtung des Verkäufers zur Übertragung des Grundstücks und die Verpflichtung des Käufers zur Zahlung des Kaufpreises, ernstlich gewollt ist. Diese Rechtsprechung steht im Einklang mit der Rechtsprechung der anderen Senate, wonach ein Vertrag, mit dessen Abwicklung eine Steuerhinterziehung verbunden ist, nur dann nichtig ist, wenn die Steuerhinterziehung den Hauptzweck des Vertrages bildet.

Die Rechtsprechung des VII. Zivilsenats hat demgegenüber bei Verstößen gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung demgegenüber die Nichtigkeit derartiger Verträge erkannt.

Der BGH ist – entgegen anderweitiger Rechtsprechung und abweichender Meinungen in der Literatur – der Ansicht, dass diese Rechtsprechung nicht auf Schwarzgeldabreden bei Grundstückskaufverträgen übertragbar ist.

Der Rechtsprechung des VII. Zivilsenats folgend ist ein unter den Anwendungsbereich des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes fallender Vertrag ohne weiteres in seiner Gesamtheit nichtig, wenn darin Regelungen enthalten sind, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. In subjektiver Hinsicht reicht es dafür aus, dass der Unternehmer vorsätzlich gegen seine steuerlichen Pflichten verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt. Die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit des Vertrages tritt dabei unabhängig von dem verfolgten Hauptzweck des Vertrages ein.

Diese Erwägungen sind im Falle eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SchwarzArbeitsG im Rahmen von Grundstückskaufverträgen nicht übertragbar.

Angesichts dieser unterschiedlichen Beurteilung der Rechtsfolgen bei einer Schwarzgeldabrede ist unbedingt eine differenzierende, fachkundige Beratung erforderlich.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

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Umgangsrecht: Kindeswohl geht berechtigtem Umgangsinteresse vor

Eine Heimunterbringung zur Überwindung der Ablehnung eines Kindes gegenüber dem nicht-betreuenden Elternteil ist rechtswidrig

(Stuttgart) Das Familiengericht darf die Unterbringung des Kindes im Heim nicht allein deshalb anordnen, da eine betreuende Mutter ihr Kind dahin beeinflusst, dass es den nicht betreuenden Vater nicht mehr sehen möchte und es deswegen zu einem Kontaktabbruch kommt.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) vom 6.05.2024 zu seinem Beschluss vom 3.4.2024, Az. 7 UF 46/23.

Die von dem Kind empfundene Ablehnung des nicht betreuenden Elternteils kann - wenn überhaupt - durch eine Heimunterbringung nicht ohne gravierende Verletzung des Grundrechts des Kindes auf freie Persönlichkeitsentwicklung überwunden werden. Die negativen Folgen dieser Grundrechtsverletzung überwiegen nach Auffassung des 7. Familiensenats das berechtigte Umgangsinteresse des Vaters. Eine Maßnahme, mit der ein Kind über eine Heimunterbringung dazu gebracht werden soll, gegen seinen Willen in den Haushalt desjenigen Elternteiles zu wechseln, zu dem es aktuell jeden Kontakt ablehnt, ist daher nicht rechtmäßig.

In dem Verfahren ging es um ein Mädchen, das ausschließlich im Haushalt seiner Mutter aufgewachsen war. Nach langjährigen regelmäßigen und ausgedehnten Umgangskontakten zum getrenntlebenden Vater hatte das Kind im Alter von sieben Jahren plötzlich Umgänge verweigert. Die Mutter war davon ausgegangen, dass es zwischen Vater und Tochter zu sexuell getönten Vorfällen gekommen war. Sie hatte das Mädchen seither in seiner Umgangsverweigerung bestärkt. Ein Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass kein für eine strafrechtliche Verurteilung hinreichender Tatverdacht eines Kindesmissbrauchs vorlag. Es sprach daher, so der Senat, einiges dafür, dass die Ablehnung des Mädchens maßgeblich auf eine Beeinflussung durch die Mutter zurückging. 

Der Vater des Mädchens hatte nach jahrelangem Streit beantragt, ihm die elterliche Sorge zu übertragen. Da es wegen der absoluten Verweigerung des Mädchens nicht möglich schien, das Kind in seinen Haushalt zu geben, hatte das Amtsgericht das zu diesem Zeitpunkt 9-jährige Kind in einem Eilverfahren aus dem Haushalt der Mutter genommen und in ein Kinderheim gegeben. Dabei kam das Amtsgericht den Empfehlungen eines Sachverständigen nach, denen auch Jugendamt und der Verfahrensbeistand des Kindes gefolgt waren. Während der Heimunterbringung sollte sich - fern der Beeinflussung durch die Mutter, mit der keinerlei Umgang stattfinden durfte - das Kind dahin stabilisieren, dass es die unerklärliche Kontaktverweigerung zum Vater aufgeben würde. So sollte perspektivisch die gewünschte Übersiedlung des Kindes in den Haushalt des Vaters ermöglicht werden.

Diese Vorgehensweise ist nicht rechtmäßig, entschied der zuständige 7. Familiensenat. Er hatte umgehend nach Eingang der Beschwerde der Mutter gegen den Sorgerechtsbeschluss des Amtsgerichts die Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter veranlasst. Die Wünsche und Vorstellungen des Kindes völlig zu ignorieren stelle eine nicht zu vertretende Grundrechtsverletzung dar. Eine besondere Rolle spielte für die Entscheidung, dass es keine Anhaltspunkte für eine unzulängliche Versorgung des Kindes im Haushalt der Mutter gab. Das Mädchen sei eine exzellente Grundschülerin mit altersgerechten Kontakten zu Gleichaltrigen und guten sozialen Kompetenzen. Unter solchen Umständen, so das OLG Frankfurt, könne der entgegenstehende Wille eines neun Jahre alten Mädchens nicht übergangen werden. Die nachvollziehbare Verzweiflung des umgangsberechtigten Vaters habe nach Auffassung des Senats dazu beigetragen, dass Jugendamt, Sachverständiger und Verfahrensbeistand eine solche den Willen des Kindes brechende Maßnahme befürwortet hätten. Dabei sei jedoch nicht hinreichend beachtet worden, dass der Kontaktabbruch zur hauptbetreuenden Mutter für das Kind unerträglich gewesen sei, während das Kind unter dem fehlenden Umgang zum Vater in keiner Weise gelitten, sondern diesen aktiv gewünscht habe. Da zudem äußerst fraglich schiene, ob das gewünschte Ziel eines Wechsels in den Haushalt des Vaters durch die Heimunterbringung überhaupt erreicht werden könne, sei die Maßnahme im Übrigen völlig ungeeignet.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 600 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Afghanische sog. Handschuh-Ehe kann in Deutschland wirksam sein

(Stuttgart) Eine in Abwesenheit eines Ehepartners in Afghanistan geschlossene sog. Handschuh-Ehe widerspricht nicht dem ordre public, wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass für den Willen der Eheschließung selbst eine Stellvertretung vorliegt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG), so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, bestätigte den Beschluss des Amtsgerichts, dass diese Ehe nicht aufzuheben, auf den Hilfsantrag hin aber zu scheiden ist. (Beschluss vom 4.4.2024, Az. 6 UF 204/23, veröffentlicht am 29.04.2024).

Die Beteiligten, beide afghanische Staatsangehörige, haben im Januar 2022 in Afghanistan die Ehe in Form einer sog. Handschuh-Ehe geschlossen. Bei der Eheschließung war nur die Antragsgegnerin anwesend, nicht aber der Antragsteller, der seit 2015 in Deutschland lebte. Seit der Verlobungsfeier 2019 telefonierten die Beteiligten regelmäßig miteinander, insbesondere fanden Videotelefonate statt. Im August 2022 flüchtete die Antragsgegnerin nach Deutschland und traf dort erstmals auf ihren Mann. Die Beteiligten hielten sich etwa drei Wochen zusammen bei einem Bekannten auf. Aufgrund einer dann erfolgten Selbstmeldung und ihrer eigenen Alterseinschätzung wurde die Antragsgegnerin als unbegleitete minderjährige Jugendliche in Obhut genommen.

Der Antragsteller beantragt die Aufhebung der in Afghanistan geschlossen Ehe, hilfsweise die Scheidung. Er behauptet, die Antragsgegnerin habe nur zum Erhalt eines Visums für die Einreise nach Deutschland mit ihm die Ehe geschlossen.

Das Amtsgericht hat auf den Hilfsantrag hin die Ehe der Beteiligten geschieden, den Antrag auf Aufhebung der Ehe jedoch zurückgewiesen. Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller weiterhin die Aufhebung der Ehe. Diese Beschwerde hatte vor dem OLG keinen Erfolg.

Der zuständige Familiensenat bestätigte die Ansicht des Amtsgerichts, dass kein Aufhebungsgrund für die in Afghanistan geschlossene sog. Handschuhehe vorliege. „Der Anerkennung der in Afghanistan unstreitig als Handschuhehe geschlossenen Ehe im Inland steht ... der deutsche ordre public nicht entgegen“, führte der Senat aus. Da keiner der Beteiligten geltend mache, dass die Eheschließung nicht dem Willen der Eheleute entsprochen habe, fehle es an Anhaltspunkten, der Stellvertreterehe aus diesem Grund die Wirksamkeit zu versagen. Aufgrund der im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse bestünden auch keine vernünftigen Zweifel an der Volljährigkeit der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Eheschließung. Die eigenen Angaben der Antragsgegnerin zu ihrem angeblichen Geburtsdatum seien hinsichtlich der weiteren im Verfahren gewonnenen Erkenntnisse nicht plausibel und damit nicht nachvollziehbar. Dabei komme dem in Kopie vorliegenden afghanischen Reisepass der Antragsgegnerin eine erhöhte Beweiswirkung zu. Diese sei weder durch die variierenden, widersprüchlichen Erklärungen der Antragsgegnerin noch durch die sog. Tazkira, ein vom Personenstandsregisteramt ausgestelltes Identitätsdokument, in Zweifel gezogen worden. Dem stehe auch nicht entgegen, dass das Jugendamt zum damaligen Zeitpunkt keinen Anlass gehabt habe, die Angaben der Antragsgegnerin anzuzweifeln.

Ein Aufhebungsgrund nach afghanischem Recht liege ebenfalls nicht vor. Dazu zähle u.a. die Nichterfüllung einer Bedingung. Dass das spätere Zusammenleben in Deutschland eine derartige Bedingung gewesen sei, ergebe sich schon nicht aus dem Vortrag des Antragstellers. Über die konkrete Ausgestaltung der Ehe seien unstreitig keine Gespräche geführt worden. Der Antragsteller habe zudem ausreichende Erkenntnisquellen gehabt, um eine etwaig andere Motivation der Antragsgegnerin in Erfahrung zu bringen. Zudem sei es gut möglich, dass sich der Wunsch der Antragsgegnerin, allein zu leben, erst im Lauf der allein bewältigten Flucht nach Deutschland gebildet habe. Der Aufhebungsgrund des Betrugs in Form der Täuschung über einen körperlichen oder geistigen Mangel liege ebenfalls nicht vor. Fehle es an einem Aufhebungsgrund, habe das Amtsgericht die Ehe zu Recht auf den Hilfsantrag hingeschieden.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

BSG: Väter werden bei der Zuordnung von Kindererziehungszeiten nicht diskriminiert

(Stuttgart) Es liegt keine verfassungswidrige Benachteiligung von Männern darin, dass Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung im Zweifel bei der Mutter anerkannt werden. 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.04.2024 zu seinem Urteil vom gleichen Tage, Az. B 5 R 10/23 R.

Ebenso wenig wie die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auffangregelung in § 56 Absatz 2 Satz 9 SGB VI. 

Danach wird die Erziehungszeit der Mutter zugeordnet, wenn die Eltern keine übereinstimmende Erklärung zur Zuordnung der Erziehungszeit abgegeben haben und eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorliegt. Zwar führt die Anwendung der Auffangregelung zu einer unmittelbaren Benachteiligung des Kindsvaters. Die Ungleichbehandlung ist aber zur Verwirklichung des Gleichstellungsgebots ausnahmsweise gerechtfertigt. Indem die Erziehungszeit im Zweifel der Mutter zuordnet wird, werden faktische Nachteile ausgeglichen, die infolge der Erziehungsleistung beim Erwerb von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen und die Frauen weiterhin deutlich häufiger betreffen als Männer. Obgleich die Erwerbstätigenquote und teilweise auch der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit von Müttern mit Kindern unter drei Jahren und auch darüber hinaus gestiegen ist, bleiben sie immer noch deutlich hinter denjenigen der Väter zurück. Diese, die Mütter bevorzugende Auffangregelung ist auch verhältnismäßig. Die übrigen Zuordnungsregelungen in § 56 Absatz 2 SGB VI lassen genügend Raum für eine Zuordnung der Erziehungszeit an einen männlichen Elternteil.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Getrenntleben der Eheleute trotz gemeinsamer Wohnung 

(Stuttgart) Die Annahme der Trennung der Eheleute erfordert ein der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung. 

Verbleibende Gemeinsamkeiten in Form gemeinsamer Mahlzeiten, der Vornahme von Erledigungen und Einkäufen für den anderen stehen der Trennung nicht entgegen, wenn sie sich als unwesentlich darstellen. Dies gilt auch für einen freundschaftlichen, anständigen und vernünftigen Umgang der Ehegatten miteinander, insbesondere, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt leben.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 15.04.2024 zu seinem Beschluss vom 28.3.2024, Az. 1 UF 160/23.

Die Eheleute streiten um den Zeitpunkt der wechselseitigen Auskunftsverpflichtung zum Trennungsvermögen im Rahmen ihres Scheidungsverfahrens. Wenn die Scheidung beantragt ist, kann jeder Ehegatte von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen (§ 1379 BGB). Dieser Auskunftsanspruch soll den Schutz des ausgleichsberechtigten Ehegatten vor - für die Berechnung eines etwaigen Zugewinnanspruchs relevanten - Vermögensmanipulationen in der Trennungszeit verbessern. 

Die Eheleute haben drei noch minderjährige Kinder und wohnten gemeinsam mit ihnen in einem Haus. Sie stellten wechselseitige Anträge auf Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung. Das Amtsgericht hatte der Auskunftspflicht den vom Ehemann benannten späteren Trennungszeitpunkt zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hatte vor dem OLG Erfolg.

Die Trennung sei für den Zeitpunkt festzustellen, zu welchem (objektiv) zwischen den Eheleuten keine häusliche Gemeinschaft mehr bestehe und (subjektiv) zumindest ein Ehegatte diese Gemeinschaft auch nicht mehr herstellen wolle, da er sie ablehne, erläuterte das OLG. Dabei sei es nicht erforderlich, dass ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung ausziehe. Ausreichend sei, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt lebten. Es bedürfe keiner “vollkommenen Trennung“. Erforderlich sei nur ein „der räumlichen Situation entsprechendes Höchstmaß der Trennung“, dazu gehöre das nach außen erkennbare getrennte Wohnen und Schlafen.

Erforderlich sei zudem, dass die Eheleute keinen gemeinsamen Haushalt mehr führten und keine wesentlichen persönlichen Beziehungen mehr bestünden. Verbleibende Gemeinsamkeiten müssten sich in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Vereinzelt bleibende Versorgungsleistungen bzw. Handreichungen der Ehegatten füreinander ohne besondere Intensität oder Regelmäßigkeit stünden demnach der Annahme der Trennung nicht entgegen. Sie müssten sich aber in der Gesamtbetrachtung als unwesentlich für das eheliche Zusammenleben darstellen. Ein „freundschaftlicher, anständiger und vernünftiger Umgang der Ehegatten miteinander“ stehe der Trennungsannahme insbesondere dann nicht entgegen, wenn gemeinsame Kinder im Haushalt lebten. „Denn auch nach der Trennung bleiben die Ehegatten über die Elternschaft miteinander verbunden und sind zum Wohl ihrer Kinder zum Wohlverhalten verpflichtet“, führte der 1. Familiensenat weiter aus. Da die Trennungsverarbeitung durch die Kinder häufig maßgeblich vom Umgang der Ehegatten miteinander geprägt werde, stehe ein „höfliches Miteinander und gemeinsame Mahlzeiten mit den Kindern der Annahme eines Getrenntlebens nicht entgegen“, unterstrich der Senat.

Hier seien die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Trennung erfüllt gewesen, seitdem die Antragstellerin dem Antragsgegner ihren Willen, die häusliche Gemeinschaft nicht mehr herstellen zu wollen, weil sie die häusliche Gemeinschaft ablehnt, per Mail eindeutig mitgeteilt habe. Der Ehemann habe zu diesem Zeitpunkt innerhalb des gemeinsamen Hauses eine „Schlafstätte nebst Badezimmer im Keller“ genutzt. Eine persönliche Beziehung zwischen den Ehegatten habe seitdem nicht mehr bestanden. Die vereinzelten Einkäufe und Erledigungen seien im Gesamtbild unwesentlich gewesen und hätten „in der vereinzelt gebliebenen Situation noch der allgemeinen Höflichkeit und Hilfsbereitschaft (entsprochen), wie sie auch außerhalb ehelichen Zusammenlebens ... aus gesellschaftlichem Anstand jedenfalls nicht ungewöhnlich sind“, begründete der Senat.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Bundesverfassungsgericht: Gesetzliche Regelungen über die Vaterschaftsanfechtung durch leibliche Väter sind mit dem Elterngrundrecht unvereinbar

(Stuttgart) Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die gesetzliche Regelung über das Recht des leiblichen Vaters, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes für sein Kind anzufechten, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Sie trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. 

Diese gehören zu den Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) und können sich auf das Elterngrundrecht ebenso wie die rechtlichen Eltern des Kindes berufen.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu seinem Urteil vom 9.04.2024, Az. 1 BvR 2017/21.

Das Elterngrundrecht bedarf einer Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Er kann dabei — abweichend vom bisherigen Recht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) — die rechtliche Elternschaft des leiblichen Vaters neben der Mutter und dem rechtlichen Vater vorsehen. Hält er dagegen an einer Beschränkung der rechtlichen Elternschaft auf zwei Elternteile fest, muss zugunsten des leiblichen Vaters ein hinreichend effektives Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm ermöglicht, anstelle des bisherigen rechtlichen Vaters selbst rechtlicher Vater seines Kindes zu werden. Letzterem genügt das bisherige Recht vor allem deshalb nicht, weil es nicht erlaubt, eine bestehende oder vormalige sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem leiblichen Vater sowie dessen bisherige Bemühungen um die rechtliche Vaterschaft zu berücksichtigen.

Die für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärte Regelung in § 1600 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BGB über die Vaterschaftsanfechtung bleibt bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 30. Juni 2025, in Kraft.

  • Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist feststehend leiblicher Vater eines 2020 nichtehelich geborenen Kindes. Mit der Mutter des Kindes führte der Beschwerdeführer eine Beziehung und lebte auch mit ihr in einem Haushalt. Nach der Trennung der Mutter von dem Beschwerdeführer hatte dieser weiterhin Umgang mit seinem Kind. Die Mutter ging eine neue Beziehung ein. Nachdem der Beschwerdeführer einen Antrag auf Feststellung seiner Vaterschaft gestellt hatte, erkannte der neue Partner der Mutter die Vaterschaft für das Kind mit ihrer Zustimmung an und ist so dessen rechtlicher Vater geworden.

Im Anfechtungsverfahren hat das Oberlandesgericht in zweiter Instanz den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, er und nicht der rechtliche Vater sei Vater des Kindes, als unbegründet abgewiesen. Die Vaterschaftsanfechtung des Beschwerdeführers scheitere an der inzwischen bestehenden sozial-familiären Beziehung des neuen Partners der Mutter und rechtlichen Vaters zu dem Kind. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten Elternrechts. § 1600 Abs. 2 und 3 BGB in seiner Anwendung durch das Gericht mache es ihm als leiblichem Vater unmöglich, die rechtliche Vaterschaft für das Kind zu erlangen.

  • Wesentliche Erwägungen des Senats:

§ 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB ist mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar. Da der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts auf der Anwendung dieser Regelung beruht, verletzt er den Beschwerdeführer in seinem Elterngrundrecht.

Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt das als solches durch den Staat zu achtende Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Dieses Grundrecht steht leiblichen Vätern von Kindern auch dann zu, wenn sie nicht deren rechtliche Väter sind. § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB trägt den Anforderungen an das Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung und beeinträchtigt dieses, ohne dass dies verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

I. 1. Das Eltern durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder bedarf im Einzelnen der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG gibt im Einzelnen weder vor, welche Personen als Eltern Träger des Elterngrundrechts und Inhaber der Elternverantwortung sind, noch die von den Eltern zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung benötigten Handlungsmöglichkeiten. Der Gesetzgeber muss festlegen, welche Personen aus dem Kreis der Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG die Elternverantwortung gegenüber ihren Kindern tragen, über deren Einhaltung nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG die staatliche Gemeinschaft wacht. Bei der gebotenen Ausgestaltung muss der Gesetzgeber die das Elterngrundrecht prägenden Strukturmerkmale beachten. Dies schließt — jenseits staatlicher Eingriffe in das Recht der einzelnen Träger dieses Grundrechts — „wesensmäßige Umgestaltung(en)“ des Elternrechts aus.

2. Um dem zuvörderst den Eltern obliegenden Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder Geltung zu verschaffen, muss der Gesetzgeber fachrechtliche Regelungen vorsehen, die die Eltern in die Lage versetzen, der ihnen obliegenden Elternverantwortung nachkommen zu können. Strukturprägendes Merkmal des verfassungsrechtlichen Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ist die im Grundsatz bestehende Verknüpfung von Elterngrundrecht und Elternverantwortung. Das gilt unabhängig davon, ob die statusrechtliche Zuordnung als Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auf leiblicher Abstammung oder auf fachrechtlicher Zuweisung beruht. Die strukturprägende Verknüpfung von Trägerschaft des Elterngrundrechts und dem Tragen von Elternverantwortung für ein Kind gebietet allerdings nicht, dass der Gesetzgeber sämtlichen Müttern und Vätern im verfassungsrechtlichen Sinne auf der Ebene des Fachrechts überhaupt oder in gleichem Umfang Elternverantwortung einräumen muss.

3. Bei der Begründung verfassungsrechtlicher Elternschaft aufgrund einer entsprechenden Zuordnungsregelung im Fachrecht ist der Gesetzgeber für die Ausgestaltung der Zuordnung an die das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG prägenden Strukturmerkmale gebunden. Unabhängig von einer fachrechtlichen Zuordnungsregel sind Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG jedenfalls die im herkömmlichen Sinne leiblichen Eltern des Kindes, also der Mann und die Frau, die das Kind durch Geschlechtsverkehr mit ihren Keimzellen gezeugt haben, wenn diese Frau anschließend das Kind geboren hat.

4. Jeder Elternteil in diesem Sinne kann sich im Grundsatz auf das Elterngrundrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stützen. Das Elterngrundrecht ist durch die Übernahme von Verantwortung für das Kind seitens der Eltern geprägt. Es umfasst nicht allein Rechte im Verhältnis zum und im Umgang mit dem Kind, wie etwa das Sorgerecht, sondern schließt die Pflicht zur Pflege und Erziehung des Kindes ein. Zu dieser gehört neben der Verantwortlichkeit für das physische, psychische und wirtschaftliche Wohl des Kindes auch, dafür zu sorgen, dass sich das Kind in Ausübung seines eigenen Rechts auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit in der sozialen Gemeinschaft entwickeln kann. Ist das Elterngrundrecht mit dem Innehaben von Elternverantwortung verbunden, muss es Eltern im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG grundsätzlich möglich sein, diese Verantwortung auch erhalten und ausüben zu können. Dies zu gewährleisten, ist Teil der Ausgestaltungspflicht des Gesetzgebers, der dabei auch insoweit die das Elterngrundrecht prägenden Strukturmerkmale beachten muss. Das gibt nicht zwingend vor, das Innehaben von Elternverantwortung und damit die Trägerschaft des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG von vornherein auf zwei Elternteile zu beschränken.

Anders als in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angenommen sind jedenfalls leibliche Väter, deren Elternschaft im verfassungsrechtlichen Sinne aus der genetischen Verbindung mit dem Kind aufgrund natürlichen Zeugungsakts mit dessen Mutter folgt, im Ausgangspunkt Träger des Elterngrundrechts und können sich auf die Gewährleistungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG stützen. Das gilt auch dann, wenn aufgrund der im Fachrecht getroffenen Zuordnung zugleich die Mutter und der rechtliche Vater des Kindes Grundrechtsträger sind. In dieser Konstellation von mehr als zwei Trägern des Elterngrundrechts ist es Teil der Ausgestaltungspflicht des Gesetzgebers zu gewährleisten, dass die Elternverantwortung im von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG vorgesehenen Sinne wahrgenommen werden kann. Bei der Ausgestaltung der rechtlichen Elternschaft — wie hier — der Grundrechtsträger Mutter, leiblicher Vater und rechtlicher Vater ist es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, allen die rechtliche Elternschaft zuzuerkennen; verfassungsrechtlich geboten ist eine solche Ausgestaltung nicht.

5. Dem Gesetzgeber steht bei der Ausgestaltung der mit dem Elterngrundrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verbundenen Elternverantwortung sowohl auf der Statusebene des Eltern-Kind-Verhältnisses als auch auf derjenigen der konkreten Rechte- und Pflichtenstellung der Eltern gegenüber dem Kind ein Spielraum zu. Entscheidet sich der Gesetzgeber wie im geltenden Fachrecht dazu, die rechtliche Elternschaft auf zwei Personen zu beschränken, ist er gehalten, die Elternschaft grundsätzlich an der Abstammung des Kindes auszurichten. Ist nicht der leibliche Vater, sondern ein anderer Mann rechtlicher Vater des Kindes, beschränkt eine im Fachrecht auf zwei Elternteile begrenzte rechtliche Elternschaft das Grundrecht des leiblichen Vaters aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Schließt das Fachrecht für die hier vorliegende Konstellation — verfassungsrechtlich im Ausgangspunkt zulässig, wenn auch nicht geboten — eine rechtliche Vaterschaft von mehr als einem Vater aus, muss dem leiblichen Vater ein Verfahren zur Verfügung stehen, das ihm grundsätzlich die Erlangung der rechtlichen Vaterschaft ermöglicht. Dieses muss hinreichend effektiv sein, um dem Elterngrundrecht des leiblichen Vaters Rechnung zu tragen.

II. § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB wird der Stellung leiblicher Väter als Träger des Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht gerecht. Die Regelung berührt das Elterngrundrecht leiblicher Väter und beeinträchtigt dieses trotz Vereinbarkeit mit den die Struktur des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG prägenden Merkmalen unverhältnismäßig.

1. Die genannte Regelung berührt den durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auch zugunsten nur leiblicher, aber nicht rechtlicher Väter garantierten Schutz des Elternrechts, der die Möglichkeit einschließt, Elternverantwortung zu erlangen. Eine zum maßgeblichen Zeitpunkt im Sinne von § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB bestehende sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater schließt nach § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB die Erlangung der rechtlichen Vaterschaft durch den nur leiblichen Vater aus. Der Ausschluss greift sogar dann, wenn der leibliche Vater selbst eine sozial-familiäre Beziehung zu seinem Kind hatte oder hat oder sich frühzeitig und konstant um die rechtliche Vaterschaft bemüht hat. Da die rechtliche Vaterschaft Voraussetzung für das Innehaben des fachrechtlichen Sorgerechts mit dem rechtlichen Instrumentarium zur Wahrnehmung von Elternverantwortung ist, bleibt leiblichen Vätern bei erfolgloser Vaterschaftsanfechtung die für das Elternrecht prägende Elternverantwortung verwehrt. Das gilt auch dann, wenn eine die erste Anfechtung ausschließende sozial-familiäre Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater später weggefallen ist. Ohne die Mitwirkung und Zustimmung Dritter, insbesondere der Mutter, ist es für einen leiblichen Vater dann nicht mehr möglich, rechtlicher Vater zu werden. Damit bleibt ihm die rechtliche Elternverantwortung dauerhaft verschlossen.

2. Dennoch ist § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB mit den die Struktur des Elterngrundrechts prägenden Strukturmerkmalen vereinbar. Hält der Gesetzgeber fachrechtlich an einer auf zwei Elternteile beschränkten Elternschaft fest, erfordert das Elterngrundrecht allerdings, dem zur Übernahme von Elternverantwortung bereiten leiblichen Vater grundsätzlich die rechtliche Elternschaft als Voraussetzung für die Ausübung von Elternverantwortung zu ermöglichen. Das lässt das geltende Recht (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB) im Ausgangspunkt zu. Nach Maßgabe des Fachrechts kann der leibliche Vater im Anschluss an das Erlangen der rechtlichen Vaterschaft auch (Mit-)Inhaber des Sorgerechts werden.

3. Durch die hier zu überprüfende Einschränkung des Anfechtungsrechts leiblicher Väter verfolgt der Gesetzgeber mit den Zwecken der Statusbeständigkeit und -klarheit sowie dem Schutz der bestehenden sozialen Familie aus Kind, Mutter und rechtlichem Vater zwar verfassungsrechtlich legitime Ziele. § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB beeinträchtigt aber den leiblichen Vater – und damit auch den Beschwerdeführer – in seinem Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unverhältnismäßig.

a) § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB beeinträchtigt das Elterngrundrecht anfechtungsberechtigter leiblicher Väter mit nicht unerheblichem Gewicht. Das Gewicht resultiert bereits daraus, dass weder eine vormalige noch eine im maßgeblichen Zeitpunkt im Sinne von § 1600 Abs. 3 Satz 1 BGB vorhandene eigene sozial-familiäre Beziehung des anfechtenden leiblichen Vaters zu seinem Kind für die Beurteilung der Anfechtungsvoraussetzungen Bedeutung hat. Mitbestimmend für das nicht unerhebliche Gewicht der Grundrechtsbeeinträchtigung ist zudem, dass das nach dem allein auf die Negativvoraussetzung des § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB zum maßgeblichen Zeitpunkt abstellende Fachrecht nicht ermöglicht, Art und Umfang der dem Anfechtungsantrag vorausgehenden Bemühungen des leiblichen Vaters um die rechtliche Vaterschaft oder Umgang mit dem Kind zu berücksichtigen.

b) Mit dem Schutz der sozial-familiären Gemeinschaft zwischen dem Kind und seinen rechtlichen Eltern sowie dem Bestreben nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Abstammungsverhältnissen stehen Belange von ihrerseits erheblicher Bedeutung dem Elterngrundrecht leiblicher Väter gegenüber.

c) Trotz der Bedeutung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele stellt die genannte Regelung aber keinen angemessenen Ausgleich zwischen den zu beachtenden Rechten des leiblichen Vaters sowie denjenigen der rechtlichen Eltern und des Kindes dar. Die mittelbar angegriffene Vorschrift beeinträchtigt leibliche Väter vor allem deshalb unangemessen in ihrem Elterngrundrecht, weil gegenwärtige oder frühere eigene sozial-familiäre Beziehungen zu ihrem Kind ebenso wenig Berücksichtigung finden wie ihr frühzeitiges sowie konstantes Bemühen um die rechtliche Vaterschaft und weil die Väter durchgängig mit der Anfechtung ausgeschlossen sind, wenn die Negativvoraussetzung aus § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB einmal vorlag und sie selbst dann ausgeschlossen bleiben, wenn eine sperrende sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater mittlerweile nicht mehr vorliegt. Bei eigener sozial-familiärer Bindung des leiblichen Vaters zu seinem Kind verstärkt das Familiengrundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG das Elterngrundrecht leiblicher Väter. Mit der Negativvoraussetzung in ihrer derzeitigen Gestalt wird aber Art. 6 Abs. 1 GG nicht und damit dem Elterngrundrecht selbst nicht hinreichend Rechnung getragen. Zwar vermitteln weder Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 6 Abs. 1 GG dem leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater einen Anspruch auf Fortsetzung seines verantwortlichen Handelns gegenüber dem Kind. Auch bei Wegfall dieser Möglichkeit bleibt jedoch die entstandene personelle Verbundenheit des leiblichen Vaters mit seinem Kind bestehen, die zudem noch getragen wird durch die verwandtschaftliche Verbindung.

Die angegriffene Regelung stellt zudem deshalb keinen angemessenen Ausgleich zwischen den vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Zwecken und dem Elterngrundrecht zur Übernahme von Elternverantwortung bereiter leiblicher Väter dar, weil diese unzureichende Möglichkeiten haben, durch eigenes Verhalten auf die Voraussetzungen des § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB Einfluss zu nehmen. Der Erfolg oder Misserfolg eines Anfechtungsantrags ist häufig von Zufällen der zeitlichen Abfolge der Ereignisse, dem Willen der Mutter, den Einwirkungsmöglichkeiten des Jugendamts und der Auslastung der Familiengerichte abhängig und kann so zu einem „Wettlauf“ um die rechtliche Vaterstellung führen.

III. Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Elterngrundrecht. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung des mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbaren § 1600 Abs. 2 Alt. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB.

IV. Das Bundesverfassungsgericht hat die Unvereinbarkeitserklärung auf § 1600 Abs. 2 Alt. 2 BGB erstreckt; die zur Verfassungswidrigkeit von § 1600 Abs. 2 Alt. 1 BGB führenden Gründe gelten für die von § 1600 Abs. 2 Alt. 2 BGB geregelte Negativvoraussetzung des Bestehens einer sozial-familiären Beziehung des Kindes zu seinem (bisherigen) rechtlichen Vater im Zeitpunkt von dessen Tod in gleicher Weise.

V. Die überprüften Vorschriften gelten trotz der Unvereinbarkeit mit dem Elterngrundrecht bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung durch den Gesetzgeber fort, um bis dahin leiblichen Vätern auf der Grundlage des bisherigen Rechts eine Anfechtung zu ermöglichen, wenn sie diese für erfolgversprechend halten. Ist dies nicht der Fall, können sie, ebenso wie der Beschwerdeführer, bei den zuständigen Fachgerichten die Aussetzung bereits eingeleiteter Anfechtungsverfahren bis zu einer Neuregelung beantragen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Bundesgerichtshof erklärt gängige Vertragsstrafenklausel in Einheitspreisverträgen für unwirksam

 

(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 15.02.2024 (VII ZR  42/22) entschieden, dass Vertragsstrafenregelungen in Einheitspreisverträgen unwirksam sein können.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15.02.2024 – VII ZR 42/22.

 

Der für das private Baurecht zuständige VII. Zivilsenat hat den in der Praxis häufig anzutreffenden Vertragsstrafenregelungen in Einheitspreisverträgen wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach Maßgabe des § 307 Abs. 1 BGB für unwirksam befunden. 

 

Der BGH hatte über die Rechtswirksamkeit der nachstehenden Klausel zu befinden:

 

„2. Vertragsstrafen (§ 11 VOB/B)

2.1 Der Auftragnehmer hat bei Überschreitung der unter 1. Genannten Einzelfristen oder der Frist für die Vollendung als Vertragsstrafe für jeden Werktag des Verzugs zu zahlen:

 

(…) 

[x]     0,2 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme ohne Umsatzsteuer;

 

Beträge für die angebotene Instandhaltungsleistungen bleiben unberücksichtigt. Die Bezugsgröße zur Berechnung der Vertragsstrafen bei Überschreitung von Einzelfristen ist der teil dieser Auftragssumme, der den bis zu diesem Zeitpunkt vertraglich zu erbringenden Leistungen entspricht.

 

2.2 Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 5 v.H. der im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer) begrenzt.

 

2.3 Verwirkte Vertragsstrafen für den Verzug wegen Nichteinhaltung verbindlicher Zwischentermine (Einzelfristen als Vertragsfirsten) werden auf eine durch den Verzug wegen Nichteinhaltung der Frist für die Vollendung der Leistung verbürgte Vertragsstrafe angerechnet.“

 

Nach erteilter Schlussrechnung zahlte der Auftraggeber die entsprechende Schlussrechnungssumme, abzüglich eines Betrages i.H.v. € 284.013,78, der gegenüber der Klägerin (Auftragnehmerin) als Vertragsstrafe geltend gemacht wurde. 

 

Der als solcher unstreitigen Restwerklohnforderung der Klägerin in Höhe von € 284.013,78 kann die Beklagte von vornherein keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Überschreitung der Frist für die Vollendung gemäß Ziffer 2.1, 2.2. der BVB-VOB entgegenhalten, insbesondere mit einem solchen Anspruch nicht die Aufrechnung erklären. Denn diese Klausel hält bei Verwendung durch den Auftraggeber einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. 

 

Der BGH lässt es vorliegend dahinstehen, ob die Vertragsstrafenregelung überhaupt in den Vertrag einbezogen wurde und worauf die Verzögerung der Vollendung beruhte. 

 

Nach Ansicht des BGH ist die in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB enthaltene Vertragsstrafenklausel eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Verwenderin im Verhältnis zur Klägerin ist die Beklagte, deren Ausschreibung die BVB-VOB enthielt. 

 

Nach Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB ist die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung, wie eine Auslegung dieser Bestimmungen ergibt, auf insgesamt 5 % der vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme begrenzt. Eine solche Regelung über die Bezugsgröße der Vertragsstrafe beeinträchtigt bei einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, den Auftragnehmer als Vertragspartner des Verwenders nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. 

 

Die Auslegung des Begriffs „im Auftragsschreiben genannten Auftragssumme (ohne Umsatzsteuer)“ in Ziffer 2.1, 2.2. der BVB-VOB führt nach dem eindeutigen Wortlaut dazu, dass sich die Höhe der Vertragsstrafe nach der von der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Auftragssumme richtet. Zwar ist der Begriff der „Auftragssumme“ als solcher grundsätzlich unterschiedlichen Deutungen zugänglich. Hierunter kann – nach den jeweiligen Gegebenheiten – einerseits die nach der Abwicklung des Vertrags geschuldete Vergütung zu verstehen sein, andererseits aber auch derjenige Wert, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Vergütung bemisst. 

 

Vorliegend ist allerdings durch die ausdrückliche Anknüpfung an die „im Auftragsschreiben genannte[n]“ Netto-Auftragssumme zweifelsfrei klargestellt, dass als Bezugsgrüße der Wert gemeint ist, der sich nach der von den Parteien vor der Ausführung des Auftrags vereinbarten Netto-Vergütung der Klägerin bemisst. Im Zeitpunkt der schriftlichen Auftragserteilung steht bei einem Einheitspreisvertrag, bei dem die Mengen und Massen nach dem (späteren) tatsächlichen Verbrauch berechnet werden, nur diese Vergütung fest.

 

Ausgehend von diesem Klauselverständnis ist die Bestimmung über die Vertragsstrafe für die Überschreitung der Frist für die Vollendung in Ziffer 2.1, 2.2 der BVB-VOB bei Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. 

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats benachteiligt eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Vertragsstrafenklausel den Auftragnehmer unangemessen, wenn sie eine Höchstgrenze von mehr als 5 % der Auftragssumme bei Überschreiten des Fertigstellungstermins vorsieht (BGH, VU vom 23.01.2003 – VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, juris Rn. 58 ff.). Diese Rspr. knüpft maßgeblich an die mit der Strafe verfolgte Druckfunktion an, den Auftragnehmer zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner Leistung anzuhalten. Zugleich soll sie den Auftraggeber in den Stand setzen, sich bei Verletzung der sanktionierten Vertragspflichten jedenfalls bis zur Höhe der Vertragsstrafe ohne Einzelnachweis schadlos zu halten (BGH, Urteil vom 20.01.2000 – VII ZR 46/98, BauR 2000, 1049 = NZBau 2000, 327, juris Rn. 11). 

 

Allerdings müssen auch die Interessen des Auftragnehmers berücksichtigt werden, insbesondere, dass die für die Überschreitung eines Termins vereinbarte Vertragsstrafe unter Berücksichtigung ihrer Druck- und Kompensationsfunktion in einem angemessenen Verhältnis zum Werklohn steht, den der Auftragnehmer durch seine Leistung verdient.

 

Die Druckfunktion erlaubt dabei zwar eine spürbare Vertragsstrafe, es ist aber darauf zu achten, dass sich die Vertragsstrafe in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen hält. Gemessen daran ist eine Vertragsstrafe von über 5 % der Auftragssumme zu hoch. Der Auftragnehmer wird typischerweise durch den Verlust von mehr als 5 % seines Vergütungsanspruchs unangemessen belastet.

 

Diesen Wirksamkeitsanforderungen wird die in Rede stehende Klausel die Verwendung in einem Einheitspreisvertrag, wie er hier geschlossen wurde, nicht gerecht.

 

Maßgebliche Bezugsgröße für die vorgenannte Grenze von 5 % des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers ist die Abrechnungssumme in ihrer objektiv richtigen Höhe. Das folgt aus der Orientierung des Grenzwerts an dem tatsächlichen „Verdienst“ des Auftragnehmers, der typischerweise durch den Verlust von über 5 % der Vergütungssumme in vielen Fällen nicht nur seinen Gewinn verliert, sondern einen spürbaren Verlust erleidet. Dem entspricht es, dass für einen möglichen Schaden des Auftraggebers, den di Vertragsstrafe widerzuspiegeln hat, gleichfalls nicht die vor Ausführung des Auftrages vereinbarte, sondern die and en Auftragnehmer tatsächlich zu zahlende Vergütung bestimmt ist. 

 

Bei einem Einheitspreisvertrag kann bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise die Anknüpfung der Vertragsstrafe an die vor Auftragsdurchführung vereinbarte (Netto-) Auftragssumme im Falle einer – aus unterschiedlichen Gründen (etwa durch Verringerung der tatsächlich ausgeführten gegenüber den bei Vertragsschluss zugrunde gelegten Mengen)nicht bloß theoretisch denkbaren – nachträglichen Absenkung des Auftragsvolumens dazu führen, dass die vom Auftragnehmer zu erbringenden Strafzahlung die Grenze von 5 % seines Vergütungsanspruchs -unter Umständen erheblich – übersteigt. Die damit verbundene, den Auftragnehmer im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligende und damit zur Unwirksamkeit der Klausel führende Privilegierung des Auftraggebers wird innerhalb der Regelung nicht anderweit, etwa durch einen dem gegenüberstehenden Vorteil für den Auftragnehmer, ausgeglichen. Die Klausel enthält insbesondere auch keine Vorkehrungen (beispielsweise durch Vorbehalt oder in anderer geeigneter Weise), durch die Gefahr einer Überschreitung der für die Vertragsstrafe maßgeblichen Grenze angemessen Rechnung getragen wird. 

Diese Entscheidung hat für die Praxis, angesichts der Häufigkeit der Verwendung derselben in Vertragsmustern, eine enorme Bedeutung. Auftraggeber sollten mithin die von denselben verwendete Vertragsmuster einer äußerst kritischen Überprüfung unterziehen, ob die verwendeten Klauseln den strengen Vorschriften der höchstrichterlichen Rechtsprechung (noch) entsprechend. Gegebenenfalls wird eine entsprechende Überarbeitung – zumindest für die zukünftige Verwendung – zu erfolgen haben. 

Selbiges gilt für Vertragserfüllungssicherheiten in Einheitspreisverträgen, die gleichfalls dieser Rechtsprechung unterliegen dürften. Auch in diesen Konstellationen ist die Bestimmung der Sicherheitshöhe auf die Netto-Angebotssumme abgestellt. Auftragnehmer sollten mithin diese Rechtsprechung zum Anlass nehmen, um die Auftragsunterlagen im Hinblick auf das Vorliegen derartiger Klausel zu prüfen. Sofern sie selbst Verwender sind, könnten sie sich allerdings nicht auf diese Rechtsprechung berufen. 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

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Schadensersatz bei gravierendem Baumrückschnitt eines Nachbarn ohne Einwilligung des Eigentümers

 

(Kiel) Bei der Zerstörung eines älteren Baumes ist in der Regel keine Naturalrestitution zu leisten. Der Anspruch geht vielmehr auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines jungen Baumes und darüber hinaus einen Ausgleich für eine etwa verbleibende Werteinbuße des Grundstücks.

 

Mit dieser Begründung, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandgerichts Frankfurt am Main (OLG) vom 7.03.2024 zu seinem Urteil vom 6.02.2024, Az. 9 U 35/23, hat das OLG ein den eingeklagten Schadensersatzanspruch größtenteils zurückweisendes Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Landgericht zurückverwiesen.

 

Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin ist Eigentümerin eines großen Grundstücks im Vordertaunus mit rund 70-jährigem Baumbestand. Der Baum- und Strauchbestand wird jährlich mehrfach durch ein Fachunternehmen beschnitten. An den hinteren Gartenbereich grenzt u.a. das Grundstück des Beklagten. Im Abstand von 1,60 m hierzu steht auf dem klägerischen Grundstück eine Birke, im Abstand von 3,35 m ein Kirschbaum. Beide Bäume waren zum Zeitpunkt des Erwerbs des Beklagten schon lange vorhanden. Die Klägerin war einverstanden, dass der Beklagte die auf sein Grundstück herüberhängenden Äste der Gehölze zurückschneidet.

 

Ende Mai 2020 betrat der Beklagte das klägerische Grundstück in ihrer Abwesenheit und führte gravierende Schnittarbeiten unter anderem an den beiden Bäumen durch. An der Birke verblieb kein einziges Blatt. Der kurz vor der Ernte befindliche Kirschbaum wurde vollständig eingekürzt. Ob sich die Bäume wieder vollständig erholen oder die derzeitigen Triebe allein sog. Nottriebe sind, die an dem Absterben nichts ändern, ist zwischen den Parteien streitig.

 

Das Landgericht hat der auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 35.000 € gerichteten Klage in Höhe von gut 4.000 € stattgegeben. Es führte aus, dass die Wertminderung der Bäume sowie die Kosten für die Entsorgung des Schnittguts zu ersetzen seien.

 

Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin führte zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht. Der Sachverhalt sei zur Bemessung des Schadensersatzes weiter aufzuklären, begründete der Senat die Entscheidung.

 

Nach gefestigter Rechtsprechung sei bei der Zerstörung eines Baumes in der Regel nicht Schadensersatz in Form von Naturalrestitution zu leisten, da die Ersatzbeschaffung in Form der Verpflanzung eines ausgewachsenen Baumes regelmäßig mit besonders hohen und damit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sei. Der Schadensersatz richte sich vielmehr üblicherweise auf eine Teilwiederherstellung durch Anpflanzung eines neuen jungen Baumes sowie einen Ausgleichsanspruch für die verbleibende Werteinbuße des Grundstücks. Dies Werteinbuße sei zu schätzen. 

 

Nach einer insoweit möglichen Bewertungsmethode könnten dafür die für die Herstellung des geschädigten Gehölzes bis zu seiner Funktionserfüllung erforderlichen Anschaffungs-, Pflanzungs- und Pflegekosten sowie das Anwachsrisiko berechnet und anschließend kapitalisiert werden. Dieser Wert sei um eine Alterswertminderung, Vorschäden und sonstige wertbeeinflussende Umstände zu bereinigen. 

 

Ausnahmsweise seien die vollen Wiederbeschaffungskosten zuzuerkennen, „wenn Art, Standort und Funktion des Baumes für einen wirtschaftlich vernünftig denkenden Menschen den Ersatz durch einen gleichartigen Baum wenigstens nahelegen würden“, erläutert das OLG weiter. Aufzuklären sei deshalb bei der Bewertung des Schadensersatzes die Funktion der Bäume für das konkrete Grundstück. Zu berücksichtigen sei dabei auch der klägerische Vortrag, wonach es ihr bei der sehr aufwändigen, gleichzeitig naturnahen Gartengestaltung auch darauf angekommen sei, Lebensraum für Vögel und sonstige Tiere zu schaffen und einen Beitrag zur Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff zu leisten.

 

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

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Presseerklärung

 

Bundesgerichtshof entscheidet über die Unzulässigkeit von Vertragsstrafen und vertragsstrafenähnlichen Klauseln zur Durchsetzung einer elterlichen Umgangsvereinbarung 

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Elternvereinbarung zum persönlichen Umgang mit dem Kind nicht unter Umgehung einer gerichtlichen Kindeswohlkontrolle durch Vereinbarung einer Vertragsstrafe oder einer vertragsstrafenähnlichen Klausel erzwingbar gemacht werden kann.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27.02.2024 zu seinem Beschluss vom 31. Januar 2024 - XII ZB 385/23.

  • Sachverhalt: 

Die Antragstellerin ist peruanische Staatsgehörige. Aus ihrer 2002 geschlossenen Ehe mit dem Antragsgegner, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, sind eine 2007 geborene Tochter und ein 2012 geborener Sohn hervorgegangen. Der letzte gemeinsame Aufenthalt der Ehegatten war in Deutschland, wo der Antragsgegner weiterhin lebt und arbeitet. Die Antragstellerin siedelte 2011 unter zwischen den Beteiligten streitigen Umständen mit der Tochter nach Peru über, wo im Folgejahr auch der Sohn geboren wurde. Seitdem sie Deutschland verlassen hatte, ließ sie einen persönlichen Umgang des Antragsgegners mit den gemeinsamen Kindern nur dann zu, wenn sich dieser besuchsweise in Peru aufhielt. Die Ehe der Beteiligten wurde 2017 rechtskräftig geschieden. Die Antragstellerin macht im vorliegenden Verfahren güterrechtliche Ansprüche geltend. 

  • Bisheriger Verfahrensverlauf: 

Die Antragstellerin hat Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Höhe von 80.000 € verlangt. Im Dezember 2021 haben die Beteiligten vor dem Amtsgericht einen gerichtlich protokollierten Vergleich geschlossen, wonach der Antragsgegner zur Abgeltung sämtlicher güterrechtlichen Forderungen einen Betrag von 60.000 € in drei jährlichen Raten zu jeweils 20.000 € an die Antragstellerin zu zahlen hat. Die jährlichen Raten sollten erst fällig werden, wenn zuvor ein dreiwöchiger Umgang der gemeinsamen Kinder mit dem Antragsgegner in Deutschland stattgefunden hatte. Das Amtsgericht hat diesen Vergleich familiengerichtlich gebilligt; diese Billigung wurde auf eine Beschwerde der Antragstellerin wieder aufgehoben, weil das Amtsgericht keine den verfahrensrechtlichen Garantien des Kindschaftsrechts genügende Kindeswohlprüfung durchgeführt habe. 

Die Antragstellerin hält den gerichtlichen Vergleich für nichtig und hat im Mai 2022 die Fortsetzung des güterrechtlichen Verfahrens beantragt. Das Amtsgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und festgestellt, dass das Zugewinnausgleichsverfahren durch den Vergleich beendet worden ist. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Ziel der Verfahrensfortsetzung weiter. 

  • Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: 

Der Bundesgerichtshof hat die angefochtene Entscheidung aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Er hat die im gerichtlichen Vergleich enthaltene Stundungsvereinbarung wegen der Verknüpfung der Ratenfälligkeit mit der tatsächlichen Gewährung des vereinbarten Umgangs der Kinder mit dem Antragsgegner in Deutschland als sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB angesehen. 

Zwar muss nicht schlechthin jeder von den Eltern hergestellte Zusammenhang zwischen einer Vereinbarung zum persönlichen Umgang mit dem Kind und einer Beilegung ihrer vermögensrechtlichen Streitigkeiten unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Kommerzialisierung des Umgangsrechts missbilligt werden. Gleichwohl besteht bei einer vertraglichen Verknüpfung von Vermögensbelangen der Eltern und dem persönlichen Umgang mit dem Kind aus dem Blickwinkel des Kindeswohls grundsätzlich immer die Gefahr, dass Gewährung und Ausgestaltung des Umgangs maßgeblich von wirtschaftlichen Interessen der Eltern bestimmt werden, das Kind auf diese Weise zum Objekt eines Handels gemacht und besonderen Loyalitätskonflikten ausgesetzt wird. Die Grenze zur Sittenwidrigkeit ist bei solchen Vereinbarungen jedenfalls dann überschritten, wenn sie die von den Eltern getroffene Umgangsregelung unter Ausschluss einer gerichtlichen Kindeswohlkontrolle erzwingbar machen soll. Das Umgangsrecht untersteht nicht der freien vertraglichen Disposition der Eltern. Ohne eine sachliche Kontrolle durch das Familiengericht am Maßstab des Kindeswohls können die Eltern nach geltendem Recht die Vollstreckbarkeit einer von ihnen getroffenen Umgangsvereinbarung nicht herbeiführen. Das Erfordernis der gerichtlichen Billigung der Umgangsvereinbarung nach § 156 Abs. 2 FamFG als notwendiger Voraussetzung ihrer Vollziehbarkeit kann nicht dadurch überflüssig gemacht werden, dass die Eltern eine Vertragsstrafe oder eine vertragsstrafenähnliche Klausel für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die von ihnen getroffenen Umgangsregelungen vereinbaren. Auch zur Durchsetzung eines gerichtlich gebilligten Umgangsvergleichs wird eine Vertragsstrafenvereinbarung - zumindest in reinen Inlandsfällen - wegen einer Umgehung des staatlich regulierten Vollstreckungsverfahrens (§ 89 FamFG) regelmäßig unwirksam sein. 

Danach ist die Verknüpfung der Fälligkeit der auf die Vergleichssumme zu zahlenden Raten mit der Gewährung des Umgangs mit den Kindern in Deutschland sittenwidrig. Sie bezweckte die Ausübung wirtschaftlichen Drucks auf die Antragstellerin, die zwischen den Eltern im gerichtlichen Vergleich getroffene Umgangsvereinbarung einzuhalten, was der Regelung in ihrer Wirkung einen vertragsstrafenähnlichen Charakter verleiht. Eine familiengerichtliche Kontrolle der Umgangsvereinbarung am Maßstab des Kindeswohls, die zwingend eine Beteiligung der Kinder am Verfahren und deren Anhörung durch das Gericht zur Erforschung ihres Willens erfordert hätte, hat in Deutschland - was den Beteiligten bewusst war - nicht stattgefunden. Die überdies auch verfahrensordnungswidrig im Zugewinnausgleichsverfahren erfolgte familiengerichtliche Billigung der Umgangsregelung durch das Amtsgericht ist dementsprechend im Beschwerdeverfahren zu Recht aufgehoben worden. 

Auch mit Blick auf den Auslandsbezug des Sachverhalts ist keine abweichende Beurteilung geboten. Zwar kann die Frage der Sittenwidrigkeit bei vertragsstrafenbewehrten Umgangsvergleichen mit Auslandsberührung ggf. in einem milderen Licht erscheinen, wenn dem Vergleich das grundsätzlich billigenswerte Motiv des umgangsberechtigten Elternteils zugrunde liegt, für die Durchsetzung seines Umgangsrechts nicht auf eine ineffektive grenzüberschreitende Vollstreckung von Ordnungsmitteln angewiesen sein zu müssen. Doch auch dann müssen Vertragsstrafen oder vertragsstrafenähnliche Klauseln zur Durchsetzung des Umgangsrechts stets eine Berücksichtigung von Kindeswohleinreden gewährleisten. Dies ist hier nicht der Fall. Der Inhalt des ohne wirksame familiengerichtliche Kontrolle abgeschlossenen Vergleichs lässt auch eine nachgelagerte gerichtliche Kontrolle der Umgangsvereinbarung durch deutsche oder peruanische Gerichte nicht zu, so dass die Antragstellerin die mit der Nichtgewährung des Umgangs verbundenen wirtschaftlichen Nachteile selbst dann nicht abwenden könnte, wenn in einem gerichtlichen Verfahren später bezüglich eines oder beider Kinder die fehlende Kindeswohldienlichkeit der vergleichsweise festgelegten Umgangskontakte in Deutschland festgestellt würde. 

Das Oberlandesgericht hat nun zu prüfen, ob die Sittenwidrigkeit der an die Durchführung der Umgangskontakte geknüpften Regelungen zur Ratenfälligkeit gemäß § 139 BGB den gesamten gerichtlichen Vergleich erfasst, und wird daher zu beurteilen haben, ob die Beteiligten den Vergleich über 60.000 € zur Abgeltung der güterrechtlichen Forderungen auch dann geschlossen hätten, wenn ihnen bewusst gewesen wäre, dass die Fälligkeit der Vergleichssumme bzw. der darauf zu zahlenden Raten nicht an die Durchführung eines der gerichtlichen Kontrolle entzogenen Umgangs mit den gemeinsamen Kindern geknüpft werden konnte. 

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Bundesgerichtshof zur unerlaubten Rechtsdienstleistung eines Architekten Bauvertragsentwurf – Skontoklausel

 

(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig ist. 

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22 (OLG Stuttgart). 

  • Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem beklagten Architekten Schadensersatz. Anfang 2020 beauftragte der Rechtsvorgänger der Klägerin den Beklagten mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-8 gem. § 33 HOAI (200) hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes. Der Beklagte stellte der Klägerin u.a. einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm vorformulierten Skontoklausel zur Verfügung, den diese bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmern verwendete.

Unter der Verwendung der Klausel 

„die Fa. gewährt (…) ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft“

sind mehrere Werkverträge geschlossen worden. 

Von der Schlussrechnung der J-GmbH behielt die Klägerin einen 3 %-igen Skontoabzug von € 105.125 netto (entspricht € 125.098,76 brutto) ein. Sie begehrt Schadensersatz. 

Das LG hat der Klage stattgegeben (LG Tübingen 23.12.2021 – 7 O 426/20). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart 30.09.2022 – 10 U 12/22). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 

  • Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht stellte zunächst fest, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorgelegen hat. Die Leistungsphase 7 der HOAI (2009) beinhalte zwar, die Pflicht des Architekten bei der Auftragserteilung mitzuwirken. Unter Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei die Vorbereitung und Anpassung der Verträge zu verstehen. Damit komme jedoch nicht zum Ausdruck, dass der Beklagte einen juristisch geprüften, rechtlich einwandfreien Vertragsentwurf geschuldet habe. Ein Architekt würde, wie ein Rechtsanwalt behandelt werden, wenn man ihm die Pflicht auferlegte, jede selbst entworfene oder aus einem ihm  zur Kenntnis gelangten Bauvertrag entnommene Klausel einem Anwalt zur Überprüfung vorzulegen. Das Architektenhonorar decke grundsätzlich die Leistung des Architekten ab und nicht zusätzliche Anwaltskosten.

Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zwar hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen Schadenersatzanspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4 BGB, § 280 Abs. 1 BGB verneint. Der Revision kann aber gleichwohl der Erfolg nicht versagt werden, weil das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den Streitstoff nicht ausgeschöpft hat.

Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kommt nämlich ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 241 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG in Betracht, weil der Beklagte durch die Zurverfügungstellung der Klausel, die von ihm selbst entworfen war, gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen hat. Unter diesem Aspekt hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft und deshalb eine hierauf gestützte Haftung des Beklagten in seine Erwägungen nicht einbezogen. 

Die von dem beklagten entfaltete Rechtsdienstleistung war nicht erlaubt nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 S. 1, 2 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindert und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten. 

  • Pflicht des Architekten sei es, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet weist vielfältige Berührungspunkte zur Rechtsdienstleistungen auf. Nach der Rspr. des BGH muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen.

  • Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen. Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtssuchenden von unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten. 

  • Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage des Klägers entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern geht über die typischerweise mit der Realisierung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Der Architekt wird in der Realisierung der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele nicht behindert. Ohne selbst eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, die die Interessenlage des Bauherrn im Verhältnis zu den bauausführenden Unternehmen abbildet, kann er dieses Ziel realisieren. 

Die Rechtsdienstleistung ist weder mittelbar noch unmittelbar erlaubt. Die von der Beklagten übernommene Rechtsdienstleistung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil er sich nach seinem Vortrag hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedient hat. Die Einbeziehung eines Rechtsanwaltes als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung. 

Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit der vorgeschlagenen Klausel gem. § 307 BGB im Hinblick auf die Berechnung der Skontofrist, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat, hält das Revisionsgericht nicht beanstandungswürdig. 

Insoweit ist im Hinblick auf Dienstleistungen, die die Grenze zum Rechtsdienstleistungsgesetz überschreiten, gerade aus Sicht von Architekten und Ingenieure zu beachten, dass die entsprechende Berufshaftpflichtversicherung in einem derartigen Fall nicht eintrittspflichtig ist, da es eben nicht zum typischen Berufsbild eines Architekten und/oder Ingenieurs gehört, unzulässige Rechtsdienstleistungen zu erbringen. 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

 

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Helene – Monika Filiz

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 Presseerklärung

 

Unterhaltsvorschussleistungen bei Mitbetreuung durch den anderen Elternteil

(Stuttgart) Leben die Eltern eines Kindes getrennt und leistet der barunterhaltspflichtige Elternteil den Mindestunterhalt nicht, beteiligt sich aber an der Betreuung des Kindes, besteht ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nur dann, wenn der Mitbetreuungsanteil unter 40 vom Hundert liegt..

Dies, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 12.12.2023 entschieden (Az BVerwG 5 C 9.22 und 10.22).

Die Klägerin beantragte Anfang 2020 Unterhaltsvorschussleistungen für ihre siebenjährigen Zwillinge. Der Beklagte lehnte die Leistung mit der Begründung ab, die Kinder lebten im Sinne des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) nicht bei der Klägerin, weil sie gemäß einer familienrechtlichen Vereinbarung vierzehntägig von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen beim Vater seien, der sie in dieser Zeit betreue. Die auf Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen gerichtete Klage blieb vor dem Verwaltungs- und dem Oberverwaltungsgericht erfolglos. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen auf das gemeinsame Sorgerecht der Eltern sowie darauf abgestellt, dass dieses auch tatsächlich praktiziert werde. Dies zeige sich an einem Betreuungsanteil des Vaters, der während der Schulzeiten 36 vom Hundert betrage und zu einer wesentlichen Entlastung der Klägerin bei der Betreuung der Kinder führe.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen. 

Der Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen setzt neben ausbleibenden oder unzureichenden Unterhaltszahlungen durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil weiter voraus, dass das Kind bei einem Elternteil lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Das verlangt eine auf Dauer angelegte häusliche Gemeinschaft, in der das Kind auch betreut wird. Die Vorschrift knüpft damit nach ihrem auch bereits in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck an die durch das Alleinerziehen geprägte prekäre Situation an. Diese besteht darin, dass das Kind "nur" bei diesem Elternteil lebt, weil hauptsächlich er die Betreuung (Pflege und Erziehung) des Kindes tatsächlich wahrnimmt und hiermit wegen des Ausfalls des anderen Elternteils besonders belastet ist. Außer in den Fällen vollständigen Alleinerziehens liegt eine solche Belastung auch dann vor, wenn der Schwerpunkt der Betreuung ganz überwiegend bei diesem Elternteil liegt, obgleich auch der andere Elternteil Betreuungsleistungen für das Kind erbringt. Eine wesentliche Entlastung des einen Elternteils, welche die faktische Gesamtlage der gesetzlich in Bezug genommenen Alleinerziehung und damit den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ausschließt, liegt vor, wenn sich der andere (barunterhaltspflichtige) Elternteil in der Weise an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt, dass sein Betreuungsanteil 40 vom Hundert erreicht oder überschreitet. Der durch die Mitbetreuung eintretende Entlastungseffekt ist insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit sowie unter Berücksichtigung der Verwaltungspraktikabilität ausschließlich im Hinblick auf die Zeiten der tatsächlichen Betreuung zu ermitteln, also nach den Zeiten, die das Kind in der Obhut des einen oder des anderen Elternteils verbringt, und zwar ohne Wertung und Gewichtung einzelner Betreuungsleistungen. Bei ganztätig wechselweiser Betreuung kommt es typisierend darauf an, wo sich das Kind zu Beginn des Tages aufhält. Dem Bezug des Kindergeldes sowie Vereinbarungen zum Umgangsrecht kann demgegenüber nur eine indizielle und dem Bestehen eines gemeinsamen Sorgerechts grundsätzlich keine Bedeutung zukommen. Da das Oberverwaltungsgericht zu den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen und zur Zahlung von Unterhalt keine hinreichenden Feststellungen getroffen hat, war die Sache an dieses zurückzuverweisen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Stiefkindadoption trotz Leihmutterschaft möglich

(Stuttgart) Die Stiefkindadoption eines im Ausland von einer Leihmutter geborenen Kindes ist trotz des in Deutschland geltenden Verbots der Leihmutterschaft möglich.

Das, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit Beschluss vom 12.12.2023, Az. 2 UF 33/23 entschieden und so einem deutschen Ehepaar die Durchführung der Stiefkindadoption ermöglicht.  

  • Sachverhalt:

Die Ehefrau beantragt die Adoption des minderjährigen Kinds ihres Ehemanns. Die Eheleute hatten sich an eine ukrainische Kinderwunschklinik gewendet. Dort wurde mithilfe einer Eizellspende bei einer ukrainischen Frau eine Schwangerschaft eingeleitet. Der Ehemann erkannte die Vaterschaft des Anfang 2020 von der Leihmutter in der Ukraine geborenen Kindes an. Es konnte wegen Geburtskomplikationen und infolge der pandemiebedingten Grenzschließungen erst im Sommer 2020 von seinen deutschen Wunscheltern in ihren Haushalt aufgenommen werden.

In dem - u.a. wegen der umständlichen Urkundenbeschaffung - langwierigen Adoptionsverfahren waren die Auswirkungen des in Deutschland geltenden Verbots der Leihmutterschaft zu prüfen.

Das Familiengericht hatte den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Eheleute hatte vor dem OLG nun Erfolg. 

Die für eine Adoption notwendige sittliche Rechtfertigung könne auch bei einer Stiefkindadoption vorliegen, begründete der 2. Familiensenat seine Entscheidung.  Es komme im Ergebnis maßgeblich darauf an, ob es aus Gründen des Kindeswohles erforderlich sei, dass das Kind auch zu der Stiefmutter ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis begründen könne. Voraussetzung dafür sei wie üblich, dass es im Haushalt beider Wunscheltern ohne Beanstandungen erzogen werde und diese beiden als seine sozialen Eltern kenne. Bei der vorliegenden Leihmutterschaft sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Leihmutter das Kind zu keinem Zeitpunkt bei sich habe aufnehmen wollen und nach der Geburt die nach deutschen Recht erforderliche Einwilligung in die Adoption erklärt habe. Deswegen sei das Kind letztlich auf die Wunscheltern angewiesen. In diesem Fall müsse die Stiefmutter die stärkere Position als rechtliche Mutter des Kindes auch deswegen erhalten, damit die Zuordnung des Kindes etwa bei Trennung vom Vater oder nach dessen Tod wie bei zwei rechtlichen Eltern üblich nach Kindeswohlkriterien erfolgen könne. Bei rechtlichen Eltern komme es darauf an, wer die engere Bindung zum Kind habe. Das könne auch die - soziale - Mutter sein. Da ohne Adoption im Fall einer Trennung der Wunscheltern das Kind regelmäßig beim einzig rechtlichen Elternteil bleiben müsse und auf die bedeutend schwächeren Umgangsrechte zum getrenntlebenden Stiefelternteil angewiesen sei, müsse die soziale Elternschaft der Mutter im Wege der Adoption in eine rechtliche Mutterschaft umgewandelt werden.

Es komme dabei nicht darauf an, ob die Stiefmutter durch Eizellspende mit dem Kind genetisch verwandt sei. Für die Bindung zur Stiefmutter sei aus der Perspektive des Kindes die von ihr seit Jahren eingenommene soziale Mutterstelle ausschlaggebend. Außerdem sei es letztlich nicht erheblich, ob der rechtliche Vater auch genetischer Vater des Kindes sei. Denn ein erheblicher Unterschied zwischen einer „nur“ rechtlichen oder einer außerdem durch ein biologisches Band verfestigten Vaterschaft sei im deutschen Abstammungsrecht kaum angelegt. Deswegen müsse auch nicht aufgeklärt werden, ob der im Ausland rechtlich anerkannten Vaterschaft eine Samenspende des Vaters zugrunde gelegen habe. Die im Verfahren deutlich zutage getretenen tatsächlich und ethisch hoch problematischen Umstände der Leihmutterschaft seien zwar rechtspolitisch bedeutsam, aber für die individuell zu beantwortende Frage nach einer am Kindeswohl orientierten Lösung nicht entscheidend.

In dem Fall hatten Eheleute eine Immobilie, die beiden jeden zur Hälfte gehörte. Nach der Trennung verblieb die Ehefrau mit den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern in dieser Immobilie, worauf der Ehemann daraufhin von ihr die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der Hälfte der ortsüblichen Marktmiete verlangte, da er zur Hälfte Miteigentümer war.

Dieser Forderung hat das OLG Stuttgart nun in der Beschwerdeinstanz eine Absage erteilt. 

Bei der Bemessung der Nutzungsvergütung gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB seien im Rahmen der Billigkeitsprüfung alle Gesamtumstände des Einzelfalls maßgeblich. Diese Billigkeitsabwägung sei nicht nach streng rechnerischen Maßstäben vorzunehmen, sondern es sei eine wertende Betrachtung und Gewichtung der einzelnen Umstände geboten. 

Zwar sei es richtig, dass grundsätzlich nach Ablauf des Trennungsjahres der in der im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Ehewohnung verbleibende Ehegatte eine Nutzungsvergütung in Höhe der Hälfte des objektiven Mietwertes der Immobilie an den anderen bezahlen muss. Weitere Billigkeitskriterien wie insbesondere die Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten, die Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten und der Schutzzweck des § 1361b BGB können die zu leistende Nutzungsentschädigung mindern oder – wie hier – gar ganz entfallen lassen. Im vorliegenden Fall sei die Ehefrau auf die weitere Nutzung der gemeinsamen Immobilie dringend angewiesen, da sie aus ihrem Einkommen die Anmietung einer anderweitigen Wohnung nicht finanzieren könne, zumal sie von ihrem Ehemann lediglich den Mindestunterhalt für die Kinder und keinen Ehegattenunterhalt erhalte.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Bundesgerichtshof zu Aufklärungspflichten des Immobilienverkäufers bei Einrichtung eines Datenraums

 

(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, hierdurch seine Aufklärungspflicht nur erfüllt, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 15. September 2023 – V ZR 77/22.

  • Sachverhalt:

Die Beklagte zu 1 (Verkäuferin) verkaufte der Klägerin mit notariellem Vertrag vom 25. März 2019 mehrere Gewerbeeinheiten in einem großen Gebäudekomplex zu einem Kaufpreis von 1.525.000 € unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. In dem Kaufvertrag versicherte die Verkäuferin, dass keine Beschlüsse gefasst seien, aus denen sich eine künftig fällige Sonderumlage ergebe, mit Ausnahme eines Beschlusses über die Dachsanierung mit wirtschaftlichen Auswirkungen von 5.600 € jährlich für den Käufer. Zudem versicherte die Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten im laufenden Wirtschaftsjahr nicht angefallen seien und ihr auch nicht bekannt sei, dass solche Kosten bevorstünden oder weitere Sonderumlagen beschlossen worden seien. Weiter heißt es in dem Kaufvertrag, der Verkäufer habe dem Käufer die Protokolle der Eigentümerversammlungen der letzten drei Jahre übergeben und der Käufer habe Kenntnis von dem Inhalt der Unterlagen. Die Klägerin wurde als Eigentümerin der Einheiten in das Grundbuch eingetragen.

Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen, die auf Seiten der Verkäuferin von dem Beklagten zu 2 geführt wurden, erhielt die Klägerin Zugriff auf einen von der Verkäuferin eingerichteten virtuellen Datenraum, der verschiedene Unterlagen zu dem Kaufobjekt enthielt. Am Freitag, dem 22. März 2019, stellte die Beklagte das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 in den Datenraum ein. In dieser Versammlung hatten die Eigentümer beschlossen, eine frühere Mehrheitseigentümerin auf Zahlung von 50 Mio. € in Anspruch zu nehmen zur Umsetzung eines im Jahre 2006 gefassten Beschlusses über Umbaumaßnahmen am Gemeinschaftseigentum. Die Erhebung einer Sonderumlage in gleicher Höhe von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten war abgelehnt worden. Um die Erhebung der Sonderumlage durchzusetzen, hatte eine andere Eigentümerin Klage erhoben. Das Verfahren endete im Januar 2020 mit einem Vergleich, demzufolge von den Eigentümern der Gewerbeeinheiten eine Sonderumlage von zunächst 750.000 € – bei Bedarf bis zu 50 Mio. € – für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum erhoben werden sollte. Auf dieser Grundlage wurde auch die Klägerin in Anspruch genommen. Daraufhin erklärte sie mit Schreiben vom 2. März 2020 die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung, vorsorglich den Rücktritt vom Kaufvertrag.

  • Bisheriger Prozessverlauf:

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Freistellung von den zur Finanzierung des Kaufpreises eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten, hilfsweise die Zahlung von 1.500.000 €, daneben die Zahlung von 184.551,82 € – jeweils Zug um Zug gegen Übereignung der Gewerbeeinheiten und Abtretung der Rückgewähransprüche bezüglich der eingetragenen Grundschulden – sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden und des Annahmeverzugs.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision hat die Klägerin ihre Klageanträge weiterverfolgt.

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichts bis auf einen Nebenpunkt aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verkäuferin habe hinsichtlich des Kostenumfangs für die anstehenden Sanierungsmaßnahmen keine sie treffende Aufklärungspflicht verletzt, ist rechtsfehlerhaft.

Wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, geht es hier nicht um einen Sach- oder Rechtsmangel des Kaufobjekts, sondern allein um die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Aufklärung. Die Klägerin leitet ihre Ansprüche nämlich nicht aus einem mangelhaften Zustand des Gebäudes ab, sondern daraus, dass sie nicht hinreichend über eine konkret drohende Sonderumlage in Höhe von bis zu 50 Mio. € aufgeklärt worden sei. Sie macht damit einen Schadensersatzanspruch gegen die Verkäuferin aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB wegen Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht geltend.

Im Ausgangspunkt musste die Verkäuferin die Klägerin auch ungefragt darüber aufklären, dass bauliche Maßnahmen an dem Kaufobjekt mit einem Kostenumfang von 50 Mio. € ausstanden. Dieser Kostenumfang war für die Klägerin zweifelsohne von erheblicher Bedeutung. Dass er bei einer Besichtigung ohne weiteres erkennbar war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Die Aufklärungspflicht der Verkäuferin galt auch unabhängig davon, dass diese Kosten vorrangig von der Mehrheitseigentümerin getragen werden sollten und eine Sonderumlage noch nicht beschlossen war. Denn solange die geplanten baulichen Maßnahmen nicht umgesetzt und bezahlt waren, bestand für die Klägerin als künftige Eigentümerin mehrerer Gewerbeeinheiten die konkrete Gefahr, dass die hierfür anfallenden Kosten anteilig von ihr getragen werden müssen.

Entscheidend ist deshalb, ob die Klägerin ausreichend aufgeklärt worden ist. Die Verkäuferin hat ihre Aufklärungspflicht nicht schon dadurch erfüllt, dass sie am 22. März 2019 das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 in den Datenraum eingestellt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schließt die für den Käufer bestehende Möglichkeit, sich die Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand selbst zu verschaffen, die Pflicht des Verkäufers zur Offenbarung nicht von vornherein aus. Ein verständiger und redlicher Verkäufer darf zwar davon ausgehen, dass bei einer Besichtigung ohne Weiteres erkennbare Mängel auch dem Käufer ins Auge springen werden und deshalb eine gesonderte Aufklärung nicht erforderlich ist.

Konstellationen, in denen dem Käufer auf andere Weise die Möglichkeit gegeben wird, sich die Kenntnis selbst zu verschaffen, stehen der Besichtigungsmöglichkeit aber nicht ohne Weiteres gleich. Mit Blick auf übergebene Unterlagen ist eine Gleichstellung nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verkäufer aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zum Zweck allgemeiner Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt durchsehen wird. Solche Umstände liegen etwa vor, wenn der Verkäufer dem Käufer im Zusammenhang mit möglichen Mängeln ein Sachverständigengutachten überreicht. Dagegen kann ein Verkäufer nicht ohne Weiteres erwarten, dass der Käufer Finanzierungsunterlagen oder einen ihm übergebenen Ordner mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt auf Mängel des Kaufobjekts durchsehen wird.

Diese Rechtsprechung zu übergebenen Unterlagen ist, wie der Bundesgerichtshof heute entschieden hat, sinngemäß auf den Fall zu übertragen, dass der Verkäufer einen Datenraum mit Unterlagen zu dem Kaufobjekt einrichtet und dem Käufer hierauf Zugriff gewährt. Der Umstand allein, dass der Verkäufer einen Datenraum einrichtet und den Kaufinteressenten den Zugriff auf die Daten ermöglicht, lässt nicht stets den Schluss zu, dass der Käufer den offenbarungspflichtigen Umstand zur Kenntnis nehmen wird. Nur wenn im Einzelfall die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Käufer bestimmte, von dem Verkäufer in dem Datenraum bereit gestellte Informationen – etwa im Rahmen einer Due Diligence – wahrnehmen und in seine Kaufentscheidung einbeziehen wird, ist eine gesonderte Aufklärung durch den Verkäufer nicht erforderlich.

Der Verkäufer eines bebauten Grundstücks, der dem Käufer Zugriff auf einen Datenraum mit Unterlagen und Informationen zu der Immobilie gewährt, erfüllt daher hierdurch seine Aufklärungspflicht nur, wenn und soweit er aufgrund der Umstände die berechtigte Erwartung haben kann, dass der Käufer durch Einsichtnahme in den Datenraum Kenntnis von dem offenbarungspflichtigen Umstand erlangen wird. Ob dies aus Verkäufersicht der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa davon, ob und in welchem Umfang der Käufer – wozu er von Gesetzes wegen nicht verpflichtet ist – eine Due Diligence durchführt, wie der Datenraum und der Zugriff hierauf strukturiert und organisiert sind, welche Vereinbarungen hierzu getroffen wurden, wie wichtig die Information ist, um deren Offenbarung es geht, und wie leicht sie im Datenraum aufzufinden ist.

Im vorliegenden Fall konnte die Verkäuferin nicht die berechtigte Erwartung haben, dass die Klägerin die in dem Protokoll enthaltenen Informationen noch vor Vertragsschluss zur Kenntnis nimmt, weil sie - wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen war - das Protokoll der Eigentümerversammlung vom 1. November 2016 kurz vor Abschluss des Kaufvertrages in den Datenraum eingestellt hat, ohne die Klägerin hierüber in Kenntnis zu setzen. Die Klägerin hatte ohne gesonderten Hinweis auf das neu eingestellte Dokument keinen Anlass, in dem Zeitfenster zwischen dem Einstellen des Protokolls am Freitag, den 22. März 2019, und dem Notartermin am Montag, den 25. März 2019, um 10 Uhr noch einmal Einsicht in den Datenraum zu nehmen.

Zudem kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – unabhängig von einer Aufklärungspflicht der Verkäuferin – ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Verkäuferin aus § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB insoweit wegen einer unzutreffenden Erklärung der Verkäuferin in dem notariellen Kaufvertrag und wegen einer unrichtigen oder unvollständigen Antwort der Verkäuferin auf Fragen der Klägerin in Betracht. Die vertragliche Erklärung der Verkäuferin, dass nach ihrer Kenntnis außergewöhnliche, durch die Instandhaltungsrücklage nicht gedeckte Kosten nicht bevorstünden, könnte angesichts ausstehender baulicher Maßnahmen im Umfang von 50 Mio. € zumindest unvollständig gewesen sein. Gleiches gilt für die nach dem Vorbringen der Klägerin auf ihre Frage, ob und welcher Kostenanteil in Anbetracht des Sanierungsstaus womöglich auf sie zukomme, von der Verkäuferin gegebene Antwort, die Büroeinheiten verfügten über eine Option zur Umwandlung in Wohneinheiten, bei denen eine Kostenbeteiligung an Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen, welche eigentlich nur die Ladeneigentümer beträfen, nicht vorgesehen sei.

Infolgedessen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, weil noch weitere Feststellungen zu dem Sachverhalt zu treffen sind. Unter anderem hatte die Beklagte behauptet, sie habe der Klägerin die relevanten Unterlagen schon früher in Papierform zukommen lassen.

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Nutzungsvergütung für Nutzung der gemeinsamen Immobilie während der Trennungszeit

(Stuttgart) Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat soeben entschieden, dass sich die Nutzungsvergütung für die Nutzung einer gemeinsamen Immobilie in der Trennungszeit nicht allein nach der ortsüblichen Marktmiete richtet.

Daneben seien auch die Leistungsfähigkeit des verbleibenden Ehegatten und die Einkommens­verhältnisse der Ehegatten insgesamt zu berücksichtigen.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Stuttgart vom 13. Juli 2023 – 18 UF 97/22.

In dem Fall hatten Eheleute eine Immobilie, die beiden jeden zur Hälfte gehörte. Nach der Trennung verblieb die Ehefrau mit den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern in dieser Immobilie, worauf der Ehemann daraufhin von ihr die Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der Hälfte der ortsüblichen Marktmiete verlangte, da er zur Hälfte Miteigentümer war.

Dieser Forderung hat das OLG Stuttgart nun in der Beschwerdeinstanz eine Absage erteilt.

Bei der Bemessung der Nutzungsvergütung gemäß § 1361b Abs. 3 Satz 2 BGB seien im Rahmen der Billigkeitsprüfung alle Gesamtumstände des Einzelfalls maßgeblich. Diese Billigkeitsabwägung sei nicht nach streng rechnerischen Maßstäben vorzunehmen, sondern es sei eine wertende Betrachtung und Gewichtung der einzelnen Umstände geboten.

Zwar sei es richtig, dass grundsätzlich nach Ablauf des Trennungsjahres der in der im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten stehenden Ehewohnung verbleibende Ehegatte eine Nutzungsvergütung in Höhe der Hälfte des objektiven Mietwertes der Immobilie an den anderen bezahlen muss. Weitere Billigkeitskriterien wie insbesondere die Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten, die Einkommensverhältnisse des anderen Ehegatten und der Schutzzweck des § 1361b BGB können die zu leistende Nutzungsentschädigung mindern oder – wie hier – gar ganz entfallen lassen. Im vorliegenden Fall sei die Ehefrau auf die weitere Nutzung der gemeinsamen Immobilie dringend angewiesen, da sie aus ihrem Einkommen die Anmietung einer anderweitigen Wohnung nicht finanzieren könne, zumal sie von ihrem Ehemann lediglich den Mindestunterhalt für die Kinder und keinen Ehegattenunterhalt erhalte.

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Stuttgart, den 23.08.2023

 

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Kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für ein mittels offizieller Samenspende gezeugtes Kind ohne rechtlichen Vater

(Stuttgart) Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat in drei Berufungsverfahren entschieden, dass eine alleinerziehende Mutter für ihr Kind, das unter Verwendung einer offiziellen Samenspende nach dem Samenspenderregistergesetz gezeugt worden ist, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz hat.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des OVG zu seinen Urteilen vom 10. August 2023 – OVG 6 B 15/22, OVG 6 B 16/22, OVG 6 B 17/22.

Die Klägerinnen hatten sich mit ihren Berufungsverfahren gegen Urteile des Verwaltungsgerichts gewandt, das entschieden hatte, Unterhaltsvorschuss sei nicht zu gewähren, weil dies der gesetzgeberischen Konzeption widerspreche, die öffentliche Unterhaltsleistung in erster Linie als Vorschuss zu zahlen und von dem säumigen zum Barunterhalt verpflichteten anderen Elternteil zurückzufordern. Dieser Würdigung ist der 6. Senat des Oberverwaltungsgerichts gefolgt. Zwar habe das Kind nach dem Samenspenderregistergesetz einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer sein biologischer Vater sei. Ein Rückgriff der Unterhaltsvorschussstelle auf den anderen Elternteil sei aber von vornherein aussichtslos, weil die mit dem Samenspenderregistergesetz am 1. Juli 2018 in Kraft getretene Regelung des 1600d Abs. 4 BGB es ausschließe, dass der offizielle Samenspender als rechtlicher Vater festgestellt werde.

 

Die Revision wurde nicht zugelassen.

 

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Keine Verjährung einzelner Mängelrechte im selbständigen Beweisverfahren

 

(Kiel) Unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung werden Ansprüchen wegen Mängeln, die Gegenstand eines gerichtlichen selbständigen Beweisverfahrens waren, für die Dauer des Verfahrens gehemmt.

 

Die frühere Rechtsprechung (Urt. v. 03.12.1992 – VII ZR 86/92), wonach die Hemmung bzgl. jedes einzelnen Mangels und dessen Begutachtungszeitpunktes endete, wurde aufgegeben.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 22. Juni 2023 - VII ZR 881/21 -.

 

Ein selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten Beweissicherung anderweitig beendet im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09 Rn. 11 m.w.N.).

 

Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer - auch voneinander unabhängiger - Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Aufgabe von BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329). BGH, Urteil vom 22. Juni 2023 - VII ZR 881/21 - OLG Stuttgart Entscheidung vom 30.11.2021 - 10 U 58/21 – Vorinstanz LG Stuttgart, Entscheidung vom 26.02.2021).

 

  • Sachverhalt 

Die Klägerin machte gegen die Beklagte mehrere Mängelrechte wegen Rissen in einer aus Betonfertigteilen hergestellten Attika und wegen Durchbiegungen der an der Betonfertigteilfassade angebrachten Beton-Fensterlamellen geltend.

Die Parteien hatten einen Werkvertrag, unter Einbeziehung der VOB/B, geschlossen. Hinsichtlich der Mängelgewährleistungsansprüche war eine Verjährungsfrist von 4 Jahren vereinbart.  Zu den Leistungen der Beklagten gehörten unter anderem die Herstellung einer Attika sowie Vorhangfassaden mittels Betonfertigteilelementen und Betonlamellen vor den Fenstern. Sie bemängelte diverse Werkleistungen und forderte zur Mängelbeseitigung auf. In dem Verfahren auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens wurde ein Gutachten sowie mehrere Ergänzungsgutachten eingeholt. Im Wesentlichen wurden unterschiedliche Mängel geltend gemacht (Risse im Attikabereich sowie Durchbiegungen der Beton-Fensterlamellen). Insoweit wurden anschließend Klage erhoben.

  • Entscheidungsgründe

Der BGH hat entschieden, dass der Verjährungseinwand hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche nicht durchgreife.

Würden mehrere Mängel in einem einheitlichen Beweisverfahren anhängig gemacht, richte sich das Ende der Verjährungshemmung für alle geltend gemachten Mängel nach dem Abschluss des gesamten selbständigen Beweisverfahrens. Die Gegenansicht, wonach das Beweisverfahren und damit die Verjährungshemmung hinsichtlich mehrerer Mängel selbständig mit ihrer jeweiligen sachlichen Erledigung ende, überzeuge nicht.

Es sei vorzugswürdig, in Bezug auf den Weiterlauf der Verjährung abzuwarten, bis das selbständige Beweisverfahren einheitlich beendet werde.

Soweit der Senat mit Urteil vom 3. Dezember 1992 (VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329) entschieden hat, dass die Beweissicherung und damit die Unterbrechung der Verjährung bei mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln desselben Bauvorhabens mit dem Abschluss der Beweissicherung hinsichtlich eines jeden dieser Mängel ende, auch wenn die verschiedenen Mängel und Sachverständigengutachten Gegenstand nur eines, formal zusammengefassten Verfahrens geworden sind hält er an dieser Auffassung nicht mehr fest.

Bereits der Wortlaut von § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB spricht für diese Auslegung der Norm in Bezug auf das selbständige Beweisverfahren. Die Bestimmungen über die Verjährung enthalten eine formale Regelung; ihre Auslegung muss sich grundsätzlich eng an den Wortlaut anlehnen. Das gebietet die Rechtssicherheit. Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die Hemmung nach § 204 Abs. 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder - wie bei einem selbständigen Beweisverfahren - "anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens". Danach muss das Verfahren insgesamt sachlich erledigt sein.

Auch Sinn und Zweck von § 204 BGB sprechen für diese Auslegung. Rechtsgedanke der den verjährungshemmenden Tatbeständen des § 204 Abs. 1 BGB ist, dass der Gläubiger durch aktives Betreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss (BGH, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14 Rn. 30 m.w.N., BGHZ 207, 40). Es ist für den Schuldner absehbar, dass sein Gläubiger regelmäßig noch den Abschluss des gesamten Verfahrens abwarten möchte, um dann etwaige weitere Maßnahmen zur Durchsetzung seiner (Mängel-)Ansprüche auf Grundlage des vollständigen Begutachtungsergebnisses zu ergreifen. Der Schuldner muss sich daher weiterhin, auch wenn die Beweissicherung betreffend einen Mangel beendet ist, auf eine Inanspruchnahme einstellen.

Weiterhin wird diese Auslegung auch durch prozessökonomische Erwägungen gestützt. Es wäre für die Parteien unnötig umständlich und zeitaufwändig, wenn der Besteller gezwungen wäre, Ansprüche aus einzelnen im selbständigen Beweisverfahren abschließend begutachteten Mängeln klageweise geltend zu machen, nur um ein Ende der Verjährungshemmung zu verhindern, während sich andere Mängel noch in der Begutachtungsphase befinden, zumal dann die Notwendigkeit hinzukäme, sukzessive weitere Mängelansprüche nach Abschluss der Begutachtung durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einzuführen (vgl. Ingenstau/Korbion/Joussen, VOB Teile A und B, 22. Aufl., Anh. 2 Rn. 127; Schmeel, BauR 2022, 1564, 1569; Kainz in Festschrift für Koeble, 2010, S. 625, 630).

Die rechtliche Selbständigkeit von Mängeln und der aus ihnen resultierenden Ansprüche (vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - VII ZR 226/03, BauR 2004, 1650, juris Rn. 30) führt zu keinem anderen Ergebnis. Ansprüche wegen mehrerer, voneinander unabhängiger Mängel der Werkleistung verjähren grundsätzlich selbständig. Beginn, Dauer und Ende der Verjährung ist daher für jeden Mangelanspruch gesondert festzustellen (vgl. zu diesem Ausgangspunkt BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329, juris Rn. 7 f.).

So hemmt ein selbständiges Beweisverfahren die Verjährung nicht allgemein für Mängelansprüche aus dem betreffenden Werkvertrag. Eine Hemmung tritt vielmehr lediglich für Ansprüche aus denjenigen Mängeln ein, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329, juris Rn. 8 zum Beweissicherungsverfahren der §§ 485 ff. ZPO in der bis zum 31. März 1991 geltenden Fassung). Daraus lässt sich demgegenüber ableiten, dass die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen aus solchen, gemeinsam zum Gegenstand eines Verfahrens gemachten mehreren verschiedenen Mängeln unterschiedlich enden könnte (anders noch BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329, juris Rn. 8). Denn für das Ende der Hemmung kommt es ausschließlich auf die Beendigung des Verfahrens an; der rechtlichen Selbständigkeit eines Mangelanspruchs kommt hierfür keine eigenständige rechtliche Relevanz zu.  

Es handelt sich hinsichtlich aller geltend gemachten Mängel bei einem selbständigen Beweisverfahren um ein einziges Verfahren. Dessen Ende insgesamt ist deshalb für die Dauer der Hemmung maßgebend, nicht anders als bei einer Klage wegen Ansprüchen aus mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln die Dauer der Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB bestimmt wird.  Wegen § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sei daher von der Hemmung der Verjährung auszugehen, weshalb die Klage in unverjährter Zeit erhoben worden sei und diese zu einer erneuten Hemmung der Verjährung geführt habe.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de - verwies.

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Helene – Monika Filiz

Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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Presseerklärung

 

Wirksamkeit von Preisanpassungsklauseln (Klageserie gegen Berliner Fernwärmeversorgungsunternehmen)

 

(Kiel)  Der unter anderem für das Energielieferungsrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich in dem Verhandlungstermin am 19.07.2023 (Az.: VIII ZR 249/22 und VIII ZR 263/22) erstmals auch mit Rechtsfragen zu der Wirksamkeit der ab Mai 2019 geänderten Preisänderungsklausel in Fernwärmelieferungsverträgen eines Berliner Fernwärmeversorgungsunternehmens befassen.

 

Es handelt sich um zwei weitere von zahlreichen beim Bundesgerichtshof anhängigen und mittlerweile überwiegend entschiedenen Verfahren, in denen Ansprüche gegen ein Berliner Energieversorgungsunternehmen geltend gemacht werden.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

 

  • Sachverhalt 

 

In beiden terminierten Verfahren beliefert die Beklagte die jeweiligen Kläger seit dem Jahr 2007 beziehungsweise seit dem Jahr 2013 auf der Grundlage von Allgemeinen Versorgungsbedingungen im Sinne von § 1 Abs. 1 AVBFernwärmeV mit Fernwärme. Hiernach stellt die Beklagte ihren Kunden einen verbrauchsunabhängigen Bereitstellungspreis und einen verbrauchsabhängigen Arbeitspreis in Rechnung, die sie nach Maßgabe im Vertrag vorgesehener Preisänderungsklauseln jährlich anpasst.

 

Nachdem das Kammergericht in einem anderen gegen die Beklagte gerichteten Rechtsstreit die auf den Arbeitspreis bezogene Preisanpassungsklausel für unwirksam erklärt hatte, legte die Beklagte ab Mai 2019 ihren Abrechnungen eine geänderte Preisanpassungsformel zum Arbeitspreis zugrunde, welche sie zuvor öffentlich bekannt gegeben hatte. Hiernach knüpfte die Veränderung des Arbeitspreises - ausgehend von einem Basisarbeitspreis des Jahres 2015 - jeweils hälftig einerseits an die jährlichen Veränderungen eines vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen und im Internet abrufbaren Wärmepreisindexes als Marktelement sowie andererseits an die jährlichen Veränderungen eines von der Energielieferantin der Beklagten im Internet veröffentlichten Tarifs als Kostenelement an. Die Preisanpassungsklausel sieht als Referenzjahre für das Markt- und das Kostenelement jeweils das Jahr 2018 vor.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf 

 

Die Kläger haben von der Beklagten mit ihrer jeweiligen Klage die Rückerstattung der aus ihrer Sicht überzahlten Arbeits- und Bereitstellungspreise, die Feststellung der Unwirksamkeit der (ursprünglichen) Preisanpassungsklausel sowie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zur einseitigen Einführung der (neuen) Preisanpassungsklausel in den Energielieferungsvertrag ab Mai 2019 nicht berechtigt gewesen sei.

 

Die Berufungsgerichte haben in beiden Verfahren die Unwirksamkeit der (ursprünglichen) Preisanpassungsklausel lediglich im Hinblick auf den Arbeitspreis festgestellt und dem Rückzahlungsbegehren auf dieser Grundlage nur zum Teil entsprochen. Außerdem sahen die Berufungsgerichte - im Anschluss an die Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2022 (VIII ZR 175/19, abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de/DE/Entscheidungen/entscheidungen_node.html) - die Beklagte zwar als grundsätzlich berechtigt an, eine gegenüber den Klägern verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksame gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. 

 

Sie waren jedoch der Auffassung, auch die neue Preisanpassungsklausel sei nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam, da die Beklagte für verschiedene Berechnungsfaktoren des Arbeitspreises in der Klausel willkürlich unterschiedliche Referenzjahre gewählt habe, nämlich als Basisarbeitspreis das Jahr 2015 und für das Markt- und das Kostenelement jeweils das Jahr 2018. Hierdurch würden die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligt. Die Beklagte sei deshalb nicht berechtigt gewesen, diese Preisanpassungsklausel ab Mai 2019 in den Vertrag einzuführen.

 

Mit der von den Berufungsgerichten jeweils insoweit zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Feststellungsklage hinsichtlich der von ihr ab Mai 2019 verwendeten Preisanpassungsklausel und die Abweisung der Zahlungsklage, soweit diese auf der Annahme der Unwirksamkeit auch dieser Preisanpassungsklausel beruht, weiter.

 

Die Entscheidung des BGH ist insoweit von grundsätzlicher Bedeutung, als hieraus auch die Kriterien für wirksame Preisanpassungsklauseln im Werkvertragsrecht abgeleitet werden könnten. Denn die Frage, der Abwicklung von Werkverträgen in der Corona-Pandemie und im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise beschäftigt die am Bau Beteiligten nach wie vor. Die bisherigen Lösungsansätze im Hinblick auf Anpassungen nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach Maßgabe des § 313 BGB sind bei zerstrittenen Vertragsvherältnissen wenig hilfreich. Insoweit mag mit Spannung die Entscheidung des BGH abzuwarten sein.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

 

Vergütungsansprüche einer Hochzeits-Fotografin nach corona-pandemiebedingter Verlegung eines Hochzeitstermins

(Stuttgart) Mit den Vergütungsansprüchen einer Hochzeitsfotografin nach der Verlegung des Hochzeitstermins, infolge von corona-pandemie-bedingten Beschränkungen, hat sich der VII. Zivilsenat des BGH, mit Urteil vom 27.04.2023 – VII ZR 144/22, auseinandergesetzt.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart.

Der VII Zivilsenat, der u.a. für Rechtsstreitigkeiten im Werkvertragsrecht zuständig ist, hatte über eine Klage auf Rückgewähr einer, an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten, Anzahlung sowie auf Feststellung, dass ihr keine Vergütungsansprüche zustehen, zu befinden.

Der ursprünglich vereinbarte Hochzeitstermin war, infolge der Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie, verlegt worden. Die Kläger waren deshalb von dem Vertrag zurückgetreten bzw. hatten denselben einer Kündigung zugeführt.

  • Sachverhalt

Die Kläger hatten die Absicht, am 01.08.2022, kirchlich zu heiraten. Der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, war verhindert. Derenthalben beauftragten die Kläger die Beklagte, die sich ihrerseits für die Beauftragung mit Schreiben vom 28.10.2019 bedankte und einen Teilbetrag i.H.v. € 1.231,70 im Hinblick auf die vereinbarte Gesamtforderung i.H.v. € 2.463,70, von den Klägern anforderte. Dieser Betrag wurde klägerseits zum Ausgleich gebracht.

Die Kläger hatten die Absicht, zu deren Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Allerdings griffen zu dem avisierten Termin die corona-pandemiebedingten Einschränkungen ein. Die Durchführung der Hochzeit zu dem von den Klägern avisierten Termin war nicht möglich. Die Kläger planten daher eine Hochzeitsfeier für den 31.07.2021, wobei sie den ursprünglichen Fotografen, der seinerseits am 01.08.2020 verhindert gewesen war, beauftragen wollten.

Die Beklagte forderte daraufhin ein weiteres Honorar i.H.v. € 551,45, welches von den Klägern nicht bezahlt worden war. Vielmehr begehrten die Kläger die Rückzahlung der bereits überwiesenen € 1.231,70. Gleichzeitig erklärten dieselben, wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage, den „Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung“.

Die Kläger verfolgten mit ihrer Klage das Ziel, die Beklagte zur (Rück-)Zahlung des Betrages i.H.v. € 1.231,70 zu verurteilen. Weiterhin begehrten die Kläger die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet seien, weitere € 551,45 an die Beklagte zu zahlen.

  • Rechtslage

Der Klage war sowohl in den Vorinstanzen, als auch vor dem BGH kein Erfolg beschieden.

Der geltend gemachte Rückgewähranspruch im Hinblick auf die klägerseits geleistete Anzahlung folgt nicht daraus, dass die Leistung unmöglich geworden ist. Zwar gab es zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier pandemiebedingte landesrechtliche Vorgaben. Diese führten aber nicht dazu, dass die Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und Hochzeitsfeier unmöglich geworden sind. Das betreffende Landesrecht erlaubte Feiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen, unter der Voraussetzung der Einhaltung von Mindestabständen i.H.v. 1,5 m. Der Umstand, dass die Hochzeitsfeier infolgedessen nicht in dem geplanten Umfang von 104 Gästen durchführbar war, führt nicht zu einer Unmöglichkeit der fotografischen Leistungen zu diesem Zeitpunkt.

Weiterhin sind auch keine Ansprüche aus dem erfolgten Rücktritt der Kläger wegen Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung gegeben.

Grundsätzlich hat die ergänzende Vertragsauslegung Vorrang vor möglichen Ansprüchen, unter Zugrundelegung der Störung der Geschäftsgrundlage. Allerdings ergibt die ergänzende Vertragsauslegung, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 01.08.2020 geplanten Hochzeit keinen Umstand darstellt, der zu einem Rücktritt der Kläger berechtigt. Denn der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten standen, einen anderen Fotografen präferierten, ist nach Treu und Glauben unerheblich. Derenthalben ist dieser Umstand unter redlichen Vertragspartnern auch nicht im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen.

Die Kläger hatten ihrerseits den „Rücktritt“ bzw. die „Kündigung“ des Vertrages erklärt. Dies stellt in rechtlicher Hinsicht eine freie Kündigung des Vertrages nach Maßgabe des § 648 Satz 1 BGB dar. Insoweit ergibt sich hieraus ein Vergütungsanspruch der Beklagten nach Maßgabe des § 648 S. 2 BGB, der vorliegend i.H.v. € 2.099,00 festgestellt worden war.

Daraus folgt, dass die die Kläger nicht nur keinen Rückzahlungsanspruch i.H.v. € 1.231,70 haben, sondern auch darüber hinaus, dass ihre negative Feststellungsklage unbegründet war. Dementsprechend konnten die Kläger auch keinen Ersatz ihrer außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten verlangen. (AG Gießen, Urt. v. 26.11.2021 – 43 C 63/21, LG Gießen, Urt.  v. 21.06.2022 – 1 S 1/22)

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

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Bundesgerichtshof: Makler können Reservierungsgebühren in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vereinbaren

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Verpflichtung eines Maklerkunden zur Zahlung einer Reservierungsgebühr unwirksam ist.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zi seinem Urteil vom 20. April 2023 - I ZR 113/22.

 

  • Sachverhalt:

 

Die Kläger beabsichtigten den Kauf eines von der Beklagten als Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag und im Nachgang dazu einen Reservierungsvertrag, mit dem sich die Beklagte verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für die Kläger vorzuhalten. Die Kläger nahmen vom Kauf Abstand und verlangen von der Beklagten die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Der Reservierungsvertrag sei wirksam. Er stelle eine eigenständige Vereinbarung mit nicht nach den §§ 307 ff. BGB kontrollfähigen Hauptleistungspflichten dar.

 

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

 

Der Bundesgerichtshof hat die Beklagte auf die Revision der Kläger zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.

 

Der Reservierungsvertrag unterliegt der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, weil es sich dabei nach dem Inhalt der getroffenen Abreden nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine den Maklervertrag ergänzende Regelung handelt. Dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und später als der Maklervertrag zustande kam, steht dem nicht entgegen.

 

Der Reservierungsvertrag benachteiligt die Maklerkunden im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und ist daher unwirksam, weil die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist und sich aus dem Reservierungsvertrag weder für die Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch seitens des Immobilienmaklers eine geldwerte Gegenleistung zu erbringen ist. Außerdem kommt der Reservierungsvertrag der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich. Das widerspricht dem Leitbild der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags, wonach eine Provision nur geschuldet ist, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg geführt hat.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Kiel, den 30.03.2023

 

Presseerklärung

 

Mit der Scheidung geht’s ins Armenhaus!

(Stuttgart) Jahr für Jahr werden laut Statistischem Bundesamt knapp 150.000 Ehen geschieden. Im Jahr 2020 hatte etwa die Hälfte der geschiedenen Ehepaare minderjährige Kinder. Von diesen hatten wiederum 50,2 % ein Kind, 38,9 % zwei und 10,9 % drei oder mehr Kinder. Insgesamt waren im Jahr 2020 etwa 119.100 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. 

In einem solchen Fall, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, geht es für den Unterhaltsverpflichteten praktisch gleich ins Armenhaus, sodass jede Scheidung gut überlegt sein sollte.

Zwar gilt nach § 1569 BGB der Grundsatz der Eigenverantwortung, nach dem es jedem Ehegatten nach der Scheidung obliegt selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu aber außerstande, so Filiz, hat er in gesetzlich genau definierten Fällen gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt. Dazu zählt nach § 1570 BGB auch der Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes. Nach dieser Vorschrift kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

Daneben, so Fachanwältin für Familienrecht Filiz, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt gibt es noch Unterhalt wegen Alters, Krankheit oder weil der eigene Verdienst nicht zum Lebensunterhalt reicht.

Um zu verdeutlichen was selbst auf einen im Bundesdurchschnitt relativ gutverdienenden Unterhaltsverpflichteten im Falle einer Scheidung an monatlichen Unterhaltszahlungen zukommt, erläutert Fachanwältin Filiz an folgendem Beispiel:

Ein Ehepaar lässt sich scheiden. Sie haben zwei gemeinsame Kinder im Alter von zwei und fünf Jahren, die bei der Mutter leben. Diese hat kein eigenes Einkommen, da sie die Kinder erziehen muss. Der Ehemann verfügt über ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von 4.000 Euro. Das Kindergeld von 250 EUR ab 2023 je Kind, also insgesamt 500 EUR, zahlt die Kindergeldkasse an die Mutter.

Bei diesem Nettoeinkommen, so Filiz, muss der Ehemann nach der sog. Düsseldorfer Tabelle, der Bibel für Unterhaltsverpflichtete, für jedes der beiden Kinder 560 EUR Unterhalt zahlen. Da dem Unterhaltsverpflichteten die Hälfte des Kindergeldes zusteht, kann er von den vorgenannten 560 EUR je Kind jeweils 125 EUR abziehen. Verbleibt je Kind ein Anspruch von 435 EUR x 2 Kinder, also zusammen 870 EUR.

Für die Berechnung des Ehegattenunterhalts verbleiben hier also 3.130 Euro. (Nettoeinkommen 4.000 EUR abzgl. 870 EUR). Davon darf er nach den Unterhaltsleitlinien 10 % als Erwerbstätigenbonus abziehen, hier mithin 313 EUR, so Filiz. Danach verbleibt ihm noch ein Einkommen von 2.817 EUR, wovon er die Hälfte an die Kindesmutter zahlen muss, also 1.408,50 EUR. Das bedeutet, so Filiz, dass der unterhaltsverpflichtete (Ex-) Ehemann an die Kindesmutter monatlich 2.278,50 EUR zahlen muss, während ihm selbst von seinen einstigen 4.000 EUR netto nur noch 1.721,50 EUR verbleiben!!! Ferner erhält die Kindesmutter noch 500 EUR Kindergeld direkt von der Kindergeldkasse. D. h., so betont Filiz, die Kindesmutter hat nach der Scheidung insgesamt 2.778,50 EUR zur Verfügung, der Kindesvater und Unterhaltsverpflichtete schlappe 1.000 EUR weniger als die Kindesmutter.

Geht man dann noch davon aus, betont Filiz, dass das Ehepaar mit 4.500 EUR Gesamt Monatseinkommen inkl. Kindergeld vorher nur eine Wohnung für die Familie anmieten musste, während nun die Mutter von den ihr – gemeinsam mit dem Lebensunterhalt für sie und ihrer Kinder zzgl. Kindergeld – zur Verfügung stehenden 2.778,50 EUR anmieten muss und der Ex-Ehemann von seinen verbliebenden 1.721,50 EUR für sich ebenfalls eine eigene Wohnung anmieten muss, wenn auch wohl kleiner als vorher, kann man sich, gerade in einer Großstadt, ausrechnen, was den beiden tatsächlich noch zum Leben verbleibt, insbesondere bei dem unterhaltsverpflichteten Ehemann!

Fachanwältin Filiz betont, dass das o. a. Beispiel nur eine exemplarische Berechnung darstellt um die gravierenden Auswirkungen im Unterhaltsrecht nach einer Scheidung darzulegen. Diese vermag natürlich eine konkrete Berechnung anhand der vorliegenden Unterlagen im Einzelfall nicht zu ersetzen. Wie dem auch sei, so Filiz: Angesichts der enormen wirtschaftlichen Auswirkungen, sollte allerdings jeder Schritt zum Scheidungsrichter daher gut überlegt sein.

Sie empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

Presseerklärung

 

 

 

BGH: Inhaltskontrolle der VOB/B bei abweichender Vereinbarung einzelner Regelungen mit der Folge der Unangemessenheit und hierauf begründeter Unwirksamkeit

 

(Kiel) Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einer Abweichung von der Gesamtregelung der VOB/B eine Inhaltskontrolle der einzelnen Kündigungs-regelung - im Hinblick auf unangemessene Benachteiligung - erfolgen kann. Sofern diese Regelung unwirksam ist führt dies zur Unwirksamkeit derselben.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Urteil vom 19. Januar 2023 – VII ZR 34/20.

 

  • Sachverhalt:

 

Die Beklagte war Hauptauftragnehmerin hinsichtlich von Straßen- und Tiefbauarbeiten. Die Klägerin war von derselben als Nachunternehmerin im Jahr 2004 beauftragt worden. Im Verhandlungsprotokoll wurde die VOB/B in der jeweils geltenden Fassung in den Vertrag einbezogen. Die Auftragssumme belief sich auf € 3.031,527,96 netto.

 

In einem Leistungsverzeichnis zwischen den Parteien wurde als Beschaffenheitsvereinbarung eine bestimmte Betonfestigkeitsklasse B 25 (entspricht der neuen Bezeichnung C 20/25) vereinbart.

 

Die Beklagte rügte während des Bauablaufes die Qualität des verbauten Betons. Dem Verlangen nach Beseitigung der behaupteten Mängel kam die Klägerin nicht nach. Die Beklagte kündigte den Bauvertrag nach Fristablauf hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbrachten Arbeiten.

 

Die Klägerin macht Restwerklohn i.H.v. € 2.465.744,23 geltend. Im Wege der Widerklage begehrt die Beklagte die Kosten der Ersatzvornahme i.H.v. € 4.152.902,75, die teilweise Rückzahlung von Abschlagszahlungen (€ 387.332,31), Schadensersatz i.H.v. € 90.729,80, Ersatz von Aval Gebühren i.H.v. € 40.000,00 sowie Mängelbeseitigungskosten i.H.v. € 209.382,83 im Hinblick auf weitere von ihr behauptete Mängel sowie die Feststellung des Vorliegens der von ihr behaupteten Mängel.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Landgericht Halle hat durch Teilurteil festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten eine freie Kündigung nach § 8 Nr. 1 VOB/B (2002) gewesen sei. Die Widerklage der Beklagten hinsichtlich der kündigungsbedingten Ersatzvornahmekosten sowie ihre Zwischenfeststellungswiderklage wurden abgewiesen.

 

Die hierauf gerichtete Berufung der Beklagten führte zur einer Abänderung des  erstinstanzlichen Urteils durch Teilurteil des OLG Naumburg. Es hat die Zwischenfeststellungsklage der Klägerin abgewiesen und festgestellt, dass es ich bei der Kündigung um eine „Kündigung gemäß § 8 Abs. 1 VOB/B handelt“.

 

 

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

 

Ist die VOB/B nicht als Ganzes vereinbart worden, hält § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) ebenso wie die hierauf rückbezogene Bestimmung in § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) bei Verwendung durch den Auftraggeber der Inhaltskontrolle nicht stand. Die Kündigungsregelung in § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 VOB/B (2002) benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB und ist daher unwirksam.

 

Die Revision der Klägerin wurde von dem BGH als begründet angesehen. Es erfolgte die Aufhebung des Urteils sowie zur Zurückverweisugn der Sache an das Berufungsgericht.

 

Im Wesentlichen stellt sich die praxisrelevante Frage, ob eine Kündigung als sog. „freie Kündigung“ zu verstehen ist, mit der Konsequenz einer Vergütungspflichtigkeit des Vertrages abzüglich der ersparten Aufwendungen, oder ob es sich um eine Kündigung aus wichtigem Grund handelt, mit der Folge, dass die von der Beklagten geltend gemachten Ansprüche derselben zustehen.

 

Die Beantwortung dieser Fragestellung war vorliegend von der Rechtsfrage abhängig, ob eine Unwirksamkeit von § 4 Nr. 7 VOB/B (2002) wegen Verstoßes gegen das AGB-Recht vorliegt. Der BGH führt aus, dass im Grundsatz gelte, dass dann, wenn die VOB/B als Ganzes vereinbart worden sei, eine isolierte Inhaltskontrolle einzelner VOB/B-Bestimmungen auf der Grundlage der §§ 305 ff. BGB nicht in Betracht komme. Diesen Grundsatz habe der Bundesgerichtshof dahingehend eingeschränkt, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führe, dass diese nicht als Ganzes vereinbart sei und eine Inhaltskontrolle möglich sei (BGH, VII ZR 34/20, vgl. RZ. 12).

 

Das Berufungsgericht hat die Eröffnung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB rechtsfehlerhaft abgelehnt.

 

Nach der Entscheidung des BGH vom 16.12.1982 (VII ZR 92/82, BGHZ 86, 135) unterlagen die Klauseln der VOB/B, die als vorformulierte Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind keiner Inhaltskontrolle, wenn der Verwender die VOB/B ohne ins Gewicht fallende Einschränkung übernommen hatte. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit Urteil vom 22.01.2004 dahingehend abgeändert, dass jede vertragliche Abweichung von der VOB/B dazu führt, dass diese nicht als Ganzes vereinbart ist. Es kommt demnach nicht auf die Schwere des mit der Abänderung der AGB geänderten Eingriffs an. Die Inhaltskontrolle ist mithin auch dann eröffnet, wenn nur geringfügige inhaltliche Abweichungen von der VOB/B vorliegen. Ob eventuell benachteiligende Regelungen im vorrangigen Vertragswerk möglicherweise durch andere Regelungen „ausgeglichen“ werden, ist unerheblich (BGH, Urteil vom 22.01.2004 – VII /R 419/02, BGHZ 157, 346, juris Rn. 11).

 

In der Rechtsprechung und Literatur ist bislang umstritten gewesen, ob § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B (2002) wegen unangemessener Benachteiligung des Auftragnehmers nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist (vgl. Rz. 25 m.w.N.).

 

Der Senat hat diese umstrittene Frage nunmehr dahingehend entschieden, dass § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 Vsar. 1 VOB/B (2002) mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung der Voraussetzungen einer Kündigung eins Werkvertrages aus wichtigem Grund, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Klauseln benachteiligen den Auftragnehmer unangemessen und sind deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

 

Praxisrelevant und gefahrenträchtig sind sowohl die Fragen des Ausspruchs und der Deutung von Kündigungen im Hinblick auf das Vorliegen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes mit der Folge der Beendigungsmöglichkeit des Vertrages oder des Vorliegens einer sog. „freien Kündigung“, die dem Auftragnehmer im Wesentlichen die Vergütungsansprüche zuspricht.

 

Diese Aspekte sind im tatsächlichen Baugeschehen in einer Vielzahl von Fällen praxisrelevant und von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für die Beteiligten.

 

Die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer „eigenmächtigen“ Abänderungen der VOB/B ist aus der BGH-Entscheidung abzuleiten. Denn die Rechtsverfolgung ist mit nicht vorhersehbaren Kosten und Risiken verbunden, die eine baubegleitende rechtliche Unterstützung unvermeidbar erscheinen lassen.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Helene – Monika Filiz

Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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Presseerklärung

 

 

Mythos im Baurecht – der Auftraggeber kann Vorschuss für die Beseitigung von Mängeln begehren?

 

(Kiel) Welche Rechte dem Auftraggeber am Bau zustehen, hängt nicht nur von den (manchmal schwer zu ermittelnden) Auftragsverhältnissen, sondern im entscheidenden Maße von dem Bauablauf und insbesondere von der Abnahme ab.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

Erst mit der erfolgten Abnahme kann der Auftraggeber die Mängelrechte geltend machen, vorher ist das Werk (noch ) in „Arbeit“. Dieser entscheidende Unterschied kann zu völlig unterschiedlichen juristischen Wertungen führen.  Beispielhaft ist dies in einem Verfahren, welches das OLG München vom 22.03.2022, Az.: 28 U 3194/21 Bau zu entscheiden hatte, ersichtlich.

Der Sachverhalt stellte sich dahingehend dar, dass der beklagte Bauträger eine bestehende Immobilie in Wohneigentum aufgeteilt hatte. Er verpflichtete sich darüber hinaus, zur Durchführung von  Renovierungsarbeiten an dem Gemeinschaftseigentum. Diese Arbeiten wurden nicht bzw. nicht ordnungsgemäß durchgeführt.

Die Erwerber, die klagende WEG, erklärte daraufhin keine Abnahme der Bauleistungen. Sie begehrt von dem Bauträger eine Vorschusszahlung i.H.v. € 150.000,00. Erstinstanzlich hatte das erkennende LG München einen Anspruch i.H.v. € 125.000,00 zugesprochen. Hiergegen richtete sich die Berufung des Bauträgers, welcher zudem rügt, dass der WEG vor Abnahme kein Anspruch auf Vorschusszahlung für Mängelbeseitigung begehren könne, da dieser Anspruch erst nach der Abnahme entstehen.

Dies zu Recht, wie das Oberlandesgericht München in 2. Instanz erkannte und die Klage abwies.

Mängelrechte und hiermit auch ein hierauf gerichteter Vorschussanspruch könnten erst nach einer Abnahme entstehen und daher auch erst ab diesem Zeitpunkt geltend gemacht werden. Der OLG München geht mit dieser Entscheidung in seiner Rechtsfindung mit der ständigen Rechtsprechung des BGH konform.

Eine Abnahme hatte die WEG verweigert, so dass weder ein Mängelbeseitigungsanspruch, noch ein hierauf gerichteter Vorschussanspruch bestünden. Das Abnahmeerfordernis sei – in dem vorliegenden Falle – nicht entbehrlich, da die klagende WEG nicht zum Ausdruck gebracht habe, unter keinem Umstand mehr mit dem Bauträger zusammenarbeiten zu wollen.

Die Entscheidung ist im Hinblick auf deren Praxisrelevanz von grundsätzlicher Bedeutung, so betont Filiz.

Die zeitliche Schnittstelle vor und nach Abnahme, nämlich der Übergang vom Herstellungsanspruch zu Gewährleistungsansprüchen ist von erheblicher Relevanz, und kann – wie dies in dem vorliegenden Fall signifikant war – zu völlig unterschiedlichen rechtlichen Konsequenzen führen. Dies erst Recht, zieht man die umfängliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen einer konkludenten Abnahme bzw. einer Ingebrauchnahme in Betracht.

Das OLG München bringt in Erinnerung, dass der Auftraggeber seine Mängelrechte grundsätzlich erst nach einer Abnahme geltend machen kann. Dies sei – den gesetzgeberischen Interessen folgend – ein zutreffendes Ergebnis, da vor der Abnahme dem Auftraggeber ein Anspruch auf Herstellung des Werks einerseits und die weitergehenden Rechte im Hinblick auf Schadensersatz, Rücktritt und Kündigung aus wichtigem Grund zustehen. Erst nach der Abnahme bzw. mit dem Eintritt in ein sogenanntes Abrechnungsverhältnis kann der Besteller Mängelrechte geltend machen.

Es bleibt abzuwarten, wie der BGH in dem zu Az.: VII ZR 91/22 anhängigen Verfahren entscheiden wird.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Scheidung: Was geschieht denn mit dem Familienhund??

(Stuttgart) Im Scheidungsverfahren wird oft erbittert gestritten. In der Regel geht es dabei um Verteilung von Vermögen oder einen zu zahlenden Unterhalt. Der Streit um den Familienhund steht dem allerdings oft in nichts nach.

Die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart hat in Scheidungsfällen schon viel erlebt.

Aber, so Filiz: Während sich die Noch-Ehepaare oft über Hausrat und Vermögen relativ emotionslos einigen können, fliegen bei der Frage wer denn nun den Familienhund bekommt oft die Fetzen! Dies gilt insbesondere auch deswegen, weil der Hund für viele Menschen ist fast so wichtig ist wie ein Kind. Die Noch-Ehepaare erschrecken dann häufig, wenn sie hören wie ein Hund gesetzlich eingeordnet wird, so berichtet Filiz.

Zwar bestimme § 90a des Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) einerseits, dass Tiere sind keine Sachen sind. Andererseits sind auf sie aber die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht durch andere Gesetze etwas anderes bestimmt ist. Damit so Filiz, fällt der Hund aus rechtlicher Sicht genauso wie ein Kühl- oder Kleiderschrank unter die gemeinsamen Haushaltsgegenstände.

Einfach ist die Sache noch, wenn nur einer der Ehegatten Eigentümer des Hundes ist, weil er diesen zB mit in die Ehe eingebracht oder während der Ehe allein angeschafft hat und dies auch nachweisen kann. So hat bzw. das Oberlandesgericht Stuttgart dem „Frauchen“ nach der Trennung den Umgang mit dem Hund verweigert, auch wenn sie sich während der Ehe am meisten um den Hund gekümmert habe. Sie konnte jedoch ihr Eigentum an dem Hund nicht nachweisen, da im Kaufvertrag nur der Name ihres Ehemannes stand. (OLG Stuttgart, 18 UF 57/19 - Beschluss vom 16.04.2019).

Schwieriger, so Filiz, ist die Angelegenheit, wenn die Ehegatten den Hund gemeinsam angeschafft haben, zB weil sie diesen gemeinsam aus einem Tierheim abgeholt haben. Können sich die Ehegatten nicht darüber einigen wer den Hund behält, entscheidet das Familiengericht nach sog. „billigem Ermessen“. Obwohl der Hund – wie eingangs ausgeführt - rechtlich eine „Sache“ ist, muss berücksichtigt werden, dass es sich hier um ein „Lebewesen“ handelt, sodass das Gericht auch zum Wohle des Hundes entscheidet. So zB Oberlandesgericht Osnabrück in seinem Beschluss 16.08.2018, Az. 11 WF 141/18).

Das Familiengericht wird seine Entscheidung daher insbesondere danach richten, so Filiz, ob sich einer der Ehegatten allein oder zumindest überwiegend um den Hund gekümmert hat und wie lange diese „Mensch-/Tierbeziehung“ schon besteht. Weiter wird zu berücksichtigen sein, ob der Hund aus seiner gewohnten Umgebung genommen werden soll und wie die Wohnverhältnisse der Noch-Ehegatten nach der Scheidung aussehen. Insbesondere bei sehr großen Hunden wird das Gericht wohl eher ein ländliches Haus mit Garten als eine kleine Stadtwohnung als geeignet für den weiteren Verbleib des Hundes ansehen.

Zu beachten ist auch noch, so betont Filiz, dass das Gesetz für einen Hund kein Umgangs-, früher Besuchsrecht vorsieht. Ein Hund ist also nicht etwa Kindern gleichgestellt. Auch kann derjenige, der den Hund behält, nicht etwa (Hunde-) Unterhalt von dem anderen Ehegatten fordern. Auch so etwas sieht das Gesetz nicht vor. Formlose Absprachen der Noch-Ehegatten über den Hund wie zB zum Umgangsrecht sind nicht rechtsverbindlich. Anders kann die Rechtslage sein, wenn der Hund und dessen Verbleib und Umgang auch Teil eines notariell beurkundeten Ehevertrags war oder einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Dies wird dann im Zweifel auch vor Gericht gültig sein, so Filiz.

Letztlich gelte bei Haustieren aber immer: Denken Sie auch an das Wohl der Tiere und einigen Sie sich möglichst gütig, appelliert Filiz.

Sie empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Kiel, den 9.02.2023

 

Presseerklärung

 

 

Mythos bei Wasserschäden am Haus – die Gebäudeversicherung zahlt doch!

 

(Kiel) Im Rahmen von Versicherungsschäden im Bereich des Sondereigentums geistert sowohl bei Eigentümern, als auch bei Hausverwaltungen unerbittlich der Mythos, dass die Versicherung zahle und somit sämtliche Schäden hiervon abgegolten seien.

 

Dem ist aber definitiv nicht so, worauf die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel verweist.

 

Die Problematik im Schnittstellenbereich zwischen Versicherungs-, WEG- und Bau- und Architektenrecht ist diffizil. So manch einer, der in seiner beruflichen Eigenschaft als Verwalter, Berater, Regulierer auftritt, vermag die rechtlichen Dimensionen nicht zu erfassen.

 

  • Im Einzelnen:

 

  •  

    • Versicherungsrecht

 

Bei Leitungswasserschaden kommt die Gebäudeversicherung für den Wasserschaden auf, unabhängig davon, ob derselbe aus dem Gemeinschafts- oder aus dem Sondereigentum herrührt. Die Gebäudeversicherung nimmt eine derartige Differenzierung nicht vor.

 

Vertragspartner der Gebäudeversicherung ist der Versicherungsnehmer, also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die durch die Hausverwaltung vertreten wird. Versicherter, also derjenige, der von der Versicherung begünstigt wird, ist allerdings der einzelne Sondereigentümer, dem die Leistungen aus dem Vertrag zustehen. Demzufolge hat eine Hausverwaltung lediglich die Schadensmeldung an die Versicherung unverzüglich zu tätigen und dem Sondereigentümer die Schadennummer mitzuteilen.

 

Hier irrt so manche Hausverwaltung, wenn dieselbe meint „Regie“ in dem Sondereigentum des Versicherten führen zu wollen. Weitere Haftungsprobleme sind vorprogrammiert, sofern der Sondereigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch und dieselbe alsdann Schadensersatz bei der Hausverwaltung nimmt.

 

  •  

    • WEG-Recht

 

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch die Hausverwaltung vertreten. Mitglieder einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern vertreten die Auffassung, die Versicherung zahle doch und damit sei alles erledigt. Weit gefehlt, so betont Fachanwältin Filiz.

 

Denn die Gebäudeversicherung wird Wasserschäden, je nach Häufigkeit und Dimension, nicht nur zum Anlass zu Prämienerhöhungen nehmen, sondern kann anlässlich eines Wasserschadens auch kündigen!!!

 

Dann hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aber ein grundlegendes Problem, da sich – angesichts eines gekündigten Versicherungsvertrages – kaum eine anderweitige Versicherung bereit erklären wird, das Objekt zu versichern. Erst Recht nicht, bei langjährigen, gleichgelagerten Wasserschäden, deren Ursache nicht behoben worden sind und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer überhaupt keine Veranlassung dazu sieht, derartige Maßnahmen der Ursachenbehebung einzuleiten.

 

Sofern die Gebäudeversicherung kündigt, haften aber die Mitglieder der Gemeinschaft mit ihrem eigenen Privatvermögen. Letzteres scheint hinsichtlich der Gefahrenträchtigkeit nachhaltig verkannt zu werden.

 

Darüber hinaus müssen sich die Sondereigentümer ein eventuelles Verschulden der Hausverwaltung (nicht rechtzeitige Anzeige des Wasserschadens an die Versicherung) zurechnen lassen. Dies führt alsdann zu Leistungskürzungen seitens des Versicherers. Der Sondereigentümer muss alsdann versuchen, wiederum zunächst die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Anspruch zu nehmen. Letztere kann dann wiederum Schadensersatz bei der Hausverwaltung fordern. All dies kostet Zeit, Geld und Nerven. Dies wäre bei einem vernünftigen, besonnenen Umgang mit derartigen Problemen ohne Weiteres zu vermeiden.

 

  •  

    • Bau- und Architektenrecht

 

Die Sanierung umfänglicher Wasserschäden benötigt Kompetenz in der Ausführung. Nicht jedes Unternehmen verfügt über eigene Sachkompetenz und ausreichende personelle Ressourcen. Häufig werden Aufträge angenommen, um dieselbe alsdann an Subunternehmer weiterzugeben. Dies führt letztlich dazu, dass der Sondereigentümer am Ende des Tages gar nicht mehr weiss, wer, wann, welche Arbeiten in seinem Sondereigentum durchgeführt hat.

 

Die Rechtslage hinsichtlich der Auftragsverhältnisse wird zudem häufig verkannt. Sofern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer – ohne entsprechende Bevollmächtigung und/oder Zustimmung des Versicherten, des Sondereigentümers, - einen Auftrag erteilt, so ist das Unternehmen zwar Vertragspartner. Allerdings hat die Ausführung und Abstimmung mit dem Sondereigentümer zu erfolgen. Das gesamte Procedere wird, angesichts vieler Beteiligte, komplexer und haftungsträchtiger, als es erforderlich wäre.

 

Zu weiteren Problemen kann es alsdann im Zusammenhang mit Abnahmen und Gewährleistungen kommen, sofern die Vertrags- und Auftragsverhältnisse nicht geklärt sind.

 

Rechtlich problematisch wird es, zudem, wenn in Ausführung der Leistungen durch den Werkunternehmer Schäden an weiteren Gegenständen des Versicherten kommt. Dann stellt sich für den Sondereigentümer die Frage, wer sein Haftungspartner ist.

 

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Presseerklärung

 

Mythos: Ein Ehepartner haftet für die Schulden des anderen

(Stuttgart) Noch immer ist der Mythos weit verbreitet, dass ein Ehegatte nach der Eheschließung auch für die Schulden des anderen Ehegatten haftet, es sei denn, es werde vor der Eheschließung Gütertrennung vereinbart. 

Insbesondere Selbstständige oder der vermögendere Ehepartner, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, drängen den anderen Ehegatten vor der Eheschließung oft vorab Gütertrennung in einem notariellen Vertrag zu vereinbaren, damit „der andere im Falle einer Insolvenz oder anderen Schulden nicht mithaften muss“.

Dies, so betont Rechtsanwältin für Familienrecht Filiz, ist allerdings völliger Quatsch!

Auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, also wenn die Ehegatten gerade keine Gütertrennung vereinbart haben, haftet ein Ehegatte nicht automatisch für die Schulden des anderen Ehegatten, sondern es haftet nur derjenige, der die Schulden auch zu vertreten hat. Es findet also im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit der Eheschließung keine „Vermögensvermischung“ statt, betont Filiz.

Anders sei der Sachverhalt nur dann, wenn die Ehegatten gemeinschaftlich Schulden machen, also zB gemeinsam ein Darlehen zur Finanzierung eines Hauses aufnehmen und beide die Ehegatten die Darlehnsurkunde unterzeichnen. Dann haften beide Ehegatten. Der Grund für diese Haftung sei aber nicht die Ehe an sich, [H1] betont Filiz, sondern der Umstand, dass der andere Ehegatte die Darlehnsurkunde hier ebenfalls unterzeichnet hat.

Es gibt überhaupt nur eine gesetzliche Ausnahme, so Filiz, nach der auch der andere Ehegatte während der Ehe mitverpflichtet werden kann und zwar nach § 1357 BGB bei Geschäften, die der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie dienen, zB Einkauf von Lebensmitteln oder eines neuen Fernsehers.

Rechtsanwältin Filiz stellt daher ausdrücklich klar, dass ein Ehegatte auch ohne Gütertrennung nicht automatisch grundsätzlich auch für die Schulden des anderen Ehegatten haftet. Dies gelte sowohl während der Ehezeit als auch nach einer Trennung oder nach der Scheidung. Wichtig sei eben, dass der andere Ehegatte sich nicht selbst durch Mitunterzeichnung von Darlehnsverträgen oder Bürgschaften in die Mithaftung begeben hat.

Wer zB daher – was relativ häufig vorkomme, so Filiz - während der Ehe oder nach einer Trennung oder Scheidung von Banken, Inkassounternehmen oder von sonst jemandem aufgefordert werde, die Schulden des anderen Ehegatten zu begleichen, sollte dies auf keinen Fall tun, sondern sofort anwaltlichen Rat einholen, betont Filiz.  

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Keine generelle Unzulässigkeit einer Teilungsversteigerung vor der Scheidung

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass der Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe, führt nicht zu einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Teilungsversteigerung vor der Scheidung.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf den soeben bekanntgegebenen Beschluss des BGH vom 16. November 2022, XII ZB 100/22.

Die – in weiten Kreisen – verbreitete Ansicht, dass es angeblich einen Grundsatz gäbe, wonach keine Teilungsversteigerung vor der Scheidung möglich sei – ist unzutreffend.

Der BGH hat vielmehr entschieden, dass der Schutz des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe und der grundsätzlich bis zur Rechtskraft der Scheidung fortbestehende Charakter der ehelichen Immobilie als Ehewohnung es nicht gebiete, dass eine Teilungsversteigerung der Ehegattenimmobilie in der Trennungszeit ohne eine Abwägung der beiderseitigen Interessen generell als unzulässig anzusehen (Fortführung von BGHZ 37, 38 = NJW 1962, 1244).

Die schutzwürdigen Belange des teilungsunwilligen Ehegatten werden durch eine Schrankensystem aus materiell-rechtlichen Einwendungen nach §§ 1365, 1353 Abs. 1 Satz 2, 242 BGB, die im Drittwiderspruchsverfahren geltend zu machen sind, und vollstreckungsschützenden Vorschriften im Teilungsversteigerungsverfahren nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG, § 765 a ZPO gewahrt.

Hiermit hat der BGH die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 17.02.2022 bestätigt.

Die Senatsentscheidung vom 28.09.2016, XII ZB 487/15, in welcher der Senat ausgeführt hat, dass eine Ehewohnung diesen Charakter während der gesamten Trennungszeit behalte und schon aus dem Charakter der Ehewohnung ein Verbot der Teilungsversteigerung der Ehegatten Immobilie in der Trennungszeit beinhalte, ist nach ganz überwiegender Meinung grundsätzlich nicht möglich. Vielmehr ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der getrennt lebenden Ehegatten erforderlich. Die bisherige Rechtsprechung des BGH zu den Möglichkeiten einer Aufhebung von Miteigentum an der Ehewohnung in der Trennungszeit und das auf der Grundlage dieser Rechtsprechung entwickelte Schrankensystem – materiell-rechtlichen Einwendungen nach §§ 1365, 1353 Abs. 1 S. 2, 242 BGB im Drittwiderspruchsverfahren, Vollstreckungsschutz nach § 180 Abs. 2 und 3 ZVG, § 765 a ZPO im Teilungsverfahren – seien unverändert maßgebend. Dieser Ansicht – so führt es der BGH aus – ist zutreffend (vgl. BGH, Beschluss vom 15.12.2022, Rz. 24).

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Pfle­ge­geld kann nicht der gepfän­det werden

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass Pflegegeld, welches
ein Schuldner bezieht, keine den Pfändungsschutzvorschriften des § 54 SGB I unterfallende Sozialleistung darstellt und damit nicht gepfän­det werden kann.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf den soeben bekanntgegebenen Beschluss des BGH vom 20. Oktober 2022 - IX ZB 12/22.

Eine Mutter, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erhielt für die Versorgung des bei ihr wohnenden autistischen Sohnes Pflegegeld.

Der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen hatte beantragt, bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens das Arbeitseinkommen mit dem Pflegegeld zusammenzurechnen, welches die Schuldnerin für die Versorgung des bei ihr wohnenden autistischen Sohnes erhält. Der Antrag war bereits in den Vorinstanzen erfolglos geblieben, was der BGH nun ausdrücklich bestätigt hat.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

 

Bundesgerichtshof zu überspannten Anforderungen an Darlegung des Mängelbeseitigungsaufwands

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das rechtliche Gehör nach Art. 103 I GG durch überspannte Substantiierungsanforderungen an den Parteivortrag zu aufgewandte Mangelbeseitigungskosten verletzt sein kann.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 10.08.2022 – VII ZR 243/19 (OLG München).

 

  • Sachverhalt:

 

Die Klägerin, eine Bauunternehmerin, begehrt von der beklagten Architektin auf Gesamtschuldnerausgleich für eine von ihr geleistete Mangelbeseitigung in Anspruch. Die Streithelferin der Beklagten beauftragte die Beklagte mit der Erbringung von Architektenleistungen in den Leistungsphasen 5-8 gem. § 34 HOAI. Die Beklagte erstellte die Ausführungsplanung u.a. für die Dächer über den Balkonen des Objekts sowie das Leistungsverzeichnis. Die Klägerin erstellte auf dieser Grundlage das Angebot vom 20.01.2014 und meldete zugleich Bedenken hinsichtlich der Planung an. Sie wurde sodann von der Streithelferin gemäß ihrem Angebot beauftragt. Im Main 2014 ließ die Klägerin einen planerischen Sondervorschlag erstellen. Die Beklagte prüfte den Sondervorschlag und gab ihn frei.

 

Die aufgrund der Sonderplanung erstellten Balkondächer waren mangelhaft. Es waren Undichtigkeiten der Balkonüberdachung vorhanden, die zu Wassereintritten führten. Der Privatgutachter der Streithelferin stellte fest, dass die Dacheindeckung nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprach. In der Folgezeit erstellte die Klägerin ein Nachbesserungsmuster für die Sanierung, welches die Streithelferin zunächst ablehnte. Eine neue Musterfläche wurde letztlich nach der Stellungnahme des Privatgutachters von der Streithelferin akzeptiert.

 

Die Klägerin begehrt die Zahlung von € 211.191,55 (70 % der Gesamtsanierungskosten) sowie die Feststellung der Ersatzpflicht im Hinblick der über einen Betrag von € 301.702,22 hinausgehenden Kosten.

 

  • Instanzenzug:

 

Das erstinstanzlich erkennende LG München I hat am 28.06.2018, Az.: 11 = 19330/17, BeckRS 2018, 50922) die Klage abgewiesen. Auch der Berufung vor dem OLG München ist am 01.10.2019, Az.: 9 U 2699/18 Bau, BeckRS 2019, 62972) kein Erfolg beschieden gewesen.

 

Die Klägerin wandte sich mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht. Sie begehrt die Zulassung der Revision, um ihre Anträge vollumfänglich weiter verfolgen zu können. Die Nichtzulassungsbeschwerde führte gem. § 544 IX ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

 

Das Berufungsgericht hatte die Auffassung vertreten, dass die Berufung unbegründet sei, weil sie zur Höhe des Anspruchs auf Gesamtschuldnerausgleich nicht schlüssig vorgetragen habe. Der Vortrag sei in wesentlichen Teilen unsubstantiiert.

 

  • Rechtslage:

 

Der BGH stellte nunmehr fest, dass die rechtliche Einschätzung des Berufungsgerichts auf einer offenkundigen Überspannung der Substantiierungsanforderungen beruht. Dadurch hat das Berufungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen und Beweisantritte der Klägerin, die insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Vernehmung des sachverständigen Zeugen Z beantragt hat, entgegen Art. 103 I GG unberücksichtigt lassen.

 

Art. 103 I GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages der Parteien haben (std. Rspr., vgl. z.B. BGH NZBau 2021, 178 = BauR 2021, 593 Rn. 13; BeckRS 2017, 138620 = BauR 2018, 669 Rn. 9).

 

Ein Verstoß gegen Art. 103 I GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (std. Rspr., s.o.).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist ein Sachvortrag bereits dann schlüssig, wenn der Anspruchsteller Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in seiner Person entstanden erscheinen zu lassen. Erfüllt der Parteivortrag diese Anforderungen, so kann der Vortrag weiterer Einzelheiten nicht verlangt werden, sondern es ist in die Beweisaufnahme einzutreten.

 

Da das angefochtene Urteil auf den Gehörsverletzungen beruhte ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre, wenn es die Darlegung zur Höhe des Ausgleichsanspruchs für ausreichten substanziiert erachtet und – wie erforderlich – die angebotenen Beweise erhoben hätte.

 

Die Anforderungen an die Substantiierung eines Sachvortrages sind in der anwaltlichen Praxis häufige Fragestellungen, mit denen sich der forensisch tätige Anwalt auseinandersetzen muss. Gerade im baurechtlichen Verfahren, die komplexe Vorgänge umfassen, ist ein entsprechend konkreter und detaillierter Sachvortrag für die erfolgreiche Durchsetzung von rechtlichen Ansprüchen unabdingbar. Um so hilfreicher ist es, die einschlägige Rechtsprechung im Detail zu kennen.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Presseerklärung

 

Scheidung: Gericht verhängt Bußgeld weil ein Elternteil die Kinder nicht sehen will

(Stuttgart) Auch gegen den Umgangsberechtigten können bei Verweigerung der Wahrnehmung gerichtlich angeordneter Umgangstermine Ordnungsmittel jedenfalls dann verhängt werden, wenn die Gründe der Verweigerung (hier: Kosten des Umgangs) bereits im Erkenntnisverfahren berücksichtigt wurden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf einen Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 22.08.2022, Az. 6 WF 112/22.

Im Scheidungsverfahren hatte das Amtsgericht den Umgang des Antragsgegners mit den zwei gemeinsamen Kindern der Beteiligten unter anderem dahingehend geregelt, dass in ungeraden Kalenderwochen in der Zeit von Freitag 14 Uhr bis Montag 8 Uhr und in geraden Kalenderwochen am Dienstag von 14:30 Uhr bis 19 Uhr Umgang des Vaters mit den beiden Kindern stattfindet, was dieser jedoch nicht einhielt.

Auf Antrag der Kindesmutter verhängte das Amtsgericht daher ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 Euro wegen Verstößen gegen die Umgangsregelung im Zeitraum April und Mai 2022, weil der Vater seit April 2022 keinen Umgang mehr wahrnimmt. Der Einwand des Vaters, es sei ihm finanziell nicht möglich, ein für Übernachtungen geeignetes Umfeld für die Kinder aufzubauen, sei nicht zu berücksichtigen und bereits in dem Umgangsbeschluss erörtert und abgelehnt. Der Beschwerdeführer bemühe sich im Übrigen offenbar auch nicht, irgendeinen Umgang wahrzunehmen.

Die vom Vater dagegen eingelegte Beschwerde wurde nun vom OLG Frankfurt am Main zurückgewiesen.

Zur gerichtlichen Verpflichtung eines Elternteils zum Umgang mit dem Kind habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass der Eingriff in das Recht des Elternteils auf Schutz der Persönlichkeit im Hinblick auf die den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auferlegte Verantwortung für ihre Kinder grundsätzlich gerechtfertigt ist. Dieser Elternverantwortung trägt § 1684 Abs. 1 BGB Rechnung, indem er den Umgang mit dem Kind zur elterlichen Pflicht erhebt. Es ist einem Elternteil grundsätzlich zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit eines 30-jährigen Wiederkaufsrechts der Gemeinde in einem  städtebaulichen Vertrag

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Gemeinde nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verstößt, wenn sie sich bei einem Verkauf von Bauland an einen privaten Käufer im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages zu einem marktgerechten Preis ein Wiederkaufsrecht für den Fall vorbehält, dass der Käufer das Grundstück nicht innerhalb von acht Jahren mit einem Wohngebäude bebaut.

 

Dies gilt selbst dann, wenn eine Ausübungsfrist für das Wiederkaufsrecht nicht vereinbart ist und dieses somit innerhalb der gesetzlichen Frist von 30 Jahren ausgeübt werden kann.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Urteil vom 16. Dezember 2022 – V ZR 144/21.

 

  • Sachverhalt:

 

Der Beklagte kaufte von der Klägerin, einer Marktgemeinde in Bayern, mit notariellem Vertrag vom 21. Januar 1994 ein Grundstück zu einem Preis von 59.472 DM. Dabei handelte es sich um einen marktgerechten Preis. Der Beklagte verpflichtete sich, auf dem Grundstück innerhalb von acht Jahren ab dem Tag des Kaufs ein bezugsfertiges Wohngebäude entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu erstellen. Für den Fall, dass das Wohngebäude nicht fristgemäß errichtet oder das Vertragsgrundstück ohne Zustimmung der Klägerin in unbebautem Zustand weiterveräußert wird, verpflichtete sich der Beklagte, das Eigentum an dem Grundstück der Klägerin auf Verlangen kosten- und lastenfrei zurück zu übertragen gegen Zahlung des ursprünglichen Kaufpreises, sonstiger gemäß der Vertragsurkunde bezahlter Beträge und nachweisbarer Kosten für die zwischenzeitlich erfolgten Erschließungsmaßnahmen. Zinsen sollten von der Klägerin in diesem Fall nicht zu entrichten sein. Der Beklagte errichtete in der Folgezeit kein Wohngebäude. Mit Schreiben vom 14. November 2014 teilte ihm die Klägerin mit, dass sie von ihrem Rückübertragungsrecht Gebrauch mache.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, das Grundstück an die Klägerin aufzulassen und die Eigentumsumschreibung im Grundbuch zu bewilligen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

 

Der Bundesgerichtshof hat das Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:

 

Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB müssen die in einem städtebaulichen Vertrag vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Bei wirtschaftlicher Betrachtung des Gesamtvorgangs darf die Gegenleistung nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung und dem Wert der von der Behörde - hier der klagenden Gemeinde - erbrachten oder zu erbringenden Leistung stehen und die vertragliche Übernahme von Pflichten darf auch ansonsten zu keiner unzumutbaren Belastung für den Vertragspartner führen. Nach diesem Maßstab stellt sich das Wiederkaufsrecht der Klägerin auch unter Berücksichtigung der Ausübungsfrist von 30 Jahren nicht als unangemessen dar. Bauverpflichtungen wie die vorliegende dienen dem anerkennenswerten städtebaulichen Zweck, die (zeitnahe) Erreichung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele sicherzustellen bzw. zu fördern und Grundstücksspekulationsgeschäfte zu verhindern. Es ist daher für sich genommen nicht zu beanstanden, wenn eine Gemeinde dem privaten Käufer ein im Gebiet eines Bebauungsplans gelegenes Grundstück nur gegen Übernahme einer Bebauungsverpflichtung verkauft und diese Verpflichtung durch ein Wiederkaufsrecht für den Fall des Verstoßes absichert.

 

Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung setzt auch nicht voraus, dass dem Käufer das Grundstück unterhalb des Verkehrswertes verkauft wird, zumal Gemeinden unter beihilfe- und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten Grundstücke grundsätzlich nicht unter dem Verkehrswert veräußern dürfen. Die Pflicht, das Grundstück den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß zu bebauen, stellt für den Erwerber eines im Baugebiet gelegen Grundstücks regelmäßig keine schwerwiegende Belastung dar. Denn üblicherweise wird er ohnehin beabsichtigen, das Grundstück zu bebauen, und muss hierbei die Vorgaben des Bebauungsplans einhalten. Die hier vereinbarte Bebauungsfrist von acht Jahren ist auch nicht unangemessen kurz.

 

Ebensowenig führt der vereinbarte Wiederkaufspreis zur Unangemessenheit der Regelung. Im Grundsatz ist es nicht unbillig, den Preis, zu welchem verkauft worden ist, als Wiederkaufspreis zu vereinbaren, da dies der gesetzlichen Zweifelsregelung entspricht. Dass der ursprüngliche Kaufpreis nicht zu verzinsen ist, entspricht dem Umstand, dass der Käufer seinerseits nicht verpflichtet ist, gezogene Nutzungen an den Verkäufer (und Wiederkäufer) herauszugeben.

 

Schließlich ist die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts auch nicht deshalb unangemessen, weil keine Regelung über die Frist zur Ausübung getroffen wurde und damit die gesetzliche Frist von 30 Jahren gilt. Denn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sind im Rahmen von § 11 Abs. 2 BauGB wertungsmäßig zu berücksichtigen. Die Länge der gesetzlichen Frist stellt sich auch nicht einseitig als Vorteil für die Gemeinde und als Nachteil für den Käufer dar. Denn sie ermöglicht es der Gemeinde, im Einzelfall flexibel zu reagieren, etwa indem sie einem unverschuldet in wirtschaftliche Not geratenen Käufer die Frist für die Erfüllung der Bebauungsverpflichtung verlängert. Bei einer kürzeren Ausübungsfrist wäre die Gemeinde hingegen gezwungen, ihr Recht sofort oder zumindest zeitnah auszuüben, um es nicht zu verlieren. Alternativ müsste sie von vornherein eine kürzere Frist für die Bebauungsverpflichtung vorsehen, um nach deren Ablauf ausreichend Zeit für die Prüfung des weiteren Vorgehens zu haben. Beide Varianten wären von Nachteil für die jeweiligen Käufer.

 

Anders als das Berufungsgericht meint, lässt sich die Unangemessenheit der in Rede stehenden Regelung nicht aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats zu Ausübungsfristen für den Wiederkauf beim sog. "Einheimischenmodell" ableiten. Durch dieses soll in Gemeinden, die eine starke Nachfrage nach Bauland durch auswärtige Interessenten verzeichnen, Einheimischen der Erwerb von Bauflächen zu bezahlbaren, in der Regel deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Preisen ermöglicht werden. Dies ist nur zulässig, wenn sichergestellt wird, dass die bevorzugten Käufer die auf den Grundstücken zu errichtenden Eigenheime für einen bestimmten Zeitraum selbst nutzen und nicht auf Kosten der Allgemeinheit Gewinne erzielen, indem sie das verbilligte Bauland alsbald zum Verkehrswert weiterveräußern oder den Grundbesitz an Dritte vermieten. Vertragliche Regelungen, die entsprechende Bindungen begründen, schaffen mithin erst die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Vergabe preisgünstigen Baulands. Da die Bindung des Käufers beim Einheimischenmodell der Preis für den verbilligten Erwerb des Grundstücks ist, hängt die zulässige Bindungsdauer von dem Umfang der Verbilligung ab.

 

Die vorliegend zu beurteilende Regelung unterscheidet sich grundlegend von einem Grundstücksverkauf im Einheimischenmodell. Dem Beklagten wird keine langfristige Bindung auferlegt, die nur mit einer angemessen hohen Subvention zu rechtfertigen wäre. Er ist bzw. war einzig verpflichtet, das Grundstück innerhalb von acht Jahren mit einem dem Bebauungsplan entsprechenden Wohngebäude zu bebauen. Hätte er diese Verpflichtung erfüllt, wäre das Wiederkaufsrecht der Klägerin erloschen bzw. nicht entstanden. Bei der Bebauungsfrist handelte es sich auch nicht um eine Mindestfrist, der Beklagte war also auch nicht für einen Zeitraum von acht Jahren "gebunden". Er hätte das Grundstück vielmehr sofort nach Abschluss des Kaufvertrages und Erteilung einer Baugenehmigung bebauen und das Wiederkaufsrecht damit zum Erlöschen bringen können. Auch konnte er, anders als regelmäßig beim Einheimischenmodell, über das Grundstück nach dessen Bebauung frei verfügen.

 

Die Regelung über das Wiederkaufsrecht der Klägerin verstößt auch nicht deshalb gegen das Gebot der angemessenen Vertragsgestaltung, weil sie keine Ausnahmen für Härtefälle vorsieht. Eine Gemeinde ist auch bei der Ausübung ihrer vertraglichen Rechte an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, weil sie als öffentliche Körperschaft den Grundsätzen des Verwaltungsprivatrechts unterliegt. Die Klägerin hatte daher im Wege einer Ermessensentscheidung zu prüfen, ob die Ausübung des Wiederkaufsrechts im Interesse der Sicherung des mit ihm verfolgten Zwecks geboten ist oder eine vermeidbare Härte darstellt. Umstände, die die Klägerin dazu veranlassen mussten, von der Ausübung des Wiederkaufsrechts abzusehen, sind vorliegend nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich; der schlichte Zeitablauf seit dem Verstreichen der Bebauungsfrist reicht hierfür schon deshalb nicht aus, weil der Beklagte auch nach Fristablauf nicht gebaut hat.

 

Der Bundesgerichtshof konnte gleichwohl nicht in der Sache selbst entscheiden, denn das Berufungsgericht hat, aus seiner Sicht folgerichtig, bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Geschäftsleiter der Klägerin, der die Ausübung des Wiederkaufsrechts erklärt hatte, zur Abgabe der Erklärung befugt war. Die Wirksamkeit der Erklärung ließ sich daher im Revisionsverfahren nicht abschließend beurteilen.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

 

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Kammergericht Berlin – Verzögerung des Bauvorhabens durch coronabedingte Erschwernisse

 

(Kiel)  Mit der praktisch relevanten Fragestellung der Verzögerung des Bauablaufes hat sich das Kammgericht Berlin in einer grundlegenden Entscheidung  auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Entscheidung des KG Berlin vom 24.05.2022 – 21 U 156/21 -.

 

Die Verzögerung eines Bauvorhabens kann (auch) durch Erschwernisse im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eintreten. Die folgen eines Verzuges, infolge einer derartigen Verzögerung sowie die kausal hierauf beruhenden Auswirkungen müssen im baurechtlichen Verfahren allerdings konkret dargelegt werden. Es handelt sich hierbei um eine bauablaufbezogene Darstellung, die klägerseits darzulegen und im Bestreitensfall auch zu beweisen ist.

 

Der dem Kammergericht Berlin zur Entscheidung vorgelegte Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:

 

Gegen die beklagte Bauträgerin wurde ein Schadensersatzanspruch i.H.v. annähernd € 60.000,00 geltend gemacht. Begründet wurde der Anspruch mit einem Verzug der Bauträgerin, also einer schuldhaften Verletzung ihrer Herstellungsverpflichtung. Demgegenüber wandte die beklagte Bauträgerin ein, dass die verspätete Fertigstellung ihr nicht zugerechnet werden könne, weil aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid 19 Pandemie im Zeitraum März und Juli 2020 Arbeiter aus diversen Ländern nicht nach Deutschland kommen können. Weiterhin hätten zahlreiche Baumaterialien nicht zeitgerecht geliefert werden können.

 

Diese Einlassung der Beklagten hielt das Landgericht für unerheblich. Dementsprechend gab es der Klage statt. Die beklagte Bauträgerin legte hiergegen Berufung ein, allerdings erfolglos., da das Kammergericht Berlin die Entscheidung des Landgerichts bestätigte.

 

Den Klägern stehe gemäß §§ 280, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der verspäteten Übergabe der Wohnung zu. Die Beklagte habe den Verzug zu verschulden.

 

Beruft sich ein Bauunternehmer auf schwerwiegende und unvorhersehbare Umstände, so das Kammergericht, müsse er konkret darlegen, wie sich diese Umstände auf den Ablauf des Bauvorhabens ausgewirkt haben (sog. bauablaufbezogene Darstellung). Der Bauunternehmer habe darzulegen, welcher seiner Arbeitsabläufe wann gestört wurde, wie lange die Störung andauerte und wie dies konkret die Fertigstellung der Arbeiten beeinflusst hat. Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen der Beklagten nicht. Allein der Verweis darauf, dass Bauarbeiter aus diversen Ländern nicht nach Deutschland haben kommen können und dass Lieferketten unterbrochen gewesen seien, sei in dieser Pauschalität nicht genügend.

 

Die Thematik der detaillierten Dokumentation von Bauabläufen ist nicht neu, wird gleichwohl immer wieder missachtet. Im Hinblick auf die Geltendmachung von Verzögerungsschäden ist eine derartige Dokumentation als Grundlage einer Schadensersatzklage einerseits bzw. der Abwehr von Schadensersatzansprüchen andererseits unerlässlich. Dies zeigt sich gerade im Zusammenhang mit der dargelegten Entscheidung des Kammergerichts Berlin.

 

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15 – Jährige darf gegen den Willen ihrer Mutter gegen Covid-19 geimpft werden

 

(Stuttgart) Das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden, dass die strikte Ablehnung der Impfung durch die alleinsorgeberechtigte Kindesmutter einen Sorgerechtsmissbrauch darstellt, der dem Kindeswohl zuwiderläuft und den Teilentzug der elterlichen Sorge in Bezug auf die Befugnis zur Entscheidung über eine Covid-19 Impfung und die Anordnung eines Ergänzungspflegers rechtfertigt.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des OLG vom 12.12.2022 zu seinem Beschluss vom 28. Juli 2022, Az. 2 UF 37/22.

 

Die Kindesmutter übt die elterliche Sorge für ihre 15-jährige Tochter alleine aus. Das Mädchen lebt auf eigenen Wunsch seit Februar 2020 nicht mehr bei der Mutter und verweigert die Rückkehr in den mütterlichen Haushalt. Nachdem die Jugendliche seit längerer Zeit den Wunsch geäußert hatte, gegen Corona geimpft zu werden und die Kindesmutter diese Impfung strikt ablehnt, hat das Jugendamt im November 2021 ein Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht - Pirmasens eingeleitet. Das Familiengericht hat daraufhin der Kindesmutter die elterliche Sorge in dem Teilbereich des Rechts zur Entscheidung über eine Covid-19 Impfung entzogen und die Ergänzungspflegschaft angeordnet.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter hatte keinen Erfolg.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass im Falle einer Kindeswohlgefährdung das Familiengericht diejenigen Maßnahmen zu treffen habe, die zur Abwehr der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen habe, wenn das alleinsorgeberechtigte Elternteil hierzu nicht gewillt oder in der Lage sei. Nach dem persönlichen Eindruck des Senates bestünden weder Zweifel an der Eignung der Minderjährigen, die Tragweite der Impfentscheidung zu erfassen, noch an der Ernsthaftigkeit auch künftig jeglichen Kontakt zur Mutter abzulehnen. Solange das Kind aber jeglichen Kontakt zur Mutter ablehne und sich die Mutter ihrerseits dem Impfwunsch des Kindes von vornherein verschließe, sei eine Risikoabwägung und letztlich eine Entscheidung über die Frage, ob eine Schutzimpfung wahrgenommen werde, nicht in konstruktiver und kindeswohldienlicher Weise möglich. Die im Rahmen der persönlichen Anhörung der Kindesmutter – im Beisein der Minderjährigen – abermals geäußerte strikte Ablehnung der Impfung habe der Senat weiterhin als ein dem Kindeswohl zuwiderlaufender, nachhaltig ausgeübten Sorgerechtsmissbrauch, der den angeordneten Teilentzug der elterlichen Sorge gebiete, gewertet. Die Covid-19 Impfung sei für die Minderjährige von erheblicher Bedeutung, dieser nachdrückliche Impfwunsch sei aufgrund des Alters des Kindes als Akt der Selbstbestimmung in besonderem Maße beachtlich. Darauf, dass bei der Minderjährigen keine besonderen Impfrisiken vorgelegen und die Schutzimpfungen nunmehr gemäß der Empfehlung der STIKO erfolgt seien, käme es nicht an.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

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Stuttgart, den 6.12.2022

 

 

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Oberlandesgericht Düsseldorf: Neue "Düsseldorfer Tabelle" ab dem 1. Januar 2023

(Stuttgart) Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 5.12.2022 die ab dem 1.01.2023 geltende "Düsseldorfer Tabelle" veröffentlicht. Die Änderungen gegenüber 2022 betreffen im Wesentlichen die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder, den Bedarf eines studierenden Kindes und der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende Eigenbedarf.

Diese Tabelle, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des OLG, stellt eine bloße Richtlinie dar und dient als Hilfsmittel für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Sinne des § 1610 BGB. Eine bindende rechtliche Wirkung kommt ihr nicht zu.

Die Tabelle wird von allen Oberlandesgerichten zur Bestimmung des Kindesunterhalts verwandt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gibt sie seit dem 1. Januar 1979 heraus. Sie wird unter Beteiligung und in Abstimmung sämtlicher Oberlandesgerichte und der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtes e.V. erstellt.

Die Tabellenstruktur ist gegenüber 2022 unverändert. Es verbleibt bei den bisherigen 15 Einkommensgruppen und dem der Tabelle zugrundeliegenden Regelfall von zwei Unterhaltsberechtigten.

1. Bedarfssätze 

a.Minderjährige
Die Anhebung der Bedarfssätze minderjähriger Kinder (1. – 3. Altersstufe) beruht auf der Erhöhung des Mindestbedarfs gemäß der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2022. Nachdem der Mindestbedarf für 2023 bereits durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung vom 30.11.2021 festgesetzt worden war (auf 404 EUR für die erste Altersstufe, auf 464 EUR für die zweite Altersstufe und auf 543 EUR für die dritte Altersstufe), ist mit Rücksicht auf das sächliche Existenzminimum eines Kindes nach dem 14. Existenzminimumbericht der Mindestbedarf für 2023 darüberhinausgehend angehoben worden.

Nach der Fünften Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung beträgt der Mindestunterhalt ab dem 1. Januar 2023: 

-       für Kinder der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres) 437 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 41 EUR),

-       für Kinder der 2. Altersstufe (bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres) 502 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 47 EUR),

-       für Kinder der 3. Altersstufe (vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit) 588 EUR (Anhebung gegenüber 2022: 55 EUR).

Diese Beträge entsprechen den Bedarfssätzen der ersten Einkommensgruppe (bis 1.900 EUR) der Düsseldorfer Tabelle. Die Anhebung der Bedarfssätze der ersten Einkommensgruppe führt zugleich zu einer Änderung der Bedarfssätze der folgenden Einkommensgruppen. Sie werden wie in der Vergangenheit ab der 2. bis 5. Gruppe um jeweils 5 % und in den folgenden Gruppen um jeweils 8 % des Mindestunterhalts angehoben. 

b.Volljährige
Die Bedarfssätze volljähriger Kinder werden zum 1. Januar 2023 gleichfalls erhöht. Wie in 2022 betragen sie 125 % der Bedarfssätze der 2. Altersstufe.

c.Studierende
Der Bedarfssatz eines studierenden Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, wird gegenüber 2022 von 860 EUR auf 930 EUR angehoben. Darin enthalten sind 410 EUR Wohnkosten (Warmmiete). Wenn sich nach der Lebensstellung der Eltern ein höherer Bedarf ermittelt, kann von dem Mindestbedarf von 930 EUR nach oben abgewichen werden.

2. Anrechnung Kindergeld

Auf den Bedarf des Kindes ist nach § 1612b BGB das Kindergeld anzurechnen. In 2023 beträgt das Kindergeld je Kind einheitlich 250 EUR. Gegenüber 2022 bedeutet dies für das 1. und 2. Kind eine Erhöhung um 31 EUR und für das 3. Kind um 25 EUR.

Das Kindergeld ist bei minderjährigen Kindern in der Regel zur Hälfte und bei volljährigen Kindern in vollem Umfang auf den Barunterhaltsanspruch anzurechnen. Die sich nach Abzug des Kindergeldanteils ergebenden Beträge sind in der "Zahlbetragstabelle" im Anhang der Tabelle aufgelistet.

3. Selbstbehalte

Die Selbstbehalte, die zuletzt zum 1. Januar 2020 angehoben wurden, werden zum 1. Januar 2023 erhöht. 

a.
Der dem Unterhaltspflichtigen zu belassende notwendige Eigenbedarf beträgt für den nichterwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.120 EUR (statt bisher 960 EUR) und für den erwerbstätigen Unterhaltsschuldner 1.370 EUR (statt bisher 1.160 EUR). Bei Bemessung des notwendigen Selbstbehalts wurde ein Bedarfssatz von 502 EUR entsprechend dem Bürgergeld berücksichtigt.

Der notwendige Selbstbehalt gilt gegenüber Unterhaltsansprüchen nach der 1. Einkommensgruppe minderjähriger Kinder und sogenannter privilegierter volljähriger Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, § 1603 Abs. 2 BGB.

Im notwendigen Selbstbehalt sind Kosten der Unterkunft (Warmmiete) von 520 EUR enthalten.

b.
Der angemessene Selbstbehalt gegenüber sonstigen Ansprüchen auf Kindesunterhalt beträgt ab dem 1.Januar 2023 1.650 EUR (bisher 1.400 EUR), § 1603 Abs. 1 BGB.

Im angemessenen Selbstbehalt von 1.650 EUR sind Wohnkosten von 650 EUR (Warmmiete) enthalten.

c.
Der Eigenbedarf gegenüber Ansprüchen des Ehegatten beläuft sich zum 01.01.2023 auf 1.385 EUR (bisher 1.180 EUR), bei Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen auf 1.510 EUR (bisher 1.280 EUR). Hierin sind Wohnkosten von 580 EUR (Warmmiete) enthalten.

Die Selbstbehalte sollen erhöht werden, wenn die tatsächlichen Wohnkosten die Wohnkostenpauschalen der jeweiligen Selbstbehalte überschreiten und nicht unangemessen sind.

Der Mindestbedarf des Ehegatten beträgt ab 01.01.2023 1.120 EUR, bei Erwerbstätigkeit 1.370 EUR.
 

4. Ausblick

Ob der Mindestbedarf zum 01.01.2024 erneut steigt, bleibt abzuwarten. Die Fünfte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung verhält sich nur über den Mindestbedarf 2023. Entsprechendes gilt für die Selbstbehalte. Diese hängen unter anderem von der Entwicklung der Bedarfssätze nach dem Bürgergeld und der Wohnkosten ab.

Alle Informationen zur Düsseldorfer Tabelle einschließlich der aktuellen Leitlinien sind auf der Homepage des Oberlandesgerichts Düsseldorf veröffentlicht: https://www.olg-duesseldorf.nrw.de/infos/Duesseldorfer_Tabelle/index.php.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

 

EuGH: Standesamt-Scheidung aus dem EU-Ausland ist vom deutschen Standesamt anzuerkennen

(Stuttgart) Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat entschieden, dass eine von einem Standesbeamten eines Mitgliedstaats errichtete Scheidungsurkunde, die eine Vereinbarung der Ehegatten über die Ehescheidung enthält, die sie vor dem Standesbeamten getreu den in den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen bestätigt haben, eine Entscheidung im Sinne der Brüssel-IIa-Verordnung darstellt und automatisch anzuerkennen ist.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des EuGH vom 15.11.2022 in der Rechtssache C-646/20.

In dem Fall heirateten im Jahr 2013 TB, eine deutsche und italienische Staatsangehörige, und RD, ein italienischer Staatsangehöriger, in Deutschland. Im Anschluss an ein außergerichtliches Scheidungsverfahren nach italienischem Recht stellte ihnen im Jahr 2018 der befasste italienische Standesbeamte eine Bescheinigung über die Ehescheidung aus.

Die deutschen Standesamtsbehörden verweigerten die Beurkundung dieser Scheidung wegen fehlender vorheriger Anerkennung durch die zuständige deutsche Landesjustizverwaltung. Der mit der Sache befasste deutsche Bundesgerichtshof sieht sich vor die Frage gestellt, ob der Entscheidungsbegriff der Brüssel-IIa-Verordnung über die Anerkennung von Entscheidungen über Ehescheidungen den Fall einer außergerichtlichen Scheidung erfasst, die durch eine von den Ehegatten geschlossene Vereinbarung bewirkt und von einem Standesbeamten eines Mitgliedstaats nach dessen Rechtsvorschriften ausgesprochen wurde.

Mit seinem heutigen Urteil befindet der Gerichtshof (Große Kammer), dass eine von einem Standesbeamten des Ursprungsmitgliedstaats errichtete Scheidungsurkunde, die eine   Vereinbarung der Ehegatten über die Ehescheidung enthält, die sie vor dem Standesbeamten getreu den in den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen bestätigt haben, eine „Entscheidung“ im Sinne der Brüssel-IIa-Verordnung darstellt.

Der Gerichtshof stellt zunächst klar, dass in Ehescheidungssachen der Begriff „Entscheidung“ im Sinne dieser Verordnung jede Entscheidung über eine Ehescheidung in einem gerichtlichen oder aber außergerichtlichen Verfahren umfasst, sofern das Recht der Mitgliedstaaten auch nicht gerichtlichen Behörden Zuständigkeiten in Ehescheidungssachen zuweist. Somit muss jede Entscheidung solcher nicht gerichtlichen Behörden, die in einem Mitgliedstaat in Ehescheidungssachen zuständig sind, automatisch anerkannt werden, sofern die in der Brüssel-IIa-Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

Darüber hinaus verweist der Gerichtshof auf seine Rechtsprechung, wonach von der Brüssel-IIa-Verordnung nur Ehescheidungen erfasst werden, die entweder von einem staatlichen Gericht oder von einer öffentlichen Behörde oder unter deren Kontrolle ausgesprochen werden, was reine Privatscheidungen ausschließt. Daraus leitet er ab, dass jede Behörde, die eine „Entscheidung“ zu treffen hat, die Kontrolle über den Ausspruch der Ehescheidung behalten muss, was bei einvernehmlichen Ehescheidungen impliziert, dass sie eine Prüfung der Scheidungsvoraussetzungen anhand des nationalen Rechts vornehmen muss und prüfen muss, ob das Einvernehmen der Ehegatten über die Scheidung tatsächlich gegeben und gültig ist.

Der Gerichtshof erläutert, dass dieses Prüfungserfordernis das Kriterium zur Abgrenzung des Begriffs „Entscheidung“ von den ebenfalls in der Brüssel-IIa-Verordnung vorkommenden Begriffen „öffentliche Urkunde“ und „Vereinbarung zwischen den Parteien“ ist. Dabei stellt er klar, dass dieses Kriterium ebenso wie die Regelung für öffentliche Urkunden und Vereinbarungen zwischen den Parteien im Rahmen der Brüssel-IIb-Verordnung, die die Brüssel-IIa-Verordnung ab dem 1. August 2022 ersetzt hat, übernommen und präzisiert wurde.

In Bezug auf die vorliegende Rechtssache stellt der Gerichtshof fest, dass der Standesbeamte in Italien als gesetzlich eingesetzte Behörde dafür zuständig ist, die Ehescheidung rechtsverbindlich auszusprechen, indem er die von den Ehegatten aufgesetzte Scheidungsvereinbarung nach einer Prüfung in Schriftform beurkundet. Der Standesbeamte vergewissert sich nämlich, dass das Einvernehmen der Ehegatten zur Scheidung gültig, aus freien Stücken und in Kenntnis der Sachlage erteilt wird, und prüft auch den Inhalt der Ehescheidungsvereinbarung anhand der geltenden Rechtsvorschriften, indem er sich vergewissert, dass sich die Vereinbarung nur auf die Auflösung der Ehe oder die Beendigung der zivilen Wirkungen der Ehe bezieht und weder Vermögenswerte übertragen werden noch andere als volljährige wirtschaftlich unabhängige Kinder betroffen sind.

Im Ergebnis handelt es sich somit um eine von den deutschen Standesamtsbehörden automatisch anzuerkennende „Entscheidung“ im Sinne der Brüssel-IIa-Verordnung.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

 

Baumängel: Fiktive Mängelbeseitigungskosten bei Mangelfolgeschäden

(Kiel)  Fiktive Mängelbeseitigungskosten beschäftigen – jeweils in unterschiedlichen Fallgestaltungen – die obergerichtliche Rechtsprechung.

 

Mit Urteil des OLG Köln vom 19.10.2022 (11 U 247/21)  setzte sich dasselbe mit der Fragestellung auseinander, dahingehend ob die Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden fiktiv abgerechnet werden können, sofern sich dieselben nicht des Gewerk des Unternehmers betreffen.


Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Köln vom 19.10.2022, 11 U 247/21).

 

Der BGH hatte sich mit Urteil vom 22.02.2018, Az.: VII ZR 46/17, dahingehend positioniert, dass der Besteller, der einen Mangel nicht beseitigen lässt, seinen Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB nicht als fiktive Mängelbeseitigungskosten geltend machen kann. Unter Zugrundelegung dieser Entscheidung des BGH ergab sich die Anschlussfragestellung dahingehend, ob die Kosten für die Beseitigung von Mangelfolgeschäden fiktiv abgerechnet werden können.

 

Hierzu werden unterschiedliche Rechtsansichten vertreten.

 

Das OLG Oldenburg hatte dies verneint (Urteil vom 20.11.2018, Az.: 2 U 37/17).

Das OLG Köln setzte sich mit Urteil vom 18.10.2022 (Az.: 11 U 247/21) gleichfalls mit dieser Fragestellung auseinander und gelangt insoweit zu einem anderen Ergebnis.

 

  • Sachverhalt

Ein Bauherr beauftragte mehrere Firmen mit dem Neubau seines Einfamilienhauses. Der Auftrag an den Rohbauer lautete dahingehend, neben den Beton-, Stahlbeton- und Maurerarbeiten außen eine Sockelabdichtung herzustellen. Weiterhin beauftragte der Bauherr den Dachdecker, ergänzend zu den Dachdeckerarbeiten die Abdichtungsarbeiten an der Terrassentür sowie der Haustür auszuführen. Die Ausführung der beauftragten Arbeiten erfolgte in den Jahren 2014/15. Bereits im Dezember 2015 traten feuchte Stellen im EG des Einfamilienhauses auf, welche sich bis in eine Höhe von ca. 50 cm, vom Erdboden in den Wandbereich aufsteigend, fortsetzten. Infolge der Feuchtigkeitseindringungen trat Schimmel den betroffenen Bereichen auf.


Infolge der Einholung von Sachverständigengutachten wurde die Ursache für die Feuchtigkeitseindringung dahingehend festgestellt, dass sowohl der Rohbauer, als auch der Dachdecker  die Abdichtungsarbeiten nicht ordnungsgemäß ausgeführt und hierdurch jeweils beide die Feuchtigkeitsschäden verursacht haben.


Die sachgerechte Sanierung setzt die Erneuerung des Bodenbereichs, inclusive Estrich und Dämmung, voraus. Des Weiteren sind die Sockelleisten, Putz und Tapeten zu entfernen und neu aufzubauen bzw. anzulegen. 


Der Bauherr nahm die Rohbauer sowie den Dachdecker als Gesamtschuldner auf Schadensersatz in Höhe der voraussichtlichen Sanierungskosten in Anspruch.

 

Die Beklagten wandten demgegenüber ein, dass aufgrund der BGH-Rechtsprechung (Urteil vom 22.02.2018 - VII ZR 46/17) keinen Schadensersatz auf Basis von fiktiven Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht werden könne.

 

  • Entscheidung des OLG Köln

 

Das OLG Köln stellt fest, dass der Bauherr die Sanierungskosten in Form von fiktiven Schadensbeseitigungskosten abrechnen kann. Die Rechtsprechung des BGH greife nur für den Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB. Daher sei dieselbe nicht auf die vorliegende Fallkonstellation anwendbar, die das Integritätsinteresse des Bestellers (also sein unabhängig von der konkreten Vertragsdurchführung bestehendes Interesse an der Unversehrtheit seiner Rechtsgüter) umfasst.

 

In dem zu entscheidenden Fall ist der Schaden nicht innerhalb der beauftragten Gewerke eingetreten, sondern an den Gewerken anderer Unternehmer. Es handelt sich somit um einen Mangelfolgeschaden.

 

Darüber hinaus soll die Rechtsprechung des BGH vermeiden, dass eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu einer Überkompensation des Bestellers führt. Eine solche Situation liegt im konkreten Fall nicht vor. Das Einfamilienhaus ist im Erdgeschoss ohne eine Sanierung aufgrund des Schimmelbefalls nicht bewohnbar.


- Praxishinweis

 

Zwar hat das BGH-Urteil vom 22.02.2018 (Az.: VII ZR 46/17) zu einer erheblichen Verunsicherung geführt, in welchen Bereichen der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch noch auf der Grundlage von fiktiven Kosten geltend machen kann.


Für das Kaufrecht wurde mittlerweile geklärt, dass das o.g. BGH-Urteil hierauf nicht anwendbar ist. Im Kaufrecht werden daher weiterhin fiktive Mängelbeseitigungskosten ersetzt. Der für Kaufrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 12.03.2021 (Az.: V ZR 33/19) entschieden, dass die im Bauvertragsrecht typische Überkompensation im Kaufrecht regelmäßig nicht zu erwarten ist. Beim Bau neuer Gebäude treten häufig Sachmängel auf, mit denen der Besteller „leben kann“. Dies ist im Kaufrecht in der Regel anders.


der V. Zivilsenat geht nach seinen eigenen Erfahrungen davon aus, dass beim Kauf gebrauchter Immobilien vor allem solche Sachmängel praktische Bedeutung haben, die die Eignung der Kaufsache, für die nach dem Vertrag vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung in Frage stellen, wie etwa Feuchtigkeit, Schadstoffbelastung, Schädlingsbefall oder auch eine fehlende Baugenehmigung (vgl. das BGH-Urteil vom 12.03.2021, Az.: V ZR 33/19). Mit solchen Mängeln kann der Besteller in der Regel gerade nicht „leben“.


Im Bereich des Werkvertragsrechts ist nach dem Urteil des OLG Köln vom 18.10.2022 (Az.: 11 U 247/21) zu unterscheiden, ob das Interesse des Bestellers an einer vertragsgerechten Ausführung betroffen ist (Erfüllungsinteresse), oder das Interesse an der Unversehrtheit seiner Rechtsgüter außerhalb des konkreten Vertragsverhältnisses (Integritätsinteresse).


Sofern das Integritätsinteresse betroffen ist, darf der Besteller nach der Auffassung des OLG Köln nach wie vor einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage der fiktiven Kosten geltend machen.


Anders dagegen, sofern es um das Erfüllungsinteresse des Bestellers an einer mangelfreien Ausführung geht. In diesem Fall kann der Besteller auf der Grundlage des BGH-Urteils vom 22.02.2018 (Az.: VII ZR 46/17) seinen Schaden nicht auf der Grundlage der fiktiven Mängelbeseitigungskosten ermitteln. Stattdessen hat er folgende Möglichkeiten:

  1. Er kann gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen, wobei der Kostenvorschuss alsdann zur tatsächlichen Behebung des Mangel verwendet werden und alsdann endgültig abgerechnet werden muss. Bei einer nicht fristgemäß durchgeführten Mängelbeseitigung muss er ggf. den kompletten Vorschuss zurückzahlen (kann aber ggf. mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen).

  2. Der Besteller kann den Mangel beseitigen lassen und die tatsächlich angefallenen Mängelbeseitigungskosten als Schaden gemäß § 634 Nr. 4, §§ 280, 281 BGB ersetzt verlangen. Vor Begleichung der Kosten kann er Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen.

  3. Wenn er den Mangel nicht beseitigen lassen will, kann er den Schaden im Wege einer Vermögensbilanz errechnen. Entscheidungserheblich ist die Differenz zwischen dem hypothetischen Wert der durch das Werk geschaffenen mangelfreien Sache und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel. Wenn der Besteller die Sache bereits veräußert hat, kann er den Schaden nach dem konkreten Mindererlös wegen des Mangels bemessen.

  4. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Schadensschätzung in Anlehnung an § 634 Nr. 3, 638 BGB, wobei von der vereinbarten Werkvertragsvergütung auszugehen ist. Der Minderwert wegen des nicht beseitigten Mangels bemisst sich alsdann nach dem durch der durch den Mangel erfolgten Störung des Äquivalenzverhältnisses.

Ein Sonderfall liegt vor, wenn der Mangel zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit führt (z.B. war das Erdgeschoss des Hauses in dem Fall, über den das OLG Köln zu entscheiden hatte, ohne eine Sanierung nicht mehr bewohnbar). In diesem Fall wird die Vermögensbilanz regelmäßig ergeben, dass der Wert der Sache mindestens in Höhe der aufzuwendenden Sanierungskosten gemindert wird (eventuell kommen weitere Abzüge hinzu, wie z.B. ein etwaiger merkantiler Minderwert).

 

In der Regel wird der Besteller in diesem Fall aber ohnehin an einer zügigen Sanierung interessiert sein und daher entweder Kostenvorschuss  oder die bereits aufgewandten Mängelbeseitigungskosten geltend machen. 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

 

Bundesverfassungsgericht: Erfolglose Verfassungsbeschwerde von Eltern gegen Sorgerechtsentziehung wegen des Verdachts der Kindesmisshandlung

(Stuttgart) Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde von Eltern nicht zur Entscheidung angenommen, denen wegen des Verdachts erheblicher Misshandlungen ihres zu den Vorfallzeitpunkten nur wenige Monate alten Kindes weite Teile des Sorgerechts entzogen wurden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts (BverfG) vom 11.11.2022 zu dem Beschluss vom 16. September 2022 – 1 BvR 1807/20.

Das als Beschwerdegericht zuständige Oberlandesgericht hat sich nach Einholung mehrerer medizinischer Gutachten und weiterer ärztlicher Stellungnahmen auf der Grundlage einer ausführlichen Beweiswürdigung die Überzeugung verschafft, dass sowohl der bei dem Kind festgestellte Spiralbruch eines Oberschenkels als auch der im Verhältnis zum Gesichtsschädel überdimensionierte Gehirnschädel auf körperlichen Misshandlungen im elterlichen Haushalt und nicht auf einem Unfallgeschehen oder einer Erkrankung des Kindes beruhen. Aus den in der Vergangenheit zugefügten Misshandlungen leitete das Oberlandesgericht ab, dass das Kindeswohl im elterlichen Haushalt auch zukünftig erheblich gefährdet sein werde und entzog deshalb den Eltern insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht mit einer Folge einer Fremdunterbringung des Kindes.

Die Eltern sahen sich dadurch vor allem in ihrem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, blieben mit ihrer auch darauf gestützten Verfassungsbeschwerde aber erfolglos.

  • Sachverhalt:

Die Beschwerdeführenden sind die miteinander verheirateten Eltern ihres am 29. August 2017 geborenen Kindes. Im September 2017 kam es in ihrem Haushalt zu einem nicht genau aufklärbaren Vorfall, aufgrund dessen das Kind einen Spiralbruch des rechten Oberschenkels erlitt, der operativ versorgt werden musste. Die Mutter rief deshalb einen Rettungswagen, der das Kind in ein Krankenhaus brachte. Dort wurden der Oberschenkelbruch sowie drei Hämatome am Unterschenkel festgestellt, die nach Einschätzung der behandelnden Ärzte zu Griffmarken passten. Nachdem zunächst von sorgerechtlichen Maßnahmen abgesehen worden war, wurde im November 2017 bei einer Untersuchung des Kindes festgestellt, dass der Gehirnschädel im Verhältnis zum Gesichtsschädel überdimensional war (Macrocephalie) und dass die Fontanelle vorgewölbt und gespannt war. Der Kopfumfang war bis dahin fortlaufend gemessen worden. Die Ärzte vermuteten ein Schütteltrauma und eine Misshandlung des Kindes durch die Beschwerdeführenden. Sie informierten das Jugendamt, das das Kind im Einverständnis mit den Eltern in Obhut nahm. Auch nach einer Untersuchung mittels Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) nahmen die Ärzte ein Schütteltrauma und die Einlagerung von Blut im Kopfbereich des Kindes an. Die Beschwerdeführenden erklärten, sich keinerlei Handlungen bewusst zu sein, die zu einem Schütteltrauma hätten führen können.

Das Amtsgericht hatte daraufhin den Eltern weite Teil des Sorgerechts, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, entzogen. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Eltern wies das Oberlandesgericht zurück. Nach seiner Prognose würde es für den Fall der Rückkehr des Kindes zu den Eltern mit hoher Wahrscheinlichkeit in überschaubarer Zeit aufgrund eines Erziehungsversagens eines Elternteils oder beider Elternteile zu einer erheblichen Schädigung der körperlichen Unversehrtheit des Kindes kommen. Die Prognose beruhe darauf, dass innerhalb der ersten drei Lebensmonate des Kindes zwei separate erhebliche Verletzungen entstanden seien, die beide Anlass für Rückschlüsse auf für die Zukunft relevante Einschränkungen der Erziehungsfähigkeit der Eltern gäben. Der Vater habe im September 2017 aufgrund groben Erziehungsversagens den rechten Oberschenkel des Kindes mit massiver Gewalt verdreht und gebrochen. Zudem sei es zwischen dem 2. Oktober und dem 14. November 2017 zu einer Einblutung zwischen harter und weicher Hirnhaut und einem Subduralhämatom gekommen. Das ursächliche Ereignis sei entweder eine massive zielgerichtete gewalttätige Einwirkung eines der Elternteile auf den Körper des Kindes oder zumindest ein Sturz des Kindes aus einer Höhe von mindestens 90 cm mit Aufprallen auf dem Kopf, den die Eltern jedenfalls bemerkt hätten, ohne die erforderliche medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auf welche Beweismittel und sonstigen Umstände das Oberlandesgericht seine Überzeugung von den vorgenannten Vorfällen stützt, hat es im von den die Verfassungsbeschwerde führenden Eltern angegriffenen Beschluss ausführlich dargelegt.

  • Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt die Möglichkeit einer Verletzung des Elternrechts der Beschwerdeführenden aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf.

1. Das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Art. 6 Abs. 3 GG erlaubt eine räumliche Trennung des Kindes von seinen Eltern nur unter der strengen Voraussetzung, dass das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre. Eine solche Gefährdung des Kindes ist dann anzunehmen, wenn bei ihm bereits ein Schaden eingetreten ist oder sich eine erhebliche Gefährdung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt. Ob eine Trennung des Kindes von der Familie verfassungsrechtlich zulässig und zum Schutz der Grundrechte des Kindes verfassungsrechtlich geboten ist, hängt danach regelmäßig von einer Gefahrenprognose ab. Dem muss die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens Rechnung tragen. Das gerichtliche Verfahren muss geeignet und angemessen sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die vom Gericht anzustellende Prognose über die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu erlangen. Bei dieser Prognose, ob eine solche erhebliche Gefährdung vorauszusehen ist, muss von Verfassungswegen die drohende Schwere der Beeinträchtigung des Kindeswohls berücksichtigt werden. Je gewichtiger der zu erwartende Schaden für das Kind oder je weitreichender mit einer Beeinträchtigung des Kindeswohls zu rechnen ist, desto geringere Anforderungen müssen an den Grad der Wahrscheinlichkeit gestellt werden, mit der auf eine drohende oder erfolgte Verletzung geschlossen werden kann, und desto weniger belastbar muss die Tatsachengrundlage sein, von der auf die Gefährdung des Kindeswohl geschlossen wird.

2. Aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde und den vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, dass die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgerichts diesen Anforderungen nicht genügt. Insbesondere werden deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die zu einer Verletzung des Rechts der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG führen können, nicht aufgezeigt. Das Oberlandesgericht hat ohne erkennbare verfassungsrechtlich relevante Fehler festgestellt, dass das Kind durch ein schweres Erziehungsversagen und eine bewusst gesteuerte Handlung des Vaters im September 2017 einen Spiralbruch des Oberschenkels und dass es durch einen weiteren Vorfall zwischen dem 2. Oktober und dem 14. November 2017 ein Subduralhämatom erlitten hat.

Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts weisen keine deutlichen Fehler auf, aus denen eine Verletzung des Elternrechts der Beschwerdeführenden folgen könnte. Das vom Oberlandesgericht hierbei herangezogene Beweismaß ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat in Übereinstimmung mit der fachrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Grundsätze der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zurückgegriffen und als Maß für den Beweis einen Grad von Gewissheit ausreichen lassen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Die hier vorzunehmende strenge verfassungsrechtliche Prüfung der Sachverhaltsfeststellung und -würdigung des Beschwerdegerichts gebietet keinen höheren Grad der Gewissheit. Dies liefe auf die Notwendigkeit einer in jeder Hinsicht unumstößlichen Sicherheit hinaus, die im Ergebnis praktisch unerfüllbare Anforderungen an den Beweis stellte. Angesichts der drohenden erheblichen Schädigungen des Kindeswohls sind keine erhöhten Anforderungen an die richterliche Überzeugung im Rahmen der Beweiswürdigung zu stellen. Die verfassungsrechtliche Überprüfung der Beweiswürdigung erstreckt sich auch im Fall einer nach Art. 6 Abs. 3 GG zu beurteilenden Trennung des Kindes von seinen Eltern trotz der intensiveren Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nur darauf, ob die Feststellungen auf einer tragfähigen Grundlage beruhen und ob sie nachvollziehbar begründet sind.

Ferner hat das Oberlandesgericht aufgrund der notwendigen Begehungsweise ohne erkennbare Rechtsfehler in der Beweiswürdigung festgestellt, dass der Vater zumindest in dem Bewusstsein gehandelt haben muss, dem Kind Schmerzen zuzufügen und es womöglich schwer zu verletzen, und es schließt einen bloßen ungeschickten Umgang mit dem Kind als Ursache der Verletzung nachvollziehbar aus. Es hat sich mit Hilfe der Behandlungsunterlagen, der Berichte der behandelnden Ärzte und rechtsmedizinischer Sachverständigengutachten davon überzeugt, dass es sich bei der Verletzung um einen Spiralbruch des Oberschenkels handelt, dessen Entstehung sowohl eine Drehbewegung als auch eine starke Beugung des Oberschenkels und insbesondere eine massive Gewalteinwirkung erfordert. Weiterhin schließt das Oberlandesgericht mit Hilfe der auf ihrer wissenschaftlichen Sachkunde beruhenden Ausführungen der rechtsmedizinischen Sachverständigen die von den Beschwerdeführenden vorgebrachten alternativen Geschehensabläufe wie eine Eigenbewegung des Kindes oder einen Sturz, nachdem das Kind aus den Armen gerutscht ist, in nicht zu beanstandender Weise aus. Entgegen der Behauptung der Eltern ist insoweit nicht erkennbar, dass die Ausführungen der Sachverständigen auf Vermutungen beruhen. Vielmehr stützen sich die Ausführungen ausweislich der Darstellung der Sachverständigengutachten auf die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die notwendige Entstehungsweise der Verletzung, aus der die Sachverständigen ‒ und ihnen folgend das Oberlandesgericht ‒ auf die dazu erforderlichen Vorgänge schließen.

Ebenso stellt das Oberlandesgericht ohne erkennbare Fehler fest, dass das Kind durch einen weiteren Vorfall zwischen dem 2. Oktober und dem 14. November 2017 ein Subduralhämatom erlitten hat und dass mindestens ein Elternteil das Verletzungsgeschehen zumindest mitbekommen haben muss. Weder die Feststellung, dass das Kind ein Subduralhämatom erlitten hat noch die Feststellung, dass diese Verletzung im vorgenannten Zeitraum erfolgt ist und dass sie durch ein Geschehen entstanden sein muss, das zumindest ein Elternteil bemerkt hat, ist verfassungsrechtlich zu beanstanden. Das Oberlandesgericht hat in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise festgestellt, dass das Kind ein Subduralhämatom erlitten hat. Es hat nachvollziehbar und unter Bezugnahme auf die verschiedenen medizinischen Sachverständigengutachten dargelegt, dass bei einer MRT-Untersuchung am 15. November 2017 ein subdurales Hygrom erkannt worden sei. Zwar hat die radiologische Sachverständige insoweit erklärt, dass aufgrund einer rein radiologischen Beurteilung nicht auf ein Subduralhämatom geschlossen werden könne, weil lediglich eine Ansammlung einer anderen Flüssigkeit als Hirnflüssigkeit radiologisch festzustellen sei. Entgegen der Ansicht der Eltern stützt das Oberlandesgericht seine Feststellung aber nicht alleine hierauf, sondern insbesondere auf die Ausführungen der rechtsmedizinischen Sachverständigen Dr. B. Aufgrund dieser Ausführungen hat das Oberlandesgericht sämtliche anderen möglichen Ursachen des subduralen Hygroms als eine vorangegangene Subduralblutung ausgeschlossen. Es hat ausführlich dargelegt, warum es eine Stoffwechselerkrankung als mögliche Ursache dieser Flüssigkeitsansammlung ausschließt. Nicht zu beanstanden ist insoweit, dass das Oberlandesgericht auf eine aufwändige, nur durch ein Labor im Ausland mögliche Untersuchung zum vollständigen Ausschluss dieser Krankheit verzichtet hat, nachdem sonstige typische Symptome dieser Krankheit nicht erkennbar sind, sowohl ein Neugeborenen Screening als auch eine molekulargenetische Untersuchung keine Hinweise auf das Vorliegen dieser Krankheit ergeben haben und die Sachverständige Dr. B. unter Bewertung aller Faktoren das Vorliegen dieser Krankheit als medizinisch ausgeschlossen angesehen hat. Mit den hier maßgeblichen strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Feststellung und Würdigung ist es vereinbar, dass das Oberlandesgericht sich nicht veranlasst gesehen hat, einem behaupteten alternativen Ursachenzusammenhang nachzugehen, für dessen Vorliegen die sonstigen beanstandungsfrei gewonnenen Beweisergebnisse keine konkreten Anhaltspunkte ergeben haben.

Auch die Feststellung, dass die Subduralblutung ‒ wenn nicht durch eine Misshandlung des Kindes durch starkes Schütteln ‒ zumindest durch einen schweren Unfall, insbesondere durch ein Sturzereignis aus einer Höhe von mindestens 90 cm, verursacht wurde, ist nachvollziehbar begründet und beruht auf einer hinreichenden Grundlage. Insofern hat das Oberlandesgericht mit Hilfe der medizinischen Sachverständigen die möglichen Verletzungsursachen überzeugend auf diese Möglichkeiten eingegrenzt. Angesichts dieses Hergangs der Verletzungen ist auch die Schlussfolgerung überzeugend, dass mindestens ein Elternteil das Geschehen zumindest mitbekommen hat, ohne medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Helene – Monika Filiz

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Schadensersatzanspruch - Geltendmachung fiktiver Sanierungskosten

 

(Kiel)  Mit der Frage des Umfangs des Schadensersatzanspruches bei Beschädigungen der nachbarlichen Immobilie, infolge der Durchführung von Sanierungsarbeiten am eigenen Grundstück, hat sich soeben das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Oldenburg vom 08.07.2022, Az.: 6 U 328/21. Sie empfahl, im Rahmen von Sanierungsarbeiten am eigenen Haus stets eventuelle Auswirkungen auf das Nachbargrundstück mit zu bedenken.

 

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hatte über die Auswirkungen von Sanierungsarbeiten auf das Nachbargrundstück zu entscheiden.

 

Die Kläger waren von Bau- und Sanierungsarbeiten des Beklagten, der ein geerbtes Elternhaus hatten sanieren lassen, betroffen. Hierbei wurde Wasser aus dem Keller nach draußen gepumpt, wobei der Beklagte – irriger Weise – davon ausgegangen war, dass keine Ableitung in die Kanalisation erforderlich sei, da das Wasser im Grundstück versickern würde.

Das Wasser drang allerdings in das Hause des Nachbarn, des Klägers, über einen Lichtschacht ein und durchnässte die Wände und den Fußboden.

Der klagende Nachbar begehrte ca. € 6.700,00 ersetzt, wobei ihm das erstinstanzlich erkennende LG Osnabrück ihm die Hälfte der Klageforderung zusprach.

Bei dem geltend gemachten Betrag handelte es sich um die Kosten, die eine Fachfirma für die ordnungsgemäße Schadensbeseitigung veranschlagt hätte. Daher war das LG Osnabrück der Auffassung, es sei kein voller Ersatz geschuldet, da der Kläger seinerseits keine Vorsorge dafür getroffen habe, dass das Wasser aus dem Lichtschacht auch bei Frost ablaufen könne. Er habe zudem den Schaden selbst behoben. Derenthalben sei ihm die Geltendmachung des Betrages, den eine Fachfirma für die Schadensbeseitigung veranschlagt hätte, verwehrt.

Das OLG Oldenburg vertrat demgegenüber eine anderweitige Rechtsansicht.

 

Es sah die klägerische Forderung als im vollem Umfang gerechtfertigt an. Zwar sei der Lichtschacht z.T. nicht in Ordnung gewesen. Diese Unzulänglichkeit hätte sich aber, unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens, nicht auf den Schaden ausgewirkt. Insbesondere steht dem Kläger im Rahmen des Schadensersatzanspruches der Betrag der fiktiven Kosten, die eine Fachfirma für die Schadensbeseitigung veranschlagen würde, zu. Denn der Schädiger solle aus dem Umstand, dass der Geschädigte den Schaden selbst beseitigt, keinen Profit ziehen. Der Geschädigte kann mithin eine fiktive Abrechnung seinem Schadensersatzanspruchsberechnung zugrunde legen, mithin den Schaden selbst beseitigen und gleichwohl die Kosten geltend machen, die eine Fachfirma veranschlagen würde.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Geschenkt ist geschenkt – auch in einer Beziehung!

 

Eine Rückforderung hochpreisiger Geschenke ohne anderweitige Vereinbarung ist nicht möglich

(Stuttgart) Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte soeben über Ausgleichsansprüche für Luxusausgaben bei gehobenem Lebensstil nach Beendigung einer unehelichen Lebensgemeinschaft zu entscheiden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 12. Oktober 2022 – Az. 17 u 125/21.

Nach der Trennung im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft forderte der ehemalige Partner seine hochpreisigen Geschenke zurück. Allerdings entsprachen diese Aufwendungen – dem OLG folgend - dem üblichen Lebensstil im Rahmen dieser nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Insoweit scheiterte der Rückforderungsanspruch des Partners an dem Umstand, dass im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit einer jederzeitigen Trennung zu rechnen sein muss.

Insoweit erhielt der schenkende Mann von seiner Ex-Partnerin nicht die ihr gewährten 200.000 Euro und auch keine hochpreisigen Geschenke zurück. Gegenstände, die während einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dem Partner geschenkt werden, können nämlich nur bei grobem Undank zurückgefordert werden, so das OLG Frankfurt in dem Urteil.

Hintergrund der von dem OLG Frankfurt am Main zu entscheidenden Sachverhaltes war der Umstand, dass sich die Partner bereits von Jugend auf kannten. Beide waren "finanziell gut situiert. Im Rahmen der nur ca. 1 ½ Jahre andauernden nichtehelichen Lebensgemeinschaft pflegte das Paar einen gehobenen Lebensstil. Der Partner überließ u.a. seiner damaligen Partnerin eine American Express Platinum Card zur freien Verfügung. Die Partnerin gab mit derselben ca.  100.000 Euro aus. Dem Lebensstil des Paares entsprach es auch, kostenaufwändige Reisen, Einkäufe von Luxusgütern (z.B. Chanel) zu tätigen. Es wurden auch u.a. ein Paar wertvolle Diamant-Ohrringe erworben, die der zuwendende Ex-Partner wieder zurückhaben wollte.

Die Trennung der Parteien verlief schwierig (u.a. Sachbeschädigungen, Kontaktverbot). Daraufhin forderte der Ex-Partner ca. € 200.000,00 und die hochpreisen Diamant-Ohrringe von seiner Ex-Partnerin zurück. Er wandte ein, dass es sich hinsichtlich der Geldbeträge um Darlehen gehandelt habe. Bezüglich der geschenkten Diamant-Ohrringe wurde gleichfalls eine Rückforderung geltend gemacht.

Vergeblich, wie das OLG Frankfurt am Main in seiner Entscheidung ausführte. Mit einer Trennung müsse im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft jederzeit gerechnet werden.

Ausgleichsansprüche bestünden nicht. Zwar blieb der Umstand der Kreditkartenüberlassung offen. Hierauf kam es entscheidungserheblich nicht an, weil der ehemalige Partner nicht beweisen konnte, dass es sich um eine Darlehensgewährung gehandelt habe.

Darüber hinaus fehle es an einem wirksamen Widerruf der Schenkungen. Voraussetzungen eines Schenkungswiderrufs im Sinne des Gesetzes ist ein „grober Undank“ des Beschenkten. Das Scheitern einer Beziehung stellt allerdings keinen „groben Undank“ dar. Vielmehr liege es gerade im Wesen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dass dieselbe jederzeit ohne weitere Begründung beendet werden kann.

Das Vorliegen einer objektiven Verfehlung des Beschenkten von gewisser Schwere, die darauf rückschließen lassen könnte, dass in subjektiver Sicht eine erhebliche Undankbarkeit vorliegt, konnte seitens des OLG Frankfurt am Main nicht festgestellt werden.

Unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls wies das OLG Frankfurt am Main darauf hin,  dass die Geschenke "einem luxuriösen, exklusiven, eher konsumorientierten Lebensstil entsprachen. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Parteien waren dieselben „finanziell gut situiert“. Es entsprach deren Lebensstil, neben dem Einkauf hochpreisiger Luxusgüter, teure Reisen vorzunehmen und teure Restaurants zu besuchen.

Auch einer Rückforderung der Geschenke als gemeinschaftsbezogene Aufwendungen, sogenannte "unbenannte Zuwendungen“ wurde durch das erkennende OLG Frankfurt am Main eine Absage erteilt. Erfasst seien dabei nur Leistungen, denen eine besondere Bedeutung gerade auch für die Zukunft zukomme. Bei den gut 200.000 Euro und den Diamant-Ohrringen sei es aber nur darum gegangen, "den gewöhnlichen Konsum im Hier und Jetzt abzudecken".

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann Zulassung der Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) begehrt werden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Rückgabe einer Gewährleistungsbürgschaft

 

(Kiel)  Mit dem Ort der Rückgabe der Gewährleistungsbürgschaft hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 30.05.2022 – 22 W 22/22.

 

Nach Entfall des Sicherungszwecks (Ablauf der Verjährungsfristen von Mängelansprüchen) ist die Sicherungsbürgschaft, mangels einer anderweitigen Vereinbarung nach Maßgabe des § 269 Abs. 1 BGB, im Zweifelsfalle durch den Unternehmer bei dem Besteller abzuholen.

 

Zweifelhaft erscheint, ob dies entsprechend auf für das Stellen einer vom Unternehmer nach Maßgabe des § 650 f BGB geforderten Bauhandwerkersicherheit Geltung beansprucht. Zwar würde dies eine nicht unerhebliche Erleichterung für den Besteller darstellen, da die unternehmerseits gesetzten Fristen zwar häufig rechtlich ausreichend erscheinen (z.B. 7 Bankarbeitstage), allerdings gleichwohl im Hinblick auf Antrag, Ausstellung und Zustellung des Originals der Bürgschaftsurkunde in der Praxis recht knapp bemessen und daher häufig bereits unter Praktikabilitätsaspekten nicht einzuhalten ist.

 

In konsequenter Anwendung der rechtlichen Erwägungen des OLG Frankfurt am Main wäre demnach bereits eine fristgerechte Mitteilung des Bestellers an den Unternehmer dahingehend, dass die Bürgschaftsurkunde bei dem Besteller zur Abholung bereit liegt, ausreichend.

 

Allerdings ist bislang keine richterliche Klärung dahingehend, ob der vorstehend genannte Grundsatz auch für die Bauhandwerkersicherung nach Maßgabe § 650 f BGB Geltung beansprucht erfolgt.

 

Dementsprechend ist dem Besteller mithin – nach wie vor – unter Zugrundelegung der Einhaltung des Grundsatzes des sichersten Rechtsweges zu empfehlen fristgerecht das Original der Bürgschaftsurkunde dem Auftragnehmer zuzustellen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Verbindlichkeit einer Baubeschreibung

 

(Kiel)  Mit der Frage der Verbindlichkeit einer Baubeschreibung hat sich das OLG Düsseldorf soeben auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 15.12.2021 – 22 U 184/21.

Das OLG Düsseldorf wies mit Hinweisbeschluss vom 15.12.2021 darauf hin, dass die die zulässige Berufung keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat.

Der Senat folgte der rechtlichen Einschätzung des LG dahingehend, dass aus der Baubeschreibung nicht gefolgert werden könne, dass die Heizschleifen der Fußbodenheizung auch unterhalb der Fliesen im Duschbereich verlegt werden mussten.

Die Baubeschreibung lautete wie folgt:

„Die Beheizung der gesamten Wohnanlage erfolgt über einen Gas-Brennwertkessel. Die Heizlast wird nach der DIN EN 12831 ermittelt. Als Wärmeübertragungselement wird ein diffusionsdichtes Fußbodenheizungs-system mit Einzelraumregelung eingesetzt.“ (Seite 15)

 

„Die Dusche erhält einen Natursteinboden (4- bis 6-tlg.) mit einer Entwässerungsrinne. Die Duschen in den Masterbädern werden bodengleich ausgeführt, während die Duschen in den Gästebädern aus technischen Gründen eine Stufe von ca. 15 cm haben.“ (Seite 7)

 

Mit der „gesamten Wohnanlage“ ist das Mehrfamilienhaus gemeint. Wenn von einer Fußbodenheizung als Wärmeübertragungselement die Rede ist, ist damit nur gesagt, dass die Räume der Wohnungen mit einer Fußbodenheizung geheizt werden sollen. Keine Aussage ist dazu getroffen, dass jedwede Bodenfläche mit Heizschleifen unterlegt ist.

 

Die Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 02.06.2009 (VII ZR 54/07, NZBau 2009, 648) ist nicht weiterführend. Die Entscheidung des BGH befasst sich mit dem Schallschutz einer Wohnung im Hinblick darauf, dass die den Schallschutz regelnde DIN überholt ist und nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Der Sachverständige hat festgestellt, dass es keine technische Regelung dazu gibt, dass ein Boden auch im Duschbereich beheizt sein müsste.

 

Die nachfolgend von der Berufung geäußerte Ansicht, ein „üblicher Qualitäts- und Komfortstandard“ sei dadurch „geprägt“, „wonach die Dusche hätte beheizt werden können“, trifft nicht zu.

 

Der Sachverständige hat lediglich ausgeführt, dass ein „Trend zur Bodenerwärmung im Duschbereich erkennbar“ sei, weil von der Industrie Fußbodentemperierungen zum Nachrüsten auf elektrischer Basis angeboten würden. Er hat dies als Herstellung „maximalen Komforts“ bezeichnet. Ferner hat er ausgeführt, dass bei der Installation von Duschwannen, die auf Estrich mit der vorgeschriebenen Schallentkoppelung aufgebracht würden, üblicherweise die Fußbodenheizung nicht unter die Duschwanne geführt werde, da dies „heiztechnisch“ nicht sinnvoll sei (Gutachten vom 23.12.2015, BA IV/708). Im streitgegenständlichen Bad sei die Beheizung des Bodens in der Dusche deshalb möglich, weil eine handwerklich hergestellte, ebenerdige Dusche ausgeführt worden sei (Gutachten vom 28.04.2017, BA V/1057). Er, der Sachverständige, sehe in „Luxuswohnungen“ den beheizten Duschboden als Standard an (Gutachten vom 28.04.2017, BA V/1083).

 

c)Der rechtlichen Beurteilung des Sachverständigen, in einer Luxuswohnung sei ein beheizter Duschboden Standard, folgt der Senat nicht. Der Sachverständige ist zu einer rechtlichen Beurteilung nicht berufen. Das ist bei der Formulierung der Beweisfrage im selbständigen Beweisverfahren nicht bedacht worden.

 

Für die Bestimmung der geschuldeten Leistung bedarf es der Auslegung des gesamten Vertragswerks und der Begleitumstände, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat. Wenn danach auch von einer gehobenen Wohnsituation auszugehen ist, so kann aus dem Erwerb einer „Luxuswohnung“ nicht darauf geschlossen werden, dass jede erdenkliche Einrichtung oder technische Vorkehrung zur Erreichung „maximalen Komforts“ einzubauen ist. In der Baubeschreibung wird „Komfort auf hohem Niveau“ versprochen (Baubeschreibung Seite 19). Zudem haben die Kläger im Schriftsatz vom 20.05.2021 Folgendes vorgetragen:

 

„Dies ist auch auf dem Hintergrund zu sehen, dass die Beklagte in der Sonderwunschliste die Option einer Beheizung des Duschbodens der walk-in Dusche nicht aufgelistet hatte, hingegen aber u. a. einen Handtuchheizkörper.“

 

Wenn schon ein Handtuchheizkörper ein „Sonderwunsch“ ist, dann kann der Erwerber nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass auch der Duschboden beheizt ist.

 

Der schillernde Begriff des „Luxus“ (oder die Verwendung des Worts „exclusiv“) erlaubt für den vorliegenden Fall keinen Rückschluss darauf, ob der Duschboden beheizt sein muss. Die Begriffe „Luxus“ und „exclusiv“ werden in der Werbung inflationär verwendet. Was „Luxus“ oder „exclusiv“ ist, wird zudem individuell durchaus unterschiedlich bewertet. So mag dem einen Erwerber ein üppiger Stil mit vergoldeten Armaturen zusagen, während dem anderen Erwerber eine puristische Gestaltung behagt. Solche individuellen Unterschiede können auch für die Frage eine Rolle spielen, ob der Duschboden beheizt ist oder nicht. So könnte ein passionierter Kaltduscher eine beheizte Bodenplatte gar als Nachteil empfinden. Denn bei Verlegung von Heizschleifen unterhalb dem Duschboden kann die Heizung dort nicht unabhängig von der Beheizung des Bades reguliert werden. Andere Nutzer könnten es als willkommene Abhärtung oder Ertüchtigung empfinden, wenn sie den Fuß auf die geringfügig kältere (nach dem Sachverständigen B. ist von 5 Grad Differenz auszugehen, die Kläger gehen von 8 Grad aus) Fliese der Dusche setzen und dann Linderung durch das herabprasselnde warme Wasser erfahren. Wieder anderen Nutzern mag in der Tat an einem beheizten Duschboden gelegen sein; das bedeutet aber nicht, dass er „selbstverständlich“ geschuldet ist. Denn in Wohnungen üblichen Qualitäts- und Komfortstandards, die mit Duschtassen ausgestattet sind, ist eine Beheizung gerade nicht üblich. Wenn es danach in der Baubeschreibung heißt, dass im Masterbad (nicht im Gästebad) eine bodengleiche Dusche installiert wird, ist dies nach der Baubeschreibung das „mehr“ gegenüber einer „normalen“ Wohnung. Wenn der Erwerber noch „mehr“ – nämlich einen beheizten Duschboden haben möchte – muss er dieses, nach den Erfahrungen des Senats doch recht spezielle Anliegen, zum Ausdruck bringen und versuchen, den Leistungsumfang entsprechend zu erweitern

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Wann liegt ein Verbraucherbauvertrag vor?

 

(Kiel)  Mit dem Begriff des Verbraucherbauvertrages und dessen Umfang hat sich das Kammergericht Berlin auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Kammergerichts (KG) Berlin vom 16.11.2021 – 21 U 41/21.

 

Der Verbraucherbauvertrag ist in § 650 i Abs. 1 BGB durch den Gesetzgeber definiert worden. Demnach handelt es sich bei Verbraucherbauverträgen um Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Dem Gesetzeswortlaut entsprechend bestehen Unsicherheiten hinsichtlich des Umfangs von Baumaßnahmen, der erforderlich ist, um eine „erhebliche Umbaumaßnahme“ im Sinne des § 650 i Abs. 1 BGB anzunehmen.

 

Der Entscheidung des KG v. 16.11.2021 folgend setzt ein Verbraucherbauvertrag erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude (§ 650 i Abs. 1 BGB) voraus. Das ist dann der Fall, wenn  das Auftragsvolumen dem eines Vertrags über die Errichtung eines Neubaus gleichkommt. Darüber hinaus ist grundsätzlich erforderlich, dass der Verbraucher mit sämtlichen der von ihm geplanten Baumaßnahmen nur einen einzigen Unternehmer beauftragt.

 

Die Parteien des Rechtsstreites stritten im Wesentlichen darum, ob es sich bei den beauftragten Arbeiten des Klägers (Eigentümer) gegenüber dem beklagten Schreinermeister, die das Abschleifen einer Treppe in dem Haus und diverse Sanierungsarbeiten beinhalteten, um einen Verbraucherbauvertrag gem. §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB gehandelt und der Kläger als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB diesen Vertrag abgeschlossen hatte.

 

Dies hat das KG bejaht und ausgeführt, dass der Kläger zwar das Haus, in dem der Beklagte die Sanierungsarbeiten ausführen sollte, einer Vermietung zugeführt hatte. Da es sich aber um ein Einfamilienhaus gehandelt habe, hat diese Vermietung nicht den Charakter einer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit, sondern ist als bloße Vermögensverwaltung zu bewerten (OLG Rostock, Urt. v. 26.09.2018, 1 U 130/16; OLG Dresden, Urt. v. 10.06.2015, 5 U 1847/14; KG, Urt. v. 11.12.2014, 10 U 62/14).

 

Der Bauvertrag über die streitgegenständlichen Sanierungsarbeiten war unstreitig mündlich außerhalb von Geschäftsräumen des Auftragnehmers i.S.d. § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB geschlossen worden. Dabei sah es das KG als unerheblich an, dass dieses Treffen auf die Initiative des Klägers zurückging und dass die Parteien zuvor bereits mehrere Mails ausgetauscht hatten. Ob ein Außer-Geschäftsraum-Vertrag im Sinne von § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB möglicherweise dann nicht gegeben ist, wenn die Parteien vor dem Vertragsschluss schon einmal am selben Ort zu Vertragsgesprächen zusammengetroffen waren, konnte vorliegend offenbleiben, da die Beklagte offenbar die Baustelle ohne den Kläger besichtigt hatte.

 

Es handelt sich laut den Feststellungen des Kammergerichts nicht um einen Verbraucherbauvertrag nach §§ 312 Abs. 2 Nr. 3, 650 i BGB.

 

Das bei einem Außer-Geschäftsraum-Vertrag gem. §§ 312 b, 312 g BGB bestehende Widerrufsrecht des Verbrauchers ist nicht gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB ausgeschlossen. Dazu müsste es sich bei dem Vertrag zwischen den Parteien um einen Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650 i Abs. 1 BGB handeln.

 

Die Frage, wann Umbaumaßnahmen im Bestand als „erheblich“ anzusehen sind, eröffnet einen Auslegungsspielraum. Es hat – so das entscheidende Gericht - eine enge Auslegung des Begriffs „Verbraucherbauvertrag“ zu erfolgen.

 

Für die Rechtslage vor dem 01.01.2018, als § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB bereits dieselbe Regelung nur ohne den Verweis auf den seinerzeit noch nicht geschaffenen § 650 i BGB enthielt, hat der BGH dies ausdrücklich bestätigt (BGH, Urt. v. 30.08.2018, VII ZR 243/17, Rn. 16).

 

Für die Rechtslage des BGB nach Inkrafttreten des BauVertrRRG hat dies weiter zu gelten. Zwar führt eine enge Auslegung des Begriffs „Verbraucherbauvertrag“ dazu, dass auch der hieran seit dem 01.01.2018 anknüpfende und in §§ 650 i ff. sowie § 650 f Abs. 6 S. 1 Nr. 2 BGB geregelte Verbraucherschutz in seinem Anwendungsbereich eingeschränkt wird. Dies ist isoliert betrachtet dem Zweck von Maßnahmen des Verbraucherschutzes zuwiderlaufend.

 

Der Begriff des Verbraucherbauvertrages ist aber auch nach dem Inkrafttreten des BauVertrRRG nicht nur Positivkriterium für den Verbraucherschutz nach §§ 650 i ff. BGB, sondern zugleich Negativ- oder Ausschlusskriterium für den Verbraucherschutz aus §§ 312 ff. BGB. Eine enge Auslegung des Begriffs „Verbraucherbauvertrag“ führt deshalb dazu, dass der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzes aus §§ 312 ff. BGB vergrößert wird. Ist der Begriff des Verbraucherbauvertrags somit eng auszulegen, können Umbaumaßnahmen in einem Bestandsgebäude folglich erst dann als „erheblich“ angesehen werden, wenn sie in ihrem Umfang einem Neubau gleichkommen und somit mehrere Gewerke umfassen. Auf jeden Fall muss der Verbraucher alle Gewerke, die er im Rahmen seines Vorhabens beauftragten will, an einen Unternehmer übertragen, denn im gleichgestellten Fall eines Vertrags über den Bau eines neuen Gebäudes wäre es ebenso („Bauen aus einer Hand“, vgl. BGH, Urt. v. 30.08.2018, VII ZR 243,/17; OLG Köln, Urt. v. 23.03.2017, 16 U 153/15; Retzlaff in: Palandt/BGB, 80. Aufl. 2021, § 650 i BGB, Rn. 1 und 4; Langjahr in: Leupertz/Preussner/Sienz, Bauvertragsrecht, 2. Aufl. 2021, § 650 i BGB, Rn. 15 f.; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 27.04.2021, 24 U 198/20).

 

In dem vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen eines Verbraucherbauvertrages nicht erfüllt, der Widerruf rechtzeitig erkärt und somit die erhaltenen Zahlungen an den Kläger zurückzuerstatten.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

Haftung des Bauunternehmers für unzureichende Gebäudeabdichtung

 

(Kiel)  Mit der Frage des Haftung des Bauunternehmers für eine unzureichende Gebäudeabdichtung, wenn aufgrund der Bodenverhältnisse mit drückendem Wasser gerechnet werden muss, setzte sich das Oberlandesgericht (OLG) Köln auseinander.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Köln vom 2.02.2022 – 11 U 44/21.

 

Eine Abdichtung der Außenwände eines Hauses gegen Bodenfeuchte und nicht stauendes Sickerwasser ist mangelhaft, wenn aufgrund der gegebenen Bodenverhältnisse mit drückendem Wasser gerechnet werden muss. Das gilt auch dann, wenn nach der von einem Fertig- bzw. Massivhausanbieter aufgestellten Leistungsbeschreibung eine weitergehende Abdichtung nicht vorgesehen und der Einbau einer eventuell erforderlichen Drainage Bauherrenleistung ist.

 

Der Fertig- bzw. Massivhausanbieter wird in diesem Fall nur dann von seiner Gewährleistung frei, wenn er den Besteller nach Klärung der örtlichen Bodenverhältnisse unmissverständlich auf das Erfordernis einer Drainage für das konkrete Bauvorhaben und die Risiken einer nicht den Anforderungen entsprechenden Abdichtung hinweist. Der allgemeine Hinweis in einem mehrseitigen Nachtrag zur Bau- und Leistungsbeschreibung, dass die standardmäßige Abdichtung dem Lastfall „nicht stauendes Sickerwasser“ entspricht, ohne Einbau der Drainage überwiegend der Lastfall „aufstauendes Sicherwasser“ auftritt und der  Einbau einer Drainage nach DIN 4109 in Bauherren Eigenleistung dringend erforderlich ist, genügt nicht.

 

Hat nach dem Vertrag über die Erstellung eines Fertig- bzw. Massivhauses der Besteller ein Bodengutachten beizubringen, muss er sich gem. §§ 254, 278 BGB eventuelle Fehler des Bodengutachtens (falsche bzw. widersprüchliche Bewertung des Lastfalls) als Mitverschulden anrechnen lassen.

 

Die Klägerin begehrt einen Vorschuss zur Mängelbeseitigung. Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu einem vereinbarten Festpreis mit der Planung und Erstellung eines Einfamilienhauses ohne Keller als Ausbauhaus auf einem von der Klägerin zuvor erworbenen unbebauten Grundstück.

 

Das Werk der Beklagten ist mangelhaft i.S.d. § 633 II BGB. Nach dieser Norm ist ein Werk frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Welche Beschaffenheit des Werks von den Parteien vereinbart worden ist, ergibt sich aus der Auslegung des Vertrags. Üblicherweise sichert der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zu. Entspricht die Werkleistung diesen nicht, liegt regelmäßig ein Werkmangel vor. Ein Werk ist allerdings auch dann mangelhaft, wenn es zwar die anerkannten Regeln der Technik einhält und der vereinbarten Ausführungsart entspricht, gleichwohl aber nicht funktionstauglich und zweckentsprechend ist. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Abnahme.

 

Ein Mangel ist bereits darin zu erkennen, dass der Sockelputz keine mineralische Dichtschlämme aufweist. Dies stellt einen Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Bautechnik dar. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, hätte in Anlehnung an die einschlägige Richtlinie Fassadensockelputz Außenanlage, Richtlinie für die fachgerechte Planung und Ausführung des Fassadensockelputzes sowie des Anschlusses der Außenanlage eine mineralische Dichtschlämme 5 cm oberhalb des vorhandenen Belags ausgeführt werden müssen.

 

Ein weiterer Mangel liegt bei der eingebrachten Gebäudeabdichtung vor. Diese entspricht nicht dem tatsächlichen Lastfall.

 

Die Beklagte durfte auf die Angaben des Bodengutachtens nicht vertrauen. Der Bauunternehmer darf sich zwar grundsätzlich auf die Erkenntnisse eines Sonderfachmanns verlassen. Der Unternehmer hat das Bodengutachten jedoch auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten zu untersuchen. Maßgeblich für den Umfang der Prüf- und Hinweispflicht ist, ob dem Auftragnehmer der von ihm als Fachunternehmen zu erwartenden Prüfung Bedenken gegen die geplante Ausführung hätte kommen müssen. Wird die Bauleistung von Fachfirmen mit besonderen Spezialkenntnissen ausgeführt, so verstärkt sich die Prüfungsverpflichtung.

 

Zur Haftung des Architekten für unzureichende Planung bei drohendem drückenden Wasser vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2015, 98. Die Hinweispflicht des Architekten auf die Erforderlichkeit der Einholung eines Baugrundgutachtens behandelt (OLG Naumburg NZBau 2014, 364).

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

Bundesverfassungsgericht: Ausschluss ausländischer Staatsangehöriger mit humanitären Aufenthaltstiteln vom Kindergeld verfassungswidrig

(Stuttgart) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat auf die Vorlage eines Finanzgerichts entschieden, dass § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (im Folgenden: EStG 2006) gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt und die Vorschrift für nichtig erklärt.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 3.08.2022 zu seinem Beschluss vom 28. Juni 2022 – Az. 2 BvL 9/14, 2 BvL 14/14, 2 BvL 13/14, 2 BvL 10/14.

Die vorgelegte Vorschrift sieht vor, dass Staatsangehörige der meisten Nicht-EU-Staaten, denen der Aufenthalt in Deutschland aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist, nur dann einen Anspruch auf Kindergeld haben, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten und zusätzlich bestimmte Merkmale der Arbeitsmarktintegration erfüllen, das heißt entweder im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind, Arbeitslosengeld I beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen.

Nach Einleitung des Vorlageverfahrens wurde § 62 Abs. 2 EStG mit Wirkung zum 1. März 2020 geändert.

  • Sachverhalt:

Nach § 62 Abs. 2 EStG 2006 ist die Gewährung von Kindergeld an nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Staatsangehörige davon abhängig, über welche Art von Aufenthaltstitel sie verfügen. Ausländer, die eine (stets unbefristete) Niederlassungserlaubnis besitzen, haben einen Anspruch auf Kindergeld (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG 2006). Demgegenüber haben Ausländer, denen lediglich eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist, nur dann einen Kindergeldanspruch, wenn die erteilte Aufenthaltserlaubnis eine Erwerbstätigkeit erlaubt oder erlaubt hat (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG 2006).

Demgegenüber haben nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Staatsangehörige, denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erlaubt ist (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG 2006), regelmäßig keinen Anspruch auf Kindergeld. Sie sind nur ausnahmsweise anspruchsberechtigt, wenn sie sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a EStG 2006) und eines der in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 genannten Merkmale der Arbeitsmarktintegration erfüllen.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2012 (BVerfGE 132, 72) hatte das Bundesverfassungsgericht in einem früheren Verfahren festgestellt, dass die mit § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 wortgleichen Regelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BEEG) und des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BErzGG) gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstoßen und nichtig sind.

In den vier Ausgangsverfahren machen nicht freizügigkeitsberechtigte ausländische Eltern mit Wohnsitz im Inland Ansprüche auf Kindergeld geltend. Alle Anträge wurden abgelehnt, weil zwar ein Aufenthaltstitel im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG 2006 vorliege, die zusätzlich erforderlichen Merkmale der Arbeitsintegration (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006) jedoch nicht erfüllt seien. Hiergegen reichten die Betroffenen jeweils Klage beim Finanzgericht ein. Dieses hat die Verfahren ausgesetzt und gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Prüfung vorgelegt, ob § 62 Abs. 2 EStG 2006 verfassungswidrig sei.

Nach Einleitung des Vorlageverfahrens wurde § 62 Abs. 2 EStG mit Wirkung zum 1. März 2020 geändert. Nach dem in die Vorschrift neu eingefügten § 62 Abs. 2 Nr. 4 EStG erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld, wenn er einen der in Nr. 2 Buchstabe c genannten humanitären Aufenthaltstitel besitzt und sich seit mindestens 15 Monaten erlaubt, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält; auf eine Integration in den deutschen Arbeitsmarkt kommt es in dieser Variante nicht mehr an.

- Wesentliche Erwägungen des Senats:

I. Die Vorlagen sind zulässig, soweit sie § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 betreffen. Soweit das Vorlagegericht darüber hinaus ausdrücklich § 62 Abs. 2 EStG 2006 insgesamt mit den dort erfassten zusätzlichen Fallgruppen zur verfassungsrechtlichen Prüfung stellt, sind sie hingegen unzulässig, weil es auf diese Fallgruppen für die vorliegenden Fälle nicht ankommt.

II. § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 ist formell verfassungsmäßig, insbesondere besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alternative 1 GG. Soweit das Kindergeld nach § 31 Satz 2 EStG nicht der steuerlichen Freistellung des kindbedingten Existenzminimums, sondern der Förderung der Familie dient, handelt es sich dabei zwar für sich genommen nicht um eine materiell steuerrechtliche, sondern um eine sozialrechtliche Regelung. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auch für den Förderanteil des Kindergeldes folgt aber jedenfalls aus dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt des steuerrechtlichen Familienleistungsausgleichs.

III. § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 ist materiell verfassungswidrig. Die Vorschrift verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.

1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches seinem Wesen entsprechend ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen.

Den Steuergesetzgeber bindet Art. 3 Abs. 1 GG an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit, der gebietet, die Besteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten. Das gilt insbesondere im Einkommensteuerrecht, das auf die Leistungsfähigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen hin angelegt ist. Zwar belässt der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes ebenso wie bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt jedoch eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Unter dem Gebot möglichst gleichmäßiger Belastung der betroffenen Steuerpflichtigen muss die Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes folgerichtig im Sinne von belastungsgleich erfolgen.

2. Nach diesen Maßstäben ist § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig.

a) Die Regelung bewirkt eine Ungleichbehandlung zwischen zwei Teilgruppen von Ausländern mit humanitärem Aufenthaltstitel nach den §§ 23 Abs. 1, 23a, 24 oder 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), die sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten: Einen Anspruch auf Kindergeld haben nur diejenigen, die zusätzlich zu diesen Merkmalen im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig sind oder es nur vorübergehend nicht sind, weil sie Arbeitslosengeld I beziehen oder Elternzeit in Anspruch nehmen. Wer hingegen – wie die Klägerinnen und der Kläger der Ausgangsverfahren – keines dieser Merkmale aufweist, erhält kein Kindergeld.

Diese Ungleichbehandlung entfällt insbesondere nicht dadurch, dass das Fehlen eines Kindergeldanspruchs im Regelfall durch den Anspruch auf Sozialleistungen kompensiert wird. Denn auch in diesem Fall kann es zu einer wirtschaftlichen Schlechterstellung derjenigen Ausländer kommen, die keinen Kindergeldanspruch haben. Mit erheblichen finanziellen Nachteilen im Vergleich zu Kindergeldberechtigten kann der Wegfall des Kindergeldanspruchs auch dann verbunden sein, wenn die Betroffenen über eigenes Vermögen verfügen und daher ‒ trotz fehlenden Erwerbseinkommens ‒ keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben. Denn der Anspruch auf Kindergeld besteht unabhängig von sozialrechtlicher Bedürftigkeit, während ein Anspruch auf Sozialleistungen typischerweise nur dann besteht, wenn vorhandenes Vermögen oberhalb der jeweils geltenden Freigrenzen verbraucht ist.

b) Die Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.

Zwar verfolgt der Gesetzgeber mit § 62 Abs. 2 EStG 2006 einen legitimen Zweck. Die Regelung hat das Ziel, Kindergeld nur solchen Personen zukommen zu lassen, die sich voraussichtlich dauerhaft in Deutschland aufhalten werden. Diese Unterscheidung nach der prognostizierten Bleibedauer in Deutschland kann eine ungleiche Behandlung grundsätzlich rechtfertigen.

Die vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien bestimmen den Kreis der Leistungsberechtigten jedoch nicht in geeigneter Weise. Ungeeignet, die zuverlässige Prognose eines dauerhaften Aufenthalts zu begründen und damit das gesetzgeberische Ziel zu erreichen, ist vor allem das Kriterium einer Integration in den Arbeitsmarkt (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006).

Zwar mag die vom Gesetzgeber als zusätzliches Indiz für eine dauerhafte Bleibeperspektive gewertete Integration in den deutschen Arbeitsmarkt in vielen Fällen den Schluss tragen, dass die Betroffenen sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten werden. Der für die vorgelegte Vorschrift maßgebliche Umkehrschluss, dass ohne eine Erwerbstätigkeit eine solche Prognose nicht möglich sei, ist indes nicht begründbar.

Gerade bei humanitären Aufenthaltstiteln erscheint eine Korrelation zwischen einer Erwerbstätigkeit und der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer weniger plausibel als etwa in Fällen einer gezielten Zuwanderung zum Zwecke der Ausbildung und nachfolgenden Erwerbstätigkeit. Denn die Aufenthaltsdauer hängt bei den meisten humanitären Aufenthaltstiteln stärker von der Situation in den Herkunftsstaaten der Betroffenen als von deren eigener Lebensplanung ab.

Auch steht es der Aussicht auf einen unbefristeten Aufenthaltstitel nicht zwingend entgegen, wenn die in § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG 2006 genannten Kriterien im Zeitpunkt der Entscheidung nicht erfüllt sind. Zwar ist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis Voraussetzung, dass der Lebensunterhalt gesichert ist (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Da dies jedoch zukunftsorientiert zu beurteilen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene aktuell erwerbstätig ist, sondern ob angenommen werden kann, dass er dies in der Zukunft auf Dauer sein wird.

Die mangelnde Eignung der vorgelegten Vorschrift zur Erfassung relevanter Unterschiede bei der Prognose zur Aufenthaltsdauer wird in der Mehrzahl der Ausgangsfälle zudem daran deutlich, dass ausschlaggebend für die Verweigerung von Kindergeld in diesen Fällen ein – jeweils kurzer – Zeitraum zwischen dem Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I und der nachfolgenden erneuten Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf einer neuen Arbeitsstelle war. Einen solchen kurzen Zeitraum des Bezugs von Arbeitslosengeld II als Indiz gegen eine Arbeitsmarktintegration zu werten, wird der tatsächlichen Situation der Betroffenen nicht gerecht.

Die durch § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b in Verbindung mit Nr. 2 Buchstabe c EStG 2006 bewirkte Benachteiligung lässt sich auch nicht durch eine Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung rechtfertigen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Es spricht vielmehr vieles dafür, dass der Gesetzgeber sogar umgekehrt einen atypischen Fall als Leitbild gewählt hat.

Für andere Differenzierungsgründe fehlt es an einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung für einen konkreten Förderungs- oder Lenkungszweck der im Schwerpunkt steuerrechtlichen Regelung. Soweit der Bundesfinanzhof der Auffassung ist, § 62 Abs. 2 EStG 2006 diene auch dem Zweck, Zuwanderungsanreize insbesondere für kinderreiche Ausländer abzubauen („keine Zuwanderung in Sozialsysteme“), ist eine dahingehende Entscheidung des Gesetzgebers nicht erkennbar.

Entsprechendes gilt für wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Zwar handelt es sich auch dabei um einfachgesetzlich geregelte Belange im Aufenthaltsrecht (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), die grundsätzlich als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung in Betracht kommen könnten. Doch auch diese Zielsetzung ist bei der Neufassung des § 62 Abs. 2 EStG 2006 nicht erkennbar verfolgt worden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

EuGH zur Familienzusammenführung eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings

(Stuttgart) Die Ablehnung der Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familienzusammenführung an den Elternteil eines während dieses Verfahrens volljährig gewordenen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings verstößt gegen das Unionsrecht.

Gleiches gilt für den Fall, dass ein solcher Antrag von einem minderjährigen Kind gestellt wird, das volljährig geworden ist, bevor sein Vater als Flüchtling anerkannt wurde und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung.

Das, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 1.08.2022 in den in den verbundenen Rechtssachen C-273/20 und C-355/20 entschieden.

SW, BL und BC beantragten als syrische Staatsangehörige die Erteilung von nationalen Visa zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem jeweiligen, in Deutschland als Flüchtling anerkannten Sohn. XC beantragte ebenfalls als syrische Staatsangehörige die Erteilung eines nationalen Visums zum Zweck der Familienzusammenführung mit ihrem in Deutschland als Flüchtling anerkannten Vater. Ihre Anträge wurden mit der Begründung abgelehnt, dass die Söhne von SW, BL und BC sowie XC in der Zwischenzeit volljährig geworden seien. Ein deutsches Verwaltungsgericht verpflichtete Deutschland dazu, SW, BL und BC sowie XC nationale Visa zum Zweck der Familienzusammenführung zu erteilen, da ihre Söhne und XC nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs1 als Minderjährige zu betrachten seien.

Deutschland legte gegen diese Urteile Revision an das Bundesverwaltungsgericht ein, das dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung von Bestimmungen der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.

In seinem heutigen Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-273/20 und C-355/20 weist der Gerichtshof daraufhin, dass das Ziel der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung darin besteht, die Familienzusammenführung zu begünstigen und Drittstaatsangehörigen, insbesondere Minderjährigen, Schutz zu gewähren. Der Gerichtshof weist auch darauf hin, dass die Richtlinie im Licht des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Verbindung mit der Verpflichtung zur Berücksichtigung des Kindeswohls auszulegen und anzuwenden ist.

Nach diesen Hinweisen stellt der Gerichtshof als Erstes fest, dass ein Abstellen auf den Zeitpunkt, zu dem die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats über den Antrag auf Einreise und auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Staates zum Zweck der Familienzusammenführung entscheidet, als Zeitpunkt, nach dem sich die Beurteilung des Alters des Antragstellers oder, je nach Fall, des Zusammenführenden für die Gestattung des Nachzugs richtet, weder mit den Zielen der Richtlinie betreffend das Recht auf Familienzusammenführung noch mit den Anforderungen im Einklang stünde, die sich aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergeben.

Die zuständigen nationalen Behörden und Gerichte hätten dann nämlich keine Veranlassung, die Anträge der Eltern Minderjähriger mit der Dringlichkeit, die geboten ist, um der Schutzbedürftigkeit der Minderjährigen Rechnung zu tragen, vorrangig zu bearbeiten, und könnten somit in einer Weise handeln, die das Recht auf Familienleben sowohl eines Elternteils mit seinem minderjährigen Kind als auch des Kindes mit einem Familienangehörigen gefährden würde.

Als Zweites würde eine solche Auslegung es auch nicht ermöglichen, im Einklang mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Rechtssicherheit eine gleiche und vorhersehbare Behandlung aller Antragsteller, die sich zeitlich in der gleichen Situation befinden, zu gewährleisten, da sie dazu führen würde, dass der Erfolg des Antrags auf Familienzusammenführung hauptsächlich von Umständen abhinge, die in der Sphäre der nationalen Behörden oder Gerichte liegen, insbesondere von der mehr oder weniger zügigen Bearbeitung des Antrags oder von der mehr oder weniger zügigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines solchen Antrags, und nicht von Umständen, die in der Sphäre des Antragstellers liegen.

Unter diesen Umständen geht der Gerichtshof davon aus, dass bei der Familienzusammenführung von Eltern und einem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling der Zeitpunkt der Entscheidung über den von den Eltern des Zusammenführenden gestellten Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung für die Beurteilung der Minderjährigeneigenschaft des betreffenden Flüchtlings nicht maßgebend ist. Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass in einer solchen Situation die Minderjährigkeit dieses Flüchtlings auch noch zu diesem Zeitpunkt keine „Bedingung“ darstellt, bei deren Nichterfüllung die Mitgliedstaaten einen solchen Antrag ablehnen können. Ferner steht die fragliche Richtlinie einer nationalen Regelung entgegen, nach der in einem solchen Fall das Aufenthaltsrecht der Eltern mit Eintritt der Volljährigkeit des Kindes endet.

Mit im Wesentlichen gleicher Argumentation kommt der Gerichtshof in der Rechtssache C 279/20 zu dem Schluss, dass der maßgebende Zeitpunkt für die Feststellung, ob ein Kind eines als Flüchtling anerkannten Zusammenführenden ein minderjähriges Kind ist, wenn es vor der Anerkennung des zusammenführenden Elternteils als Flüchtling und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung volljährig geworden ist, der Zeitpunkt ist, zu dem dieser Elternteil seinen Asylantrag gestellt hat. Ein solcher Antrag auf Familienzusammenführung muss jedoch innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, d. h. innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Anerkennung des zusammenführenden Elternteils als Flüchtling.

Schließlich stellt der Gerichtshof fest, dass bei der Familienzusammenführung eines Elternteils und eines als Flüchtling anerkannten minderjährigen Kindes bzw. eines minderjährigen Kindes und eines als Flüchtling anerkannten Elternteils, wenn das Kind vor Erlass der Entscheidung über den Antrag dieses Elternteils auf Einreise und Aufenthalt zum Zweck der Familienzusammenführung bzw. vor der Anerkennung des zusammenführenden Elternteils als Flüchtling und vor Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung volljährig geworden ist, die bloße Verwandtschaft in gerader aufsteigender Linie ersten Grades bzw. das bloße rechtliche Eltern-Kind- Verhältnis nicht für die Annahme genügen, dass tatsächliche familiäre Bindungen zwischen dem betreffenden Elternteil und dem betreffenden Kind bestehen. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass der Flüchtling und der andere Familienangehörige im selben Haushalt zusammenleben oder unter einem Dach wohnen, damit der betreffende Elternteil oder das betreffende Kind Anspruch auf Familienzusammenführung haben kann.
Gelegentliche Besuche und regelmäßige Kontakte können für die Annahme, dass diese Personen persönliche und emotionale Beziehungen wieder aufbauen, und als Beleg für das Bestehen tatsächlicher familiärer Bindungen ausreichen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

 

BGH erteilt der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung für unwillkürliche Mengenänderung eine klare Absage

 

(Kiel)  Mit der praktisch relevanten Fragestellung der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung für unwillkürliche Mengenänderung hat sich der BGH unlängst auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 08.08.2019 – VII  ZR 34/18.

 

Im Vorfeld dieser Entscheidung des BGH war sich sowohl die obergerichtliche Rechtsprechung als auch die Literatur dahingehend einer Meinung, als dass die Vergütung für Nachträge bei dem VOB/B-Bauvertrag nach § 2 Abs. 5 oder § 2 Abs. 6 VOB/B zu erfolgen hat. Hierbei wurde auf die dem Vertrag zugrunde liegende Urkalkulation im Wege der vorkalkulatorischen Preisfortschreibung Rückgriff zu nehmen.

 

Je nachdem, ob die vorkalkulatorische Berechnung, die dem Angebot des Werkunternehmers zu Grunde gelegen hat, zutreffend, gewinnbringend oder verlustbringend war, ergab sich mithin im Wege der Preisfortschreibung eine Perpetuierung dieser Vertragsbedingungen.

 

Diese Annahmen wurden verkürzt: „Guter Preis bleibt guter Preis, schlechter Preis bleibt schlechter Preis“.

 

Die möglicherweise ruinösen Rechtsfolgen, sowohl auf Anbieter- als auch auf Annehmerseite sind hierbei jedoch vollkommen außer Acht geblieben.

 

Der BGH hat mit der genannten Entscheidung allerdings die langjährige Praxis in der Rechtsprechung durchbrochen.

 

Zwar hat sich der BGH lediglich mit der Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehr- und Mindermengen nach § 2 Abs. 3 VOB/B auseinandergesetzt. Die Ausführungen des BGH werden allerdings in der einschlägigen Rechtsprechung sowie Literatur dahingehend verstanden, dass sie auf die Ermittlung des neuen Einheitspreises von geänderten Leistungen nach Maßgabe des § 2 Abs. V VOB/B übertragen werden (so u.a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.12.2019 – 5 U 52/19; OLG Frankfurt, Urt. v. 21.09.2020, 29 U 171/19).

 

Unter Zugrundelegung der Maßstäbe der neueren Rechtsprechung sind für die Bemessung des Preises von Nachträgen somit die tatsächlich erforderlichen Kosten nebst angemessener Zuschläge für die Allgemeinen Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu berücksichtigen.

 

Der BGH stellt im Rahmen seiner Überlegungen insbesondere Gerechtigkeitserwägungen in den Vordergrund. Hierbei ist der Gedanke entscheidend, dass keine Partei, lediglich wegen der Änderungen von den anderen Partei sozusagen „übervorteilt“ werden sollte.

 

 

Der BGH führt in diesem Zusammenhang aus:

 

„Die Anknüpfung an die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge stellt sich für keine der Vertragsparteien als zum Nachteil der anderen Partei wirkender Vorteil dar. Der Auftragnehmer erhält so für die relevanten Mehrmengen eine auskömmliche Vergütung. Es widerspräche Treu und Glauben, würde er aufgrund der nicht vorhergesehenen Mengenmehrung auf Kosten seines Vertragspartners einen über den angemessenen Zuschläge hinausgehenden Gewinn erwirtschaften oder der Auftraggeber von einem infolge der Mengenmehrung für den Auftragnehmer unauskömmlich oder unwirtschaftlich gewordenen Preis profitieren.“

 

Ob bei einem Vertrag über die Instandhaltung von Bauwerken das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch nach § 650 a Abs. 2 BGB von wesentlicher Bedeutung ist, ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu § 638 BGB a. F. zu beurteilen. Ergibt diese wertende Betrachtung, dass die Instandhaltungsarbeiten der Erhaltung und/oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese von wesentlicher Bedeutung sind mit der Folge, dass die Vorschriften des Bauvertragsrechts Anwendung finden.

 

Sofern im Einzelfall Malerarbeiten sich nicht auf den bloßen Anstrich der Fassade eines Hauses beschränken, sondern darüber hinaus die Reparatur von Schäden des Untergrundes wie etwa Setz- und Spannungsrissen umfassen, dienen sie bei einer solchen wertenden Betrachtung der Wiederherstellung der Funktion der Fassade. Sie sind daher von wesentlicher Bedeutung i.S.v. § 650 a Abs. 2 BGB. Die konkrete Dauer der Leistungserbringung für die Einordnung als Bauvertrag nicht entscheidend.

 

OLG Karlsruhe, Hinweisbeschluss v. 15.12.2021 – 25 U 342/21

 

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Leistung einer Sicherheit gem. § 650 f BGB. Die Beklagten sind Eigentümer ein Doppelhaushälfte. Die Klägerin betreibt ein Malerunternehmen. Auf die Anfrage der Beklagten vom 14.02.2019 unterbreitete die Klägerin ein nach Einheitspreisen kalkuliertes Angebot über eine kalkulierte Gewinnsumme von EUR 8.093,17. Dieses Angebot umfasste neben der Stellung sowie der Auf- und Abbaus eines Fassadengerüstes u.a. Position: „Kleine Schäden des Untergrundes mit zementhaltiger Spachtelmasse bei spachteln und nachschleifen“. Weiter sah das Angebot Arbeiten an einem vorhandenen Holzuntergrund vor, welche das Schleifen, das Ausbessern von Schäden am Holz, das Grundieren, das Vorlackieren sowie das anschließende Anstreichen es Holzes beinhalteten. Am 4./.6.6.2019 unterzeichneten die Parteien unter Bezugnahme auf das Angebot eines als „Bauvertrag mit Verbrauchern“ bezeichneten Vertrag. Die Klägerin führte vom 06.04.2019 bis zum 16.05.2019 die Arbeiten durch. Nach diversen Rapportzetteln wurden dabei auch Schäden ausgebessert sowie ein Riss an einer Balkondecke geöffnet, grundiert und verspachtelt. Die Abnahme erfolgte am 16.5.2019 vorbehaltlich einzelner in dem von  beiden Parteien unterzeichneten Abnahmeprotokoll aufgeführten Mängel. Die Klägerin erstellte zuletzt eine Schlussrechnung über restliche  EUR 11.229,76 und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung i.H.v. EUR 12.352,72 auf. Die Beklagte lehnten dies im Wesentlichen mit der Begründung ab, es liege kein Bauvertrag vor.

 

Das LG Konstanz hat mit Urteil vom 14.7.2021 – B 4 O 391/20 der Klage auf Sicherheitsleistung und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten stattgegeben.

 

Die Berufung ist nach dem vorliegenden Hinweisbeschluss zurückgekommen worden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

Der auf einen bekannten Sprachassistenten lautende Vorname eines Mädchens darf geändert werden

(Stuttgart) Das Verwaltungsgericht Göttingen hat entschieden, dass eine Klägerin, deren Vorname mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten identisch ist, einen Anspruch auf Änderung ihres Vornamens hat.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Verwaltungsgerichts Göttingen vom 21.07.2022 zu seinem Beschluss vom 21.06.2022, Az. 4 A 79/21.

Die Klägerin begehrte die Änderung ihres Namens durch Hinzufügen eines zweiten Vornamens. Dies begründeten die Eltern der Klägerin damit, dass ihre Tochter aufgrund der Namensidentität ihres Vornamens mit dem Namen eines bekannten Sprachassistenten erheblich unter Mobbing und Hänseleien leide. Immer wieder würden andere Personen der Klägerin Befehle erteilen, da der Name sofort mit dem Namen des Sprachassistenten in Verbindung gebracht werde. Dies verunsichere und belaste die Klägerin seelisch sehr.

Die beklagte Stadt hielt dagegen, dass ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG nicht vorliege. Die seelische Belastung der Klägerin sei nicht durch ärztliche oder psychologische Gutachten belegt. Der Namensänderungswunsch beruhe vielmehr auf nachträglicher Reue der Eltern an der früheren Namensgebung und auf Mobbingbefürchtungen. Ein Produktname könne nicht automatisch zu einem Anspruch der vielen Inhaber gleichlautender Vornamen auf Namensänderung führen. Insgesamt könne quasi jeder Name mit einiger Fantasie ins Lächerliche gezogen werden.

In der mündlichen Verhandlung kam die Kammer zu der Überzeugung, dass die seelische Belastung der Klägerin ein wichtiger Grund für die Namensänderung im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG darstelle. In der Rechtsprechung sei bereits geklärt, dass ein wichtiger Grund für eine Namensänderung dann vorliege, wenn die privaten Interessen an der Namensänderung die öffentlichen Interessen an der Namensbeibehaltung überwiegen. Auch eine seelische Belastung könne als wichtiger Grund für eine Namensänderung angesehen werden, wenn sie unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände nach allgemeiner Verkehrsauffassung verständlich und begründet sei. Dabei müsse die seelische Belastung nicht den Grad einer behandlungsbedürftigen Krankheit erreicht haben. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall vor. Die Eltern hätten in der mündlichen Verhandlung zahlreiche Vorfälle beschrieben, bei welchen die Klägerin aufgrund ihres Vornamens belästigt worden sei. Dabei sei nachvollziehbar, dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer seelischen Belastung gekommen sei, der die Klägerin aufgrund ihres jungen Alters nichts entgegensetzen könne. Insgesamt sei zu erwarten, dass die Hänseleien auch in Zukunft weiter andauern würden. Die Bekanntheit des Sprachassistenten und die Tatsache, dass es sich bei dem Namen des Sprachassistenten nicht nur um eine reine Produktbezeichnung handele, sondern um das „Schlüsselwort“ zur Nutzung des Geräts, führten dazu, dass der Name des Sprachassistenten in einem besonders herausragenden Maße missbrauchsgeeignet sei. Hier gehe es um ein Gerät, dem durch die Voranstellung des Produktnamens Befehle erteilt werden würden. Der Name sei nicht bloß dazu geeignet, einen Wortwitz zu bilden, sondern lade vielmehr dazu ein, beleidigende und erniedrigende Befehle an Personen mit dem gleichen Namen zu erteilen.

Im Ergebnis gehe die Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin aus. Im vorliegenden Fall gehe es nur um die Änderung eines Vornamens. Da der Familienname im weitergehenden Umfang als Unterscheidungs- und Zuordnungsmerkmal diene als der Vorname, komme den öffentlichen Interessen bei der Änderung des Vornamens im Vergleich zu der Änderung eines Familiennamens ein geringeres Gewicht zu. Die Klägerin habe im Vorschulalter bisher nicht erheblich am Rechtsverkehr teilgenommen. Außerdem bleibe durch die Hinzufügung lediglich eines zweiten Vornamens ein gewisser „Widererkennungswert“ beim Namen der Klägerin erhalten.

Gegen die Entscheidung kann die Beklagte innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nds. Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Sind Malerarbeiten Arbeiten am Bau?

 

(Kiel)  Mit der praktisch relevanten Fragestellung der Einordnung von Malerarbeiten als Arbeiten an einem Bauwerk hat sich soeben das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe  auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Hinweisbeschluss des OLG Karlsruhe vom 15.12.2021, Az.: 25 U 342/21 –.

 

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Leistung einer Sicherheit gem. § 650 f BGB. Die Beklagten sind Eigentümer ein Doppelhaushälfte. Die Klägerin betreibt ein Malerunternehmen. Auf die Anfrage der Beklagten vom 14.02.2019 unterbreitete die Klägerin ein nach Einheitspreisen kalkuliertes Angebot über eine kalkulierte Gewinnsumme von EUR 8.093,17. Dieses Angebot umfasste neben der Stellung sowie der Auf- und Abbaus eines Fassadengerüstes u.a. Position: „Kleine Schäden des Untergrundes mit zementhaltiger Spachtelmasse bei spachteln und nachschleifen“. Weiter sah das Angebot Arbeiten an einem vorhandenen Holzuntergrund vor, welche das Schleifen, das Ausbessern von Schäden am Holz, das Grundieren, das Vorlackieren sowie das anschließende Anstreichen des Holzes beinhalteten.

 

Am 4./.6.6.2019 unterzeichneten die Parteien unter Bezugnahme auf das Angebot eines als „Bauvertrag mit Verbrauchern“ bezeichneten Vertrag. Die Klägerin führte vom 06.04.2019 bis zum 16.05.2019 die Arbeiten durch. Nach diversen Rapportzetteln wurden dabei auch Schäden ausgebessert sowie ein Riss an einer Balkondecke geöffnet, grundiert und verspachtelt. Die Abnahme erfolgte am 16.5.2019 vorbehaltlich einzelner in dem von  beiden Parteien unterzeichneten Abnahmeprotokoll aufgeführten Mängel. Die Klägerin erstellte zuletzt eine Schlussrechnung über restliche  EUR 11.229,76 und forderte die Beklagte unter Fristsetzung zur Stellung einer Bauhandwerkersicherung i.H.v. EUR 12.352,72 auf. Die Beklagte lehnten dies im Wesentlichen mit der Begründung ab, es liege kein Bauvertrag vor.

 

Das LG Konstanz hat mit Urteil vom 14.7.2021 – B 4 O 391/20 der Klage auf Sicherheitsleistung und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten stattgegeben.

 

Das OLG Karlsruhe hat in diesem Fall nun durch Hinweisbeschluss folgende Grundsätze aufgestellt:

 

  • Ob bei einem Vertrag über die Instandhaltung von Bauwerken das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch nach § 650 a Abs. 2 BGB von wesentlicher Bedeutung ist, ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung unter Rückgriff auf die Rechtsprechung zu § 638 BGB a. F. zu beurteilen. Ergibt diese wertende Betrachtung, dass die Instandhaltungsarbeiten der Erhaltung und/oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese von wesentlicher Bedeutung sind mit der Folge, dass die Vorschriften des Bauvertragsrechts Anwendung finden.

 

  • Sofern im Einzelfall Malerarbeiten sich nicht auf den bloßen Anstrich der Fassade eines Hauses beschränken, sondern darüber hinaus die Reparatur von Schäden des Untergrundes wie etwa Setz- und Spannungsrissen umfassen, dienen sie bei einer solchen wertenden Betrachtung der Wiederherstellung der Funktion der Fassade. Sie sind daher von wesentlicher Bedeutung i.S.v. § 650 a Abs. 2 BGB. Die konkrete Dauer der Leistungserbringung für die Einordnung als Bauvertrag nicht entscheidend.

 

Die Berufung ist nach dem vorliegenden Hinweisbeschluss zurückgekommen worden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

 

Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 sind in einem laufenden Gerichtsverfahren zwischen Privatpersonen weiterhin anwendbar

 

(Kiel)  Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hatte in einem von der Europäischen Kommission betriebenen Vertragsverletzungsverfahren durch Urteil vom 4. Juli 2019 (C-377/17) entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Dienstleistungsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.

 

In der Instanzrechtsprechung sowie im Schrifttum war daraufhin ein Meinungsstreit darüber entstanden, ob die betreffenden Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens zwischen Privatpersonen in der Weise unmittelbare Wirkung entfalten, dass die der Richtlinie entgegenstehenden nationalen Regelungen in § 7 der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI), wonach die in dieser Honorarordnung statuierten Mindestsätze für Planungs- und Überwachungsleistungen grundsätzlich verbindlich sind und eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung in Verträgen mit Architekten oder Ingenieuren unwirksam ist, nicht mehr anzuwenden sind.

 

Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Architekten- und Ingenieurverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat daraufhin in dem Revisionsverfahren VII ZR 174/19, dem die HOAI in der Fassung aus dem Jahre 2013 zugrunde liegt, mit Beschluss vom 14. Mai 2020 dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV mehrere Fragen zur Unionsrechtswidrigkeit des verbindlichen Preisrechts der HOAI (2013) vorgelegt (vgl. Pressemitteilung Nr. 59/2020). Der EuGH hat durch Urteil vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) entschieden, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit anhängig ist, in dem sich ausschließlich Privatpersonen gegenüberstehen, nicht allein aufgrund des Unionsrechts verpflichtet ist, eine nationale Regelung unangewendet zu lassen, die unter Verstoß gegen die in Rede stehenden Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie Mindesthonorare für die Leistungen von Architekten und Ingenieuren festsetzt und die Unwirksamkeit von Vereinbarungen vorsieht, die von dieser Regelung abweichen, jedoch unbeschadet zum einen der Möglichkeit dieses Gerichts, die Anwendung der Regelung im Rahmen eines solchen Rechtsstreits aufgrund des innerstaatlichen Rechts auszuschließen, und zum anderen des Rechts der durch die Unvereinbarkeit des nationalen Rechts mit dem Unionsrecht geschädigten Partei, Ersatz des ihr daraus entstandenen Schadens zu verlangen.

 

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in dem zugrundeliegenden Revisionsverfahren VII ZR 174/19 eine abschließende Entscheidung getroffen, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2. Juni 2022 - VII ZR 174/19.

 

  • Sachverhalt:

 

Der Kläger, der ein Ingenieurbüro betreibt, verlangt von der Beklagten die Zahlung restlicher Vergütung aufgrund eines im Jahre 2016 abgeschlossenen Ingenieurvertrages, in dem die Parteien für die vom Kläger zu erbringenden Ingenieurleistungen bei einem Bauvorhaben der Beklagten ein Pauschalhonorar in Höhe von 55.025 € vereinbart hatten.

Nachdem der Kläger den Ingenieurvertrag gekündigt hatte, rechnete er im Juli 2017 seine erbrachten Leistungen in einer Honorarschlussrechnung auf Grundlage der Mindestsätze der Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) in der Fassung aus dem Jahr 2013 ab. Mit der Klage hat er eine noch offene Restforderung in Höhe von 102.934,59 € brutto geltend gemacht.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 100.108,34 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Beklagte zur Zahlung von 96.768,03 € verurteilt. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

 

Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein restlicher vertraglicher Zahlungsanspruch nach den Mindestsätzen der HOAI (2013) zu. Die im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalpreisvereinbarung sei wegen Verstoßes gegen den Mindestpreischarakter der HOAI als zwingendes Preisrecht unwirksam. Das in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland ergangene Urteil des EuGH ändere nichts an der Anwendbarkeit der maßgeblichen Bestimmungen der HOAI zum Mindestpreischarakter.

 

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiterverfolgt.

 

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

 

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat damit Bestand.

 

Wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Vorlagebeschluss an den EuGH vom 14. Mai 2020 ausgeführt hat, sind nach nationalem Recht die Vorschriften der HOAI, die das verbindliche Preisrecht (hier: die Mindestsätze) regeln, unbeschadet des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juli 2019 (C-377/17 - Kommission/Deutschland) anzuwenden und führen zu einem Honoraranspruch des Klägers in der vom Oberlandesgericht zuerkannten Höhe. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die zwischen den Parteien im Ingenieurvertrag getroffene Pauschalhonorarvereinbarung nach nationalem Recht unwirksam, weil sie das sich bei Anwendung der Mindestsätze ergebende Honorar unterschreitet, ohne dass ein Ausnahmefall gemäß § 7 Abs. 3 HOAI vorliegt. Der Kläger kann danach von der Beklagten das Mindestsatzhonorar, dessen Berechnung der Höhe nach nicht angegriffen ist, abzüglich bereits geleisteter Zahlungen verlangen.

 

Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten, die sich unter anderem auf einen Verstoß des Klägers gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB berufen hat, greifen nicht durch. Der Bundesgerichtshof hat insoweit auf seine Ausführungen im Beschluss vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) Bezug genommen, von denen abzuweichen kein Anlass besteht. Ergänzend hierzu hat er in seinem heute verkündeten Urteil darauf hingewiesen, dass die Geltendmachung eines Anspruchs durch eine Partei insbesondere nicht deshalb gemäß § 242 BGB als treuwidrig und damit unzulässig bewertet werden kann, weil die nationale Rechtsvorschrift, aus der der Anspruch hergeleitet wird, gegen eine Richtlinie der Europäischen Union verstößt. Eine Partei kann sich vielmehr grundsätzlich auf eine nationale Rechtsvorschrift berufen, solange diese weiterhin gültig und im Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Das von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut der unzulässigen Rechtsausübung ist nur dann einschlägig, wenn die Anwendung einer Rechtsvorschrift einen im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt ausnahmsweise nicht hinreichend zu erfassen vermag und für einen Beteiligten ein unzumutbares unbilliges Ergebnis zur Folge hätte. Es dient jedoch nicht dazu, eine vom nationalen Gesetzgeber mit einer Rechtsvorschrift getroffene Wertung generell durch eine andere Regelung zu ersetzen.

 

Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 7 HOAI unter Berücksichtigung der im Vertragsverletzungsverfahren ergangenen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Juli 2019 (C-377/17 - Kommission/Deutschland) führt, wie der Bundesgerichtshof ebenfalls bereits mit Beschluss vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) im Einzelnen ausgeführt hat, gleichfalls nicht zum Erfolg der Revision der Beklagten. § 7 HOAI kann nicht richtlinienkonform dahin ausgelegt werden, dass die Mindestsätze der HOAI im Verhältnis zwischen Privatpersonen grundsätzlich nicht mehr verbindlich sind und daher einer die Mindestsätze unterschreitenden Honorarvereinbarung nicht entgegenstehen.

 

Nach dem nunmehr im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil des EuGH vom 18. Januar 2022 (C-261/20 - Thelen Technopark Berlin) steht fest, dass der Bundesgerichtshof im Streitfall nicht aufgrund Unionsrechts verpflichtet ist, das verbindliche Mindestsatzrecht der HOAI unangewendet zu lassen. Der EuGH hat insoweit festgestellt, dass der Dienstleistungsrichtlinie eine unmittelbare Wirkung in einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen - wie hier - nicht zukommt. Die betreffende Richtlinie steht der Anwendung der verbindlichen Mindestsätze daher nicht entgegen. Der EuGH hat ferner ausgeführt, dass die zuständigen nationalen Gerichte nicht allein aufgrund eines im Vertragsverletzungsverfahren erlassenen Urteils verpflichtet sind, im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Privatpersonen eine nationale Regelung, die gegen die Bestimmung einer Richtlinie verstößt, unangewendet zu lassen.

 

Europäisches Primärrecht in Form der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts stehen der Anwendung der in der HOAI verbindlich geregelten Mindestsätze im Streitfall ebenfalls nicht entgegen. Der EuGH hat insoweit klargestellt, dass die Bestimmungen des AEUV über die Niederlassungsfreiheit, den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr auf einen Sachverhalt, dessen Merkmale nicht über die Grenzen eines Mitgliedsstaates hinausweisen, grundsätzlich keine Anwendung finden. Da der vorliegende Rechtsstreit durch Merkmale charakterisiert sei, die sämtlich nicht über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinauswiesen, könne ohne die Angabe eines Anknüpfungspunktes bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten durch das vorlegende nationale Gericht nicht davon ausgegangen werden, dass das entsprechende Ersuchen um Auslegung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sei. Wenngleich der EuGH die diesbezügliche Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs deshalb als unzulässig beschieden hat, steht danach fest, dass die betreffenden Grundfreiheiten oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts der Anwendung der in der HOAI verbindlich geregelten Mindestsätze im Streitfall nicht entgegenstehen. Über die sich bereits aus dem Vorabentscheidungsersuchen vom 14. Mai 2020 (VII ZR 174/19) ergebenden Ausführungen hinaus sind keine Anknüpfungspunkte bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten oder sonstige allgemeine Grundsätze des Unionsrechts festzustellen. Veranlassung für ein erneutes Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht daher nicht.

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Kindeswohlgefährdung bei Rückführung eines kurz nach der Geburt in Obhut genommenen Kindes zu seinen Herkunftseltern

(Stuttgart) Die Beurteilung, ob die Rückführung eines kurz nach der Geburt in Obhut genommenen Kindes zu seinen Herkunftseltern zu einer Kindeswohlgefährdung führt, bedarf regelmäßig eines psychologischen Gutachtens.

 

Dies gilt insbesondere, wenn sich das Jugendamt und der Verfahrensbeistand des Kindes sich gegen eine Kindesrückführung aussprechen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hob deshalb soeben einen Beschluss des Amtsgerichts auf, mit welchem u.a. der Antrag der Pflegeeltern auf Anordnung des Verbleibes des Kindes bei ihnen zurückgewiesen worden war.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des OLG Frankfurt am Main zu seinem Beschluss vom 03.03.2022, Az. 6 UF 225/21.

 

Das betroffene und im Jahr 2020 geborene Kind ist die zweite Tochter der nicht miteinander verheirateten Kindeseltern, die über das gemeinsame Sorgerecht verfügten. Die ältere Schwester war bereits unmittelbar nach der Geburt in Obhut genommen und die u.a. eingerichtete Amtspflegschaft später gerichtlich bestätigt worden. Auch das betroffene Kind war bereits wenige Tage nach der Geburt gegen den Willen der Eltern in Obhut genommen worden und lebt bei Pflegeeltern. Ein drittes Kind der Eltern lebt seit seiner Geburt bei den Eltern.

 

Die Pflegeeltern begehrten im Rahmen des familiengerichtlichen Verfahrens die Anordnung des dauerhaften Verbleibs des Kindes bei ihnen. Das für den Aufenthaltsort der Eltern zuständige Jugendamt setzte sich - anders als das am Verfahren beteiligte und für den Aufenthaltsort des Kindes zuständige Jugendamt - für eine Rückführung des Kindes zu seinen Eltern ein; vorbereitend sollten intensivierte Umgänge stattfinden. Der Verfahrensbeistand des Kindes sprach sich gegen eine Rückführung aus. Das Amtsgericht sah keine Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung im Fall der Rückübertragung der elterlichen Sorge auf die Herkunftseltern, so dass es von familiengerichtlichen Maßnahmen absah und die beantragte Verbleibensanordnung nicht erließ.

 

Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Pflegeeltern und des vormaligen Amtspflegers führten zur Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht.

 

Die Entscheidung über die Folgen der Trennung des Kindes von seiner sozialen Familie könne im Hinblick auf die Gestaltung des Verfahrens regelmäßig ohne ein psychologisches Sachverständigengutachten nicht entschieden werden, betonte das OLG. Für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung des Kindeswohls sei insbesondere die Frage, ob und wenn ja, in welchem Umfang das Kind Bindungen zu seinen Pflegepersonen und deren Umfeld aufgebaut habe und durch einen Abbruch dieser Bindungen in seinem Wohl gefährdet werden würde, umfassend aufzuklären. Zur Beurteilung dieser für das Kind existenziellen Frage habe sich das Amtsgericht nicht allein auf die Angaben des nicht am Verfahren beteiligten Jugendamtes am Wohnort der Eltern stützen dürfen. Es hätte vielmehr ein psychologisches Sachverständigengutachten einholen müssen. Für das betroffene Kind lägen hier zudem besondere Risikofaktoren vor. Es reagiere besonders sensibel auf Stresssituationen, die teilweise auch pathologische Reaktionen bewirkten.

 

Es sei deshalb seitens des Amtsgerichts u.a. durch Einholung eines Gutachtens umfassend aufzuklären, ob die Rückführung des Kindes zu seinen Eltern mit einer Kindeswohlgefährdung einhergingen und die Eltern zur Ausübung des Sorgerechts ohne Gefährdung des Kindeswohls im Stande seien.

 

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz

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Wirkungslosigkeit einer Aufforderung zur Mängelbeseitigung bei Fehlen von planerischen Vorgaben

 

(Kiel) Mit den Folgen fehlender konkreter planerischer Vorgaben hat sich das OLG Stuttgart mit Urteil vom 30.11.2021 – 10 U 58/21 auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des OLG Stuttgart vom 30.11.2021 (10 U 58/21).

 

Inhaltlich stritten die Parteien über Pflichten zur Mängelbeseitigung im Zusammenhang mit vom Auftragnehmer erbrachten Arbeiten an einer Betonfertigteilfassade. Der Auftragnehmer war der Ansicht, dass eine Mängelbeseitigung (Durchbiegungen von Betonlamellen) mit den vorgegebenen Maßen unmöglich sei. Dies deswegen, weil – unter Zugrundelegung der Sachverständigenfeststellungen – die einschlägigen DIN-Normen nicht einzuhalten gewesen wären.

 

Der gerichtlich bestellte Sachverständige hatte Vorschläge zur Mängelbeseitigung getätigt, die allerdings eine optische Veränderung der zu errichtenden Fassade bewirkt hätten. Aus diesem Grunde müsse der Bauentwurf einer Änderung zugeführt werden. Letzteres wurde von dem Auftragggeber nicht veranlasst. Insoweit fehle es an der entsprechend erforderlichen Mitwirkungshandlung des Auftraggebers, die entsprechende planerische Vorgabe zu errichten bzw. zu verändern. Der Auftraggeber habe zwar eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung gegenüber dem Auftragnehmer ausgesprochen. Diese sei allerdings (derzeit) mangels Mitwirkungshandlung des Auftraggebers nicht auszuführen und damit unbeachtlich.

 

Dieser Rechtsauffassung des Auftragnehmers sind das LG und das OLG Stuttgart gefolgt. Das OLG Stuttgart entschied dahingehend, dass dem Auftraggeber – derzeit – keine Mängelansprüche gegenüber dem Auftragnehmer zustehen, da ihm eine Mitwirkungsobliegenheit obliegt. Insoweit fehlt es an einer rechtswirksamen Fristsetzung zur Nacherfüllung auftraggeberseits.

 

Beachtenswert ist diese Entscheidung insbesondere unter dem Aspekt, dass zwar einerseits eine mangelhafte Leistung des Auftragnehmers vorliegt, gleichwohl fehlte es an der entsprechenden Mitwirkungshandlung des Auftraggebers in Form einer Änderung der entsprechenden Planvorgaben.

 

Vor entsprechender Einleitung der prozessualen Durchsetzung hätte zumindest ein entsprechendes Angebot des Auftraggebers zur Änderung der Planvorgaben erfolgen müssen bzw. – sofern prozessual noch möglich – im Rahmen des Verfahrens nachgeholt werden müssen. Da dies allerdings nicht erfolgt war, folgte das OLG Stuttgart der Rechtsansicht des Auftragnehmers, wonach die Planung dem Auftraggeber obliege und insoweit – wegen unterlassener Mitwirkung – von der  Wirkungslosigkeit einer von ihm erfolgten Aufforderung zur Mängelbeseitigung (BGH, IBR 2008, 78; OLG Oldenburg, IBR 2019, 190; OLG Hamm, IBR 2009, 1321 - nur online) ausgegangen ist. In der Konsequenz war dem Auftraggeber auch der geltend gemachte Kostenvorschussanspruch nach § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B infolge des Fehlens einer wirksamen Aufforderung zur Mängelbeseitigung zu versagen.

 

Insoweit gilt es für diese praxisrelevante Fragestellung dahingehend zusammenzufassen, dass bei dem Vorliegen eines planungsbedingten Baumangels, dem Auftragnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf Vorlage einer Sanierungsplanung zusteht (so bereits OLG Hamm, IBR 2011, 260). Innerhalb dieser Sanierungsplanung kann der Auftragnehmer zwar die Art und Weise der Mängelbeseitigung festlegen. Sofern die einzuleitenden Mängelbeseitigungsarbeiten allerdings eine Veränderung des optischen Gesamteindrucks bewirkt und darüber hinaus auch das Urheberrecht des planenden Architekten betroffen ist, ist die verbindliche Planvorgabe des Auftraggebers für die seitenerseits gewünschte Mängelbeseitigung unumgänglich. 

Gegen das Urteil wurde Revision beim BGH eingelegt (Az.: VII ZR 881/21).

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

 

Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

 

Back tot he roots? Zustellung eines Schreibens als PDF-Dateianhang oder (doch rechtssicherer) mit Telefax?


(Kiel)  Mit der praktisch relevanten Fragestellung der rechtssicheren Zustellung von Dokumenten im Anhang zu einer E-Mail hat sich das OLG Hamm mit Beschluss vom 09.03.2022 (4 W 119/20) befasst.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Hamm vom 09.03.2022 (4 W 119/20).

 

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 09.03.2022  (4 W 119/20) entschieden, dass ein als Dateianhang einer E-Mail übermitteltes Dokument (hier: PDF-Schreiben) lediglich dann zugegangen ist, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. Die Begründung des OLG Hamm erfolgt im Wesentlichen mit dem allgemeinen Virenrisiko, welches dazu führe, dass üblicher Weise eine Warnung dahingehend erfolge, keine E-Mails von unbekannten Absendern zu öffnen. Mithin könne dieses Risiko nicht dem Empfänger eines derartigen Dokuments übertragen werden.

 

Leitsatz:

 

Wird ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es in der Regel nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat. (MIR 2022, Dok. 027)


Das Gericht stellt im Rahmen der entscheidungserheblichen Kriterien u.a. das Folgende fest: 

 

"Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, [40. Aufl. [2022], § 13 Rdnr. 47]). Es kann mithin im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die in Rede stehenden E-Mails überhaupt im E-Mail-Postfach des Verfügungsbeklagten (dort möglicherweise im "Spam-Ordner") eingegangen sind. Der Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.05.2020 jedenfalls glaubhaft gemacht, dass er von den beiden E-Mails des - ihm zuvor nicht bekannten - Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch den Dateianhang mit dem Abmahnschreiben nicht geöffnet hat."

 

 

Für die baurechtliche Praxis bedeutet dies, dass der Versand eines Schriftstückes als Dateianhang das Risiko in sich trägt, darzulegen und zu beweisen, dass der Empfänger den Dateianhang geöffnet hat.


In rechtlicher Hinsicht ist allerdings auch zu beachten, dass ein Zugang grundsätzlich dann gegeben, wenn der Empfänger die tatsächliche Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte und nicht erst mit der tatsächlichen Kenntnisnahme selbst.

 

Allerdings wird man stets den sichersten Rechtsweg zu empfehlen und zu beschreiten haben. Dies bedeutet im Kontext mit der entsprechenden Korrespondenz im Rahmen von Werkvertragsabwicklungen (z.B. Behinderungsanzeigen, Mängelrügen, Androhung von Kündigung, Frist- und Nachfristsetzung), dass eine zweistufige Prüfung vorzunehmen ist:

 

  1. Beweis des Zugangs der E-Mail, ggf. durch eine Lesebestätigung

  2. Beweis der Kenntnisnahme der im Anhang beigefügten PDF-Datei. Letzteres wird ohne die entsprechende Mitwirkung des Empfängers nicht leistbar sein.
     

In der Praxis wird man daher im Hinblick auf Schriftverkehr, der für die weitergehende Vertragsabwicklung von entscheidungserheblicher Relevanz sein könnte, darauf zu achten haben, dass eine entsprechend rechtssichere Zustellung erfolgt. Dies kann – nach wie vor – durch das Telefax, auch wenn diesem die Anmutung einer gewissen Rückständigkeit anhaftet, erfolgen. Alternativ bestehen die Möglichkeiten eines Einwurfeinschreibens bzw. die Zustellung unter Zuhilfenahme eines Gerichtsvollziehers. Letztere beiden Alternativen sind arbeits- und kostenintensiver. Gerade unter diesem Aspekt erklärt sich die praktische Akzeptanz des Telefaxes im Rahmen der Werkvertragsabwicklung.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Keine Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüche für coronabedingte flächendeckende Betriebsschließungen in 2020

 

(Kiel)  Ansprüche aufgrund von coronapandemiebedingten Schließungen, insbesondere im Bereich der Gastronomie/Hotellerie, sind seit Beginn der Corona-Pandemie höchst umstritten.

Nach dem Urteil des BGH vom 17.03.2022 (Az. III ZR 79/21) haben Betroffene des Corona-Lockdowns keinen (weiteren) Anspruch auf staatliche Entschädigung für ihre Einnahmeausfälle. Insoweit hat der BGH  die Klage eines Gastronomen/Hoteliers gegen das Land Brandenburg abgewiesen.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e.V.

Hintergrund war die pandemiebedingte zwangsweise Betriebsschließung des Klägers im Frühjahr 2020.

Der BGH begründet seine Entscheidung dahingehend, dass es keine Frage der Staatshaftung betroffen sei. Vielmehr folge aus dem Sozialstaatsprinzip (lediglich), die Pflicht zu innerstaatlichem Ausgleich, wobei die nähere Ausgestaltung dem Gesetzgeber vorbehalten bleibe. Dieser Verpflichtung sei der Staat allerdings durch die Auflage von Hilfsprogrammen nachgekommen.

Das vorliegende Verfahren wurde nunmehr rechtskräftig abgeschlossen. Allenfalls ist noch eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht möglich.

Aufgrund dieser grundsätzlichen, richtungsweisenden Entscheidung des BGH sind in der Praxis eine Vielzahl von anhängigen Verfahren betroffen. Insoweit ist durch diese grundlegende Entscheidung dahingehend Rechtsklarheit und Rechtssicherheit im Rahmen der Rechtsverfolgung bewirkt.

Zum Zwecke der Eindämmung des Virus hatten die Bund und Länder eine weitgehende Schließung der Gastronomie und der Hotels beschlossen. Hiervon war auch das Unternehmen des Klägers, ein familiengeführtes Hotel mit Gastronomie betroffen. Dieselben begehrten, unter Zugrundelegung von Einnahmeausfällen einen Entschädigungsbetrag i.H.v. zumindest € 27.000,00. Den Ersatz dieses Schadens – neben der bereits erhaltenen Soforthilfe – begehrte der Kläger im Rahmen der Entschädigungsklage gegen das Land Brandenburg.

Sowohl das erstinstanzlich erkennende LG Potsdam, als auch das OLG Brandenburg wiesen die Klage ab. Der BGH entschied nunmehr letztinstanzlich, dass die Revision zurückgewiesen wird.

Diese einschlägige und nunmehr obergerichtlich bestätigte Rechtsprechung gilt es – nicht nur im Rahmen von bereits anhängigen -, sondern erst Recht im Rahmen der Beurteilung der Erfolgsaussichten der Einleitung derartiger Verfahren, zu beachten.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens bei mehreren Mängeln

 

(Kiel)  Mit der praxisrelevanten sowie spannenden Fragestellung bezüglich der Hemmung von Verjährungsansprüchen im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens hat sich das OLG Stuttgart (Urt. v. 30.11.2021 – 10 U 58/1) auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e.V.

 

Diese Konstellation dürfte in der Praxis nicht nur den Ausnahme-, sondern geradezu den Regelfall darstellen. Hinsichtlich der Dauer der Hemmung bestehen unterschiedliche Rechtsansichten der Obergerichte. Ausgehend von dem Grundsatz, dass jeder Mangel sein eigenes verjährungsrechtliches Schicksal trägt, wird zum einen die Ansicht vertreten, dass sich die Hemmung im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens unterschiedlich (in Bezug auf jeden einzelnen Mangel) gestalten kann.

 

Nicht so hat es allerdings das OLG Stuttgart in seinem Urt. vom 30.11.2021 – 10 U 58/21 – beurteilt.

 

  1. Werden in einem selbständigen Beweisverfahren durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen mehrere Mängel begutachtet, endet die Hemmung der Ansprüche bezüglich der einzelnen Mängel grundsätzlich einheitlich erst mit Abschluss des selbständigen Beweisverfahrens insgesamt, sofern das Gericht nicht zuvor zum Ausdruck gebracht hat, dass das Verfahren bezüglich einzelner Mängel schon vorher beendet sein soll (abweichend OLG Hamm NJOZ 2009, 1196; OLG Koblenz 17.5.2013 – 10 U 286/12, BeckRS 2013, 14853; OLG Oldenburg 20.8.2019 – 13 U 60/16, BeckRS 2019, 46545; OLG Brandenburg 2.4.2020 – 12 U 77/19, BeckRS 2020, 41260; 16.6.2020 – 12 U 77/19, BeckRS 2020, 41258).

 

  1. Bedarf eine Mängelbeseitigung einer planerischen Vorgabe des Auftraggebers, ist eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung ohne diese planerische Vorgabe wirkungslos.

 

  • OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2021 – 10 U 58/21 (noch nicht rechtskräftig), veröffentlicht in NZBau 2022, S. 167

In der Baupraxis einerseits sowie in den baurechtlichen Verfahren andererseits stellt es den Regelfall dar, dass mehrere Mängel gleichzeitig geltend gemacht und verfolgt werden. Insoweit ist auch die Frage der Verjährung von äußerster Praxisrelevanz. Die Hemmung der Verjährung kann bekanntlich durch die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens, u.a. auch eines selbständigen Beweisverfahrens, herbeigeführt werden. Insoweit sollte man sich aber durch die Einleitung derartiger Verfahren verjährungsrechtlich nicht in einer trügerischen Sicherheit befinden. Denn über den Umfang und den Zeitraum der Hemmung kann man durchaus unterschiedlicher Rechtsauffassung sein, wie dies aus der vorstehend wiedergegebenen Rechtsprechung gefolgert werden kann.

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Schiedsgutachtervereinbarung geht dem selbständigen Beweisverfahren vor

 

(Kiel)  Mit der praktisch relevanten Fragestellung im Hinblick auf das Verhältnis zwischen einer Schiedsgutachtervereinbarung (§ 18 VOB/B) und der Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf den Beschluss des BGH vom 26.01.2022, Az.: VII ZB 19/21.

Die Antragstellerin begehrte im selbständigen Beweisverfahren die Feststellung von Mängeln an Stahlbauteilen, die von der Antragsgegnerin im Rahmen der Neuerrichtung einer Autobahnbrücke verwandt werden sollten.

Die Antragstellerin hatte der Antragsgegnerin im Jahre 2017 den Zuschlag für ein Bauvorhaben erteilt, welches u.a. die Neuerrichtung einer Autobahnbrücke umfasste. Grundlage des Vertrages war die VOB/B sowie die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING). Im Hinblick auf die durch ein Nachunternehmen der Auftragnehmerin gefertigten Stahlbauteile und der Mangelhaftigkeit entspann sich der Streit zwischen den Parteien. Der Vertrag beinhaltete u.a. eine Klausel eine Schiedsgutachterklausel.

Die Antragstellerin leitete ein selbständiges Beweisverfahren nach § 485 ZPO und begehrte den Erlass von einstweiligen Anordnungen gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Mit der Frage der Zulässigkeit des selbständigen Beweisverfahrens hatte sich der BGH, der die Rechtsauffassung der Vorinstanzen (LG Köln, Entscheidung vom 24.11.2020 – 37 OH 13/20 und OLG Kölng, Entscheidung vom 15.03.2021 – 17 W 20/21)  im Ergebnis bestätigte, auseinanderzusetzen. Hierbei bestätigte der BGH die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung, wonach eine Schiedsgutachtenabrede nach § 18 Abs. 4 VOB/B jedenfalls einer vorherigen oder parallelen Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO grundsätzlich entgegensteht. Dies jedenfalls insoweit, als das Beweisthema des beabsichtigten Beweisverfahrens sich mit dem gegenständlichen Anwendungsbereich der Schiedsgutachtenabrede deckt.

Bislang war das Verhältnis des auf § 485 Abs 2 ZPO gestützten selbständigen Beweisverfahrens einerseits und eine von den Parteien getroffene Schiedsgutachtenabrede andererseits in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Insoweit hat der BGH erheblich zur Rechtssicherheit und Prognostizierbarkeit der zutreffenden Vorgehensweise in derartigen Fallkonstellationen, die in der Praxis relativ häufig vorkommen dürften, beigetragen.

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Vergütung des Planers bei Bauzeitverlängerung und Mehraufwand

 

(Kiel)  Mit der praxisrelevanten sowie spannenden Fragestellung bezüglich der Berechtigung zur Anpassung des Honorars bei bauzeitbedingtem Mehraufwand hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das OLG Urteil vom 16.06.2021 (Az.: 11 U 16/189).

Das OLG Brandenburg hatte eine Klage eines Planungsbüros, welches zusätzliches Honorar forderte, zur Entscheidungsfindung vorgelegt erhalten.

Das Zusatzhonorar war durch die Verlängerung der Bauzeit, für Leistungen der Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordination (Abkürzung: SiGeKo) bedingt. Im konkreten Fall begehrte das beauftragte Planungsbüro eine zusätzliche Vergütung für die Bauüberwachung eines Flughafenprojektes.

Vertraglich hatten die Parteien keine Vereinbarung im Hinblick auf eine Anpassung der Vergütung getroffen. Das Honorar war für den ursprünglichen Fertigstellungstermin als monatliche Teilpauschale vereinbart.

Im Wege der Vertragsauslegung stellte das OLG Brandenburg fest, dass sich das vereinbarte Honorar nur auf den ursprünglichen (nicht eingehaltenen) Termin bezieht. Durch die Nichteinhaltung des Termins stehe (sozusagen konkludent) fest, dass dem Grunde nach ein zusätzliches Honorar gefordert werden könne.

Diese Fallgestaltung, die (vom Auftragnehmer) nicht verschuldete Bauzeitverzögerung beinhaltend, dürfte in der Praxis nicht selten vorkommen. Insoweit ist eine Honoraranpassung, so das OLG Brandenburg, in den Fällen in denen keine diesbezügliche Honorarvereinbarung getroffen worden ist, möglich. Die Durchsetzung zusätzlicher Honorarforderungen im Zusammenhang mit unverschuldeten Bauzeitverzögerungen, selbst wenn keine diesbezügliche vertragliche Regelung getroffen worden ist, erscheint unter Bezugnahme auf diese Entscheidung vereinfacht.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz

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BGH: Adoptiertes Kind hat Anspruch gegen seine leibliche Mutter auf Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters

(Stuttgart) Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine leibliche Mutter auch nach einer Adoption ihrem Kind grundsätzlich zur Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verpflichtet ist.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19. Januar 2022 - XII ZB 183/21.

Im zugrundeliegenden Fall ging es um eine im Jahr 1984 geborene Antragstellerin, die von ihrer leiblichen Mutter, der Antragsgegnerin, Auskunft über die Person des leiblichen Vaters verlangte. Bei der Geburt war die in problematischen Familienverhältnissen aufgewachsene Antragsgegnerin gerade 16 Jahre alt geworden. Sie hatte die Schwangerschaft erst im siebten Monat bemerkt und die Hauptschule, deren siebte Klasse sie damals besuchte, ohne Schulabschluss verlassen. Nach der Geburt lebte sie mit der Antragstellerin zunächst in einem Mutter-Kind-Heim und später in einer Mädchen-Wohngemeinschaft, ehe die Antragstellerin von einem Ehepaar adoptiert wurde. Ein im Jahr 1985 durchgeführtes Vaterschaftsfeststellungsverfahren blieb ebenso erfolglos wie ein außergerichtlicher Vaterschaftstest mit einem weiteren Mann. Ende 2003 kam es auf Vermittlung des Jugendamts zu einem Treffen zwischen Antragstellerin und Antragsgegnerin. Nachdem die Antragstellerin die Antragsgegnerin im März 2018 erfolglos aufgefordert hatte, Namen und Anschrift des leiblichen Vaters zu benennen, hat sie sie nun im gerichtlichen Verfahren diese Auskunft verlangt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil der Antragsgegnerin die Auskunftserteilung unmöglich sei. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung abgeändert und die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin alle Männer mit vollständigem Namen und Adresse zu benennen, die der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt haben.

Der Bundesgerichtshof hat die dagegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft ist die Bestimmung des § 1618 a BGB, nach der Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig sind. Auch wenn die Vorschrift keine konkreten Sanktionen bei einem Verstoß vorsieht, können Eltern und Kindern aus ihr wechselseitig Rechtsansprüche erwachsen. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates, der Schutzbedürftigkeit des Einzelnen vor der Vorenthaltung verfügbarer Informationen über die eigene Abstammung bei der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen den Betroffenen angemessen Rechnung zu tragen. Dies ist bei der Auslegung des § 1618 a BGB zu berücksichtigen, zumal der Gesetzgeber einen Auskunftsanspruch nicht ausdrücklich normiert hat. Anders als beim Anspruch des sog. Scheinvaters gegen die Kindesmutter auf Auskunft über die Identität des leiblichen Kindesvaters, für den das Bundesverfassungsgericht einer Herleitung aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Absage erteilt und eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gefordert hat, geht es hier nicht allein um die Durchsetzung finanzieller Interessen. Vielmehr wird mit dem Auskunftsanspruch eine Rechtsposition von ganz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedeutung, nämlich das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, gestärkt.

Dass die Antragsgegnerin wegen der Adoption der Antragstellerin und dem aus § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB folgenden Erlöschen des rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses aufgrund Adoption nicht mehr die rechtliche Mutter der Antragstellerin ist, steht dem Anspruch nicht entgegen. Denn das Auskunftsschuldverhältnis zwischen Kind und Mutter ist vor der Adoption entstanden. Würde man dies anders sehen, würde die Adoption hinsichtlich des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung zu einer nicht gerechtfertigten Schlechterstellung gegenüber Kindern führen, deren rechtliche Eltern-Kind-Beziehung zu ihrer leiblichen Mutter fortbesteht. Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin auch keine erheblichen, gegen ihre Auskunftsverpflichtung sprechenden Abwägungsgesichtspunkte vorgetragen, sondern im Gegenteil zu keinem Zeitpunkt bestritten, dass der Auskunftsanspruch der Antragstellerin grundsätzlich besteht. Somit hat sie sich nicht auf konkrete Belange berufen, die mit Blick auf ihr ebenfalls verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Achtung ihrer Privat- und Intimsphäre dazu führen könnten, das Bestehen des Auskunftsanspruchs zu verneinen.

Mit der bloßen Mitteilung, sie könne sich an keinen möglichen Erzeuger erinnern, hat die Antragsgegnerin den Auskunftsanspruch nicht erfüllt. Sie hat auch nicht dargelegt, dass ihr eine Erfüllung auch nach Einholung der ihr zumutbaren Erkundigungen unmöglich ist. Das Oberlandesgericht hat eine Reihe von möglichen Kontaktpersonen aufgelistet, an die sich die Antragsgegnerin wenden kann, um Hinweise zu potenziellen leiblichen Vätern der Antragstellerin zu erhalten. Diesen Nachfragemöglichkeiten fehlt es weder an der Erfolgsaussicht noch sind sie der Antragsgegnerin unzumutbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Eu­ro­päi­scher Ge­richts­hof be­fasst sich aber­mals mit dem Honorar Ar­chi­tek­ten und In­ge­nieu­ren

 

(Kiel)  Die EU-In­sti­tu­tio­nen sehen staat­lich fest­ge­leg­te Min­dest­ho­no­ra­re für Frei­be­ruf­ler in Deutsch­land mit Skep­sis: Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof be­fasste sich nun aber­mals mit dem Honorar Ar­chi­tek­ten und In­ge­nieu­ren.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 18.01.2022 in der Rechtssache C-261/20.

Unter Zugrundelegung des Urteils des EuGH in der Rechtssache C-261/20 können sowohl Architekten als auch Bauherren in Deutschland in bestimmten Sachverhaltskonstellationen Schadenersatzansprüche gegen den Staat geltend machen, da  Regelungen der HOAI gegen EU-Recht verstoßen. Hintergrund ist, dass jedes EU-Mitgliedsland die Einhaltung des europäischen Rechts gewährleisten muss. Daraus folge, ein Schadensersatzanspruch des Einzelnen, sofern der Schaden auf  Verstößen gegen europäisches Recht basiert.

Hintergrund des Urteils war – wieder einmal – die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Nach dem Urteil des EuGH vom 04.07.2019 verstieß dieselbe gegen europäisches Recht. Zwar sei eine Festlegung von Mindest- und Höchstpreisen nicht per se nicht europarechtskonform. Allerdings würden Anbieter aus dem EU-Staaten daran gehindert, sich in Deutschland niederzulassen.

Der BGH prüfte in der Folgezeit die Auswirkungen des EuGH-Urteils auf bestehende Planungsverträge, in denen ein Honorar unterhalb des Mindestsatzes vereinbart wurde - und der Planer nachträglich den Mindestsatz verlangt hatte.

Dem BGH lag die Klage eines Baumeisters vor, der die vereinbarte Pauschalvergütung für seine Planungen zu einem Technopark in der Berliner Siemensstadt nachträglich nicht unerheblich aufstocken wollte. Der EuGH hatte am 4.7.2019 die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze mit Blick auf die EU-Dienstleistungsrichtlinie verworfen. Der VII. Zivilsenat hat jedoch angefragt, ob das auch für Fälle gilt, in denen am Tag jener Verkündung bereits ein Rechtsstreit abhängig war. Hierzu sind unterschiedliche oberlandesgerichtliche Entscheidungen ergangen.

Das OLG Hamm vertrat in dem zugrunde liegenden Verfahren,  dass der Richterspruch nur den betroffenen Mitgliedstaat binde, der nach eigenem Ermessen Maßnahmen zur Abhilfe ergreifen müsse. Dem gegenüber entfalte die Rechtsprechung keine Bindungswirkungen gegenüber Privatleuten. Darüber hinaus käme auch keine richtlinienkonforme Auslegung in Betracht, weil sie nicht dem erkennbaren Willen des Gesetz- und Verordnungsgebers entsprach

Der BGH neigt seinem Vorlageschluss zufolge dazu, beides genauso zu sehen. Doch könne bei einer Anwendung der gekippten Honorarregeln ein anderer Verstoß vorliegen – insbesondere gegen die Niederlassungsfreiheit. Generalanwalt Maciej Szpunar führte in seinen Schlussanträgen aus, dass sich die Dienstleistungsrichtlinie nicht nur die in Art. 49 AEUV verankerte Niederlassungsfreiheit konkretisiere, sondern darüber hinaus auch die Grenzen ihrer Anwendung auf rein innerstaatliche Angelegenheiten ausdehne. Eine weitere Anwendung der Höchst- und Mindestsätze der HOAI  verstoße gegen die unternehmerische Freiheit nach Art. 16 GRCh und damit gleichzeitig auch gegen die Vertragsfreiheit.

Die deutsche Gerichtsbarkeit war sich hinsichtlich der weiteren Anwendung der HOAI uneinig. Der BGH, der sich im Rahmen einer Revision mit dieser Rechtsfrage auseinanderzusetzen hatte, legte dann dem EuGH Fragen vor, die zum jetzigen EuGH-Urteil führten.

Das oberste Gericht der EU entschied weiter, dass deutsche Gerichte die Honorarordnung bei Streitigkeiten zwischen Privaten auch weiterhin anwenden können. Denn die EU-Vorgaben haben keine unmittelbaren Wirkungen für Privatpersonen, sondern sind eine Anweisung an einen Staat. Sobald die Urteilsgründe im Volltext veröffentlicht wird, wird zeitnah berichtet werden.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

BGH zur Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

 

(Kiel)  Der u.a. für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu entscheiden, ob ein Mieter von gewerblich genutzten Räumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der COVID-19-Pandemie zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet ist.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Urteil vom 12. Januar 2022 – XII ZR 8/21.

 

  • Sachverhalt:

 

Die Beklagte hat von der Klägerin Räumlichkeiten zum Betrieb eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs gemietet. Aufgrund des sich im März 2020 in Deutschland verbreitenden SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) erließ das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt am 18. und am 20. März 2020 Allgemeinverfügungen, aufgrund derer die Beklagte ihr Textileinzelhandelsgeschäft im Mietobjekt vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste. Infolge der behördlich angeordneten Betriebsschließung entrichtete die Beklagte für den Monat April 2020 keine Miete.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:


Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung der Miete für den Monat April 2020 in Höhe von 7.854,00 € verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Beklagte - unter Abweisung der Klage im Übrigen - zur Zahlung von nur 3.720,09 € verurteilt. Infolge des Auftretens der COVID-19-Pandemie und der staatlichen Schließungsanordnung auf Grundlage der Allgemeinverfügungen sei eine Störung der Geschäftsgrundlage des Mietvertrags i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB eingetreten, die eine Anpassung des Vertrags dahin gebiete, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert werde.

 

  • Entscheidung des Bundesgerichtshofs:


Auf die Revisionen der Klägerin, die nach wie vor die volle Miete verlangt, und der Beklagten, die ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt, hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen.

 

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht kommt.

 

Die Anwendbarkeit der mietrechtlichen Gewährleistungsvorschriften und der Regelungen des allgemeinen schuldrechtlichen Leistungsstörungsrechts, insbesondere des § 313 BGB zum Wegfall der Geschäftsgrundlage, ist nicht durch die für die Zeit vom 1. April 2020 bis zum 30. September 2022 geltende Vorschrift des Art. 240 § 2 EGBGB ausgeschlossen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut und ihrem Gesetzeszweck allein eine Beschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters zum Ziel hat und nichts zur Höhe der geschuldeten Miete aussagt.

 

Die auf den Allgemeinverfügungen des Sächsischen Staatsministeriums beruhende Betriebsschließung hat jedoch nicht zu einem Mangel des Mietgegenstands i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB geführt, weshalb das Oberlandesgericht zu Recht eine Minderung der Miete nach § 536 Abs. 1 BGB abgelehnt hat. Ergeben sich aufgrund von gesetzgeberischen Maßnahmen während eines laufenden Mietverhältnisses Beeinträchtigungen des vertragsmäßigen Gebrauchs eines gewerblichen Mietobjekts, kann dies zwar einen Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB begründen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische Maßnahme bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts in Zusammenhang steht. Die mit der Schließungsanordnung verbundene Gebrauchsbeschränkung der Beklagten erfüllt diese Voraussetzung nicht. Die behördlich angeordnete Geschäftsschließung knüpft allein an die Nutzungsart und den sich daraus ergebenden Publikumsverkehr an, der die Gefahr einer verstärkten Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus begünstigt und der aus Gründen des Infektionsschutzes untersagt werden sollte. Durch die Allgemeinverfügung wird jedoch weder der Beklagten die Nutzung der angemieteten Geschäftsräume im Übrigen noch der Klägerin tatsächlich oder rechtlich die Überlassung der Mieträumlichkeiten verboten. Das Mietobjekt stand daher trotz der Schließungsanordnung weiterhin für den vereinbarten Mietzweck zur Verfügung. Das Vorliegen eines Mangels i.S.v. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich auch nicht aus dem im vorliegenden Fall vereinbarten Mietzweck der Räumlichkeiten zur "Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts für Textilien aller Art, sowie Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs". Die Beklagte konnte nicht davon ausgehen, dass die Klägerin mit der Vereinbarung des konkreten Mietzwecks eine unbedingte Einstandspflicht auch für den Fall einer hoheitlich angeordneten Öffnungsuntersagung im Falle einer Pandemie übernehmen wollte.

 

Dem Mieter von gewerblich genutzten Räumen kann jedoch im Fall einer Geschäftsschließung, die aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erfolgt, grundsätzlich ein Anspruch auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB zustehen. Dies hat das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt; seine Erwägungen zu einer möglichen Vertragsanpassung sind jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.


Aufgrund der vielfältigen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie Geschäftsschließungen, Kontakt- und Zugangsbeschränkungen und der damit verbundenen massiven Auswirkungen auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 ist im vorliegenden Fall die sogenannte große Geschäftsgrundlage betroffen. Darunter versteht man die Erwartung der vertragschließenden Parteien, dass sich die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen eines Vertrags nicht ändern und die Sozialexistenz nicht erschüttert werde. Diese Erwartung der Parteien wurde dadurch schwerwiegend gestört, dass die Beklagte aufgrund der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie erlassenen Allgemeinverfügungen ihr Geschäftslokal in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 schließen musste. Dafür, dass bei einer zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten Betriebsschließung die tatsächliche Voraussetzung des § 313 Abs. 1 Satz 1 BGB einer schwerwiegenden Störung der Geschäftsgrundlage erfüllt ist, spricht auch die neu geschaffene Vorschrift des Art. 240 § 7 EGBGB. Danach wird vermutet, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar sind.

 

Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Beruht die enttäuschte Gewinnerwartung des Mieters wie im vorliegenden Fall auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie wie einer Betriebsschließung für einen gewissen Zeitraum, geht dies über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Mieters hinaus. Denn die wirtschaftlichen Nachteile, die ein gewerblicher Mieter aufgrund einer pandemiebedingten Betriebsschließung erlitten hat, beruhen nicht auf unternehmerischen Entscheidungen oder der enttäuschten Vorstellung, in den Mieträumen ein Geschäft betreiben zu können, mit dem Gewinne erwirtschaftet werden. Sie sind vielmehr Folge der umfangreichen staatlichen Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die keine der beiden Mietvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Durch die COVID-19-Pandemie hat sich letztlich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht, das von der mietvertraglichen Risikoverteilung ohne eine entsprechende vertragliche Regelung nicht erfasst wird. Das damit verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.

 

Dies bedeutet aber nicht, dass der Mieter stets eine Anpassung der Miete für den Zeitraum der Schließung verlangen kann. Ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, bedarf auch in diesem Fall einer umfassenden Abwägung, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (§ 313 Abs. 1 BGB). Eine pauschale Betrachtungsweise wird den Anforderungen an dieses normative Tatbestandsmerkmal der Vorschrift nicht gerecht. Deshalb kommt die vom Oberlandesgericht vorgenommene Vertragsanpassung dahingehend, dass ohne Berücksichtigung der konkreten Umstände die Miete für den Zeitraum der Geschäftsschließung grundsätzlich um die Hälfte herabgesetzt wird, weil das Risiko einer pandemiebedingten Gebrauchsbeschränkung der Mietsache keine der beiden Mietvertragsparteien allein trifft, nicht in Betracht. Es bedarf vielmehr einer umfassenden und auf den Einzelfall bezogenen Abwägung, bei der zunächst von Bedeutung ist, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind. Diese werden bei einem gewerblichen Mieter primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung bestehen, wobei jedoch nur auf das konkrete Mietobjekt und nicht auf einen möglichen Konzernumsatz abzustellen ist. Zu berücksichtigen kann auch sein, welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.

 

Da eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage aber nicht zu einer Überkompensierung der entstandenen Verluste führen darf, sind bei der Prüfung der Unzumutbarkeit grundsätzlich auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat. Dabei können auch Leistungen einer ggf. einstandspflichtigen Betriebsversicherung des Mieters zu berücksichtigen sein. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben hingegen bei der gebotenen Abwägung außer Betracht, weil der Mieter durch sie keine endgültige Kompensation der erlittenen Umsatzeinbußen erreicht. Eine tatsächliche Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Mieters ist nicht erforderlich. Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen.

 

Das Oberlandesgericht hat nach der Zurückverweisung nunmehr zu prüfen, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen die Geschäftsschließung in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Beklagte hatte und ob diese Nachteile ein Ausmaß erreicht haben, das eine Anpassung des Mietvertrags erforderlich macht.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Stuttgart, den 17.12.2021

Presseerklärung

 

Keine rechtswirksame Zustellung eines im Ausland beantragter Scheidung per WhatsApp

(Stuttgart) Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte die Rechtsfrage zu entscheiden, ob eine rechtswirksame Zustellung des Antrages auf Anerkennung eines ausländischen Scheidungsurteils (Kanada) per WhatsApp erfolgen könne.

Das, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf den Beschluss des Gerichts v. 22.11.2021, Az. 28 VA 1/21, hat das OLG Frankfurt am Main im Ergebnis verneint. Eine rechtswirksame Zustellung ausländischer Schriftstücke könne nicht per WhatsApp erfolgen.

Das OLG musste sich mit der Scheidung eines kanadischen Mannes und einer deutschen Frau auseinandersetzen. Die Beteiligten hatten in Kanada geheiratet und sich bis zuletzt auch gemeinsam dort aufgehalten – bis die Frau nach der Trennung nach Deutschland zurückkehrte. Der Mann hat in der Folge vor einem kanadischen Gericht die Ehescheidung beantragt. Die Zustellung des Scheidungsantrags an die Frau ist laut Pressemitteilung mit Genehmigung des zuständigen kanadischen Gerichts über den Nachrichtendienst WhatsApp erfolgt. Die Frau hat darauf zwar geantwortet, aber sich nicht zur Sache eingelassen. In der Folge wurde die Scheidung durch das kanadische Gericht ausgesprochen.

Das OLG wies nun jedoch den Antrag des Mannes auf Anerkennung des kanadischen Scheidungsurteils zurück. Auslandszustellungen könnten in Deutschland nicht per WhatsApp erfolgen und daher sei der Scheidungsantrag nicht ordnungsgemäß mitgeteilt worden. Etwaigen erweiternden Regelungen im Haager Übereinkommen über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland habe Deutschland widersprochen. Weil das Schriftstück daher nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, sei es auch unerheblich, dass die Frau als Antragsgegnerin tatsächlich Kenntnis von dem Scheidungsantrag erlangt habe und sie ihre Rechte eigentlich hätte wahrnehmen können

Die nach kanadischem Recht mögliche Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke als pdf-Anhang einer WhatsApp-Nachricht erfüllt nicht die Wirksamkeitsvoraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 des im Verhältnis zwischen Deutschland und Kanada anwendbaren Haager Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken im Ausland (HZÜ). Damit scheitert eine Anerkennung eines auf die fehlerhafte Zustellung ergangenen kanadischen Scheidungsurteils an dem Anerkennungshindernis des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

Für die Bejahung der Anerkennungsfähigkeit des kanadischen Scheidungsurteils reicht es auch nicht aus, dass der Antragsgegnerin infolge der noch rechtzeitig erfolgten Mitteilung der Antragsschrift eine Rechtswahrnehmung in Kanada möglich gewesen wäre, der Zustellungsfehler dafür also ohne Bedeutung war. Denn die Anerkennung erfordert zwingend nicht nur eine rechtzeitige, sondern auch eine ordnungsgemäße Zustellung (vgl. BGH FamRZ 2019, 996; OLG Stuttgart FamRZ 2017, 1518; OLG Bremen FamRZ 2013, 808).

Schließlich kann der Antragsgegnerin die Berufung auf das Anerkennungshindernis des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG auch nicht deshalb verwehrt werden, weil sie einen nach der kanadischen Verfahrensordnung möglicherweise zulässigen Rechtsbehelf gegen das Scheidungsurteil nicht eingelegt oder weil sie inzwischen selbst in Deutschland ein Scheidungsverfahren eingeleitet hat (vgl. BGH FamRZ 2019, 996).

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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BGH – Geschäftsraummiete und Lockdown

(Kiel) Der Einzelhandel ist durch die pandemiebedingten Geschäftsschließungen wirtschaftlich – teilweise existentiell – betroffen. Die mietvertragliche Verpflichtung zur Mietzahlung besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob das Mietobjekt genutzt wird oder nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH - Az. XII ZR 8/21) hat in seiner mündlichen Verhandlung angedeutet, dass Einzelhändler, die mit ihrem Vermieter über die Miete im Corona-Lockdown streiten, voraussichtlich nicht von einer hälftigen Beteiligung des Vermieters ausgehen können. Es ist vielmehr im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die Voraussetzung einer Mietanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) vorliegen. Eine Entscheidung wird durch den BGH am 12.01.2022 verkündet werden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

Durch die behördliche Anordnung von Schließungen war vielen Geschäften von heute auf morgen die Existenzgrundlage entzogen. Die fixen Kosten, wie beispielsweise Mietzahlungen, fallen gleichwohl weiter an, obgleich Einnahmen nicht generiert werden. Vermieter haben auf derartige Konstellationen in unterschiedlicher Weise reagiert. Zum Teil wurden Anpassungen schlichtweg abgelehnt. Zum Teil war ein entsprechendes Entgegenkommen vermieterseits feststellbar. § 313 BGB sieht grundsätzlich für die Fälle der sog. Störung der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages an die veränderten Bedingungen, die von beiden Parteien bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen werden konnten, vor.

Daraus folgt aber nicht, dass dem Geschäftsinhaber ein automatischer Anpassungsanspruch zusteht.

Das OLG Dresden, 24.02.2021 - 5 U 1782/20,  führte aus, dass das Risiko nicht allein vom Mieter zu tragen sei. Es ging bei der ersten Fallkonstellation um eine Filiale des Textildiscounters KIK, die im Zeitraum 19.03.2020 bis einschließlich 19.04.2020 geschlossen werden musste. Der Vermieter begehrte für diesen Zeitraum die vollständige Miete i.H.v. € 7.850,00. Das OLG Dresden war der Ansicht, dass die Fa. KIK nur ca. 50 % der Miete zahlen müsse. Vorliegend habe sich nicht nur das „normale Risiko“, sondern im Hinblick auf „weitgehende staatliche Eingriffe in das soziale und wirtschaftliche Leben aufgrund einer Pandemie“, ein darüber hinausgehendes Risiko realisiert. Das Risiko einer solchen Systemkrise könne nicht allein einer Vertragspartei auferlegt werden. (OLG DresdenGeschäftsraummiete während Corona-Pandemie, BeckRS 2021, 2461. Warmuth, § 313 BGB in Zeiten der Corona-Krise - am Beispiel der Gewerberaummiete, COVuR 2020, 16. Daßbach/Bayrak, Daßbach/Bayrak: Corona-Krise und vertragliche Risikoverteilung, NJ 2020, 185. Krepold, Gewerbemietverträge in Zeiten der Corona-Pandemie, WM 2020, 726).

Eine  generelle hälftige Beteiligung des Geschäftsrisikos sei allerdings, folgt man den Ausführungen der BGH Richter, zu pauschal. Es hat in jedem Einzelfall eine Prüfung zu erfolgen. Es ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, ob der betroffene Geschäftsinhaber staatliche Hilfen oder Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung erhalten hat.

Über die Entscheidung des BGH wird zeitnah Anfang Januar 2022 berichtet werden.

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Kiel, den 17.11.2021

Presseerklärung

BGH – Zur Wirksamkeit einer formularvertraglich vereinbarten Betriebs- und Offenhaltungsverpflichtung des Mieeters eines Ladengeschäfts im Einkaufszentrum

(Kiel) Eine formularvertraglich vereinbarte Betriebs- und Offenhaltungsverpflichtung des Mieters eines Ladengeschäfts im Einkaufszentrum, stellt – selbst bei fehlendem Konkurrenzschutz – dann keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn derselbe nur mit einer unkonkreten Sortimentsbindung versehen ist.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof (BGH) vom 06.10.2021 (Az.: XII ZR 11/20).

Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Durchsetzung einer Betriebspflicht aus einem formularmässigen Mietvertrag über den Betrieb eines Ladenlokals in einem Einkaufszentrum. Die Mietvertragsparteien hatten eine Sortimentsbindung des beklagten Mieters, unter Ausschluss eines Konkurrenz-, Sortiments- und Branchenschutzes des Mieters, vereinbart. Die im Laufe des Mietverhältnisses erfolgten Betriebskostenabrechnungen wurden  zwischen den Parteien streitig. Daraufhin kündigte der Beklagte das Mietverhältnis, unter Hinweis auf die fehlerhafte Betriebskostenabrechnung und eröffnete sein Ladenlokal (zunächst) nicht mehr.

Gegenstand des Rechtstreits ist im Wesentlichen die Beurteilung der Durchsetzung der Betriebspflicht des Beklagten. Es wurde festgestellt, dass gem. § 307 Abs. 1 BGB keine unwirksame Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorliegt. Zwar ist die formularmäßige Vereinbarung einer Betriebs- und Offenhaltungspflicht für sich  genommen im Regelfall nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Gleichfalls ist für sich genommen eine formularmässige Abrede, die den  Mieter von Gewerberäumen an ein bestimmtes Sortiment bindet oder den Vermieter von einer Verpflichtung zum Konkurrenzschutz freistellt, nicht unwwirksam. Nicht mehr angemessen ist es hingegen, wenn die genannten Formularbedingugnen – unter Einschluss einer engen Sortimentsbindung – kumulativ vereinbart werden.

Allerdings stehe bei der Betrachtung der kumulativ aufgenommenen Formularbedingugnen nicht hauptsächlich oder allein die Angemessenheit der Betriebspflicht mit Sortimentsbindung im Blickfeld, sondern der Ausschluss des Konkurrenzschutzes. Denn bei ihm handelt es sich um einen Eingriff in die Hauptleistungspflicht des Vermieters. Werden durch eine Bestimmung wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist, ist gem. § 307 Abs. 2 BGB im  Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen. Dies ist der Fall, sofern in einem typischen Einkaufszentrum durch formularmässigen Mietvertrag jeglicher Konkurrenzschutz ausgeschlossen, gleichzeitig dem Mieter aber eine Betriebspflicht mit enger Sortimentsbindung auferlegt wird.

Im Umfang einer vage getroffenen Zweck- und Sortimentsbestimmung ist es der Klägerin nicht zumutbar, dem Beklagten Sortiments- und Konkurrenzschutz zu gewähren. Daher benachteiligen die Klauseln den Beklagten vorliegend nicht unangemessen.

Angesichts der Komplexität der Materie ist rechtliche Beratung im Zusammenhang mit der Gestaltung von Mietverträgen einerseits, aber auch im Hinblick auf die Abwicklung von Mietverträgen unverzichtbar.

Filiz empfahl daher, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

 

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Presseerklärung

 

 

Bundesländer dürfen grenzüberschreitende Wärmedämmung regeln

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshof hatte sich soeben mit der Frage zu befassen, ob landesrechtliche Regelungen, die eine grenzüberschreitende nachträgliche Wärmedämmung von Bestandsbauten erlauben, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Urteil vom 12. November 2021 – V ZR 115/20.

 

  • Sachverhalt:

 

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Nordrhein-Westfalen, die jeweils mit vermieteten Mehrfamilienhäusern bebaut sind. Die Giebelwand des vor mehreren Jahrzehnten errichteten Gebäudes der Klägerin steht direkt an der gemeinsamen Grundstücksgrenze, während das Gebäude der Beklagten etwa 5 Meter von der Grenze entfernt ist. Gestützt auf die Behauptung, eine Innendämmung ihres Gebäudes könne nicht mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden, verlangt die Klägerin von den Beklagten, dass diese die grenzüberschreitende Außendämmung der Giebelwand der Klägerin gemäß § 23a NachbG NW dulden.

 

  • Bisheriger Prozessverlauf:

 

Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision.

 

  • Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

 

Die Revision hat Erfolg gehabt. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil des Amtsgerichts, das der Klage vollen Umfangs stattgegeben hat, wiederhergestellt; die Beklagten müssen es nun also dulden, dass die Klägerin die Wärmedämmung anbringt.

 

Dabei hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

 

Von seinem rechtlichen Standpunkt aus hätte das Berufungsgericht, das die einschlägige landesrechtliche Norm des § 23a NachbG NW für verfassungswidrig hielt, schon keine Sachentscheidung treffen dürfen. Gerichte sind dazu verpflichtet, Gesetze anzuwenden (Art. 20 Abs. 3 GG). Hält ein Gericht ein entscheidungserhebliches Gesetz für verfassungswidrig, so ist es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dazu verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Denn nur das Bundesverfassungsgericht ist dazu befugt, ein nachkonstitutionelles Gesetz für nichtig zu erklären (sog. "Verwerfungsmonopol").

 

Der Senat seinerseits hat keinen Anlass für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG gesehen, weil er § 23a NachbG NW für verfassungsgemäß hält. Die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer für Regelungen dieser Art, die in mehreren Landesnachbargesetzen enthalten sind, ist gegeben. Allerdings unterfällt das private Nachbarrecht als Teil des bürgerlichen Rechts gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Für eine Gesetzgebung der Länder ist daher gemäß Art. 72 Abs. 1 GG nur Raum, wenn der Bund die Materie nicht erschöpfend geregelt hat. Aber selbst bei umfassender Regelung der Materie durch den Bund können die Länder Gesetze erlassen, soweit das Bundesgesetz Regelungsvorbehalte zugunsten des Landesgesetzgebers enthält.

 

Das Nachbarrecht des Bundes regelt in § 912 BGB, unter welchen Voraussetzungen ein rechtswidriger Überbau auf das Nachbargrundstück im Zusammenhang mit der Errichtung eines Gebäudes geduldet werden muss. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass ein vorsätzlicher Überbau im Grundsatz nicht hingenommen werden muss. Aber der in Art. 124 EGBGB enthaltene Regelungsvorbehalt erlaubt den Erlass neuer (vgl. dazu Art. 1 Abs. 2 EGBGB) landesgesetzlicher Vorschriften, welche das Eigentum an Grundstücken zugunsten der Nachbarn noch "anderen" als den im Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Beschränkungen unterwerfen. Die bislang umstrittene Frage, wann eine "andere" Beschränkung vorliegt, so dass die Gesetzgebungskompetenz der Länder besteht, lässt sich, wie der Bundesgerichtshof nun grundsätzlich geklärt hat, nur auf der Grundlage einer vergleichenden Gesamtwürdigung der bundes- und landesrechtlichen Regelungen bestimmen. Das Landesrecht darf Beschränkungen vorsehen, die dieselbe Rechtsfolge wie eine vergleichbare nachbarrechtliche Regelung des Bundes anordnen, aber an einen anderen Tatbestand anknüpfen und einem anderen Regelungszweck dienen; allerdings muss dabei die Grundkonzeption des Bundesgesetzes gewahrt bleiben.

 

Daran gemessen sind die landesrechtlichen Regelungen zur nachträglichen Wärmedämmung als "andere" Beschränkung anzusehen, so dass die Gesetzgebungskompetenz der Länder gegeben ist. Zwar besteht die Rechtsfolge wie bei § 912 BGB in der Pflicht zur Duldung eines Überbaus. Aber obwohl die landesrechtlichen Regeln einen vorsätzlichen Überbau erlauben, beziehen sie sich tatbestandlich auf eine spezifische bauliche Situation, die sich von der in § 912 BGB geregelten Errichtung des Gebäudes unterscheidet. Sie setzen nämlich voraus, dass die Dämmung eines an der Grenze errichteten Gebäudes erst im Nachhinein erforderlich wird, und zwar durch neue öffentlich-rechtliche Zielvorgaben oder jedenfalls durch die Veränderung allgemein üblicher Standards infolge der bautechnischen Fortentwicklung. Landesrechtliche Normen dieser Art ändern gerade nichts daran, dass Neubauten - der Grundkonzeption des § 912 BGB entsprechend - so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet. Dementsprechend unterscheiden sich die jeweiligen Regelungszwecke. Das Überbaurecht des § 912 BGB soll die Zerstörung wirtschaftlicher Werte verhindern, und zwar nicht nur im Individualinteresse des Überbauenden, sondern auch im volkswirtschaftlichen Interesse. Die Beseitigung eines versehentlichen Überbaus bei der Errichtung eines Gebäudes lässt sich nämlich häufig nicht auf den überbauten Teil beschränken und soll nicht den Abriss eines Gebäudes bzw. Gebäudeteils nach sich ziehen. Dagegen geht es bei den Regelungen zur nachträglichen Wärmedämmung nicht darum, ob im Nachhinein ein Abriss erfolgen soll oder nicht. Sie setzen früher an und sollen dem Grundstückseigentümer von vornherein einen bewussten und geplanten Überbau zu dem spezifischen Zweck der nachträglichen energetischen Gebäudesanierung ermöglichen, wenn die Grenzbebauung die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks erforderlich macht. Damit werden ebenfalls öffentliche Interessen verfolgt, aber andere als im Rahmen des § 912 BGB; die energetische Gebäudesanierung soll nämlich zur Energieeinsparung führen, die schon wegen der nunmehr durch das Klimaschutzgesetz vorgegebenen Verminderung von Treibhausgasemissionen im allgemeinen Interesse liegt.

 

Auch in materieller Hinsicht bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 23a NachbarG NW. Der Landesgesetzgeber hat den ihm bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, indem er differenzierte Vorgaben zu Inhalt und Grenzen der Duldungspflicht vorgesehen hat. Die Regelung erweist sich insbesondere als verhältnismäßig. Die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks ist erforderlich, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne wird schon dadurch gewahrt, dass die Überbauung die Benutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen darf und ein finanzieller Ausgleich erfolgen muss.

 

Dass die § 23a Abs. 1 NachbarG NW genannten Voraussetzungen für die Duldungspflicht in der Sache vorliegen, hatten bereits die Vorinstanzen - von den Parteien unbeanstandet - festgestellt.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

 

Vereinbarung eines Umbauzuschlages i.H.v. 0 %

 

(Kiel)  Ist eine Vereinbarung eines Umbauzuschlages i.H.v. 0 % rechtwirksam, gleichwohl in der HOAI die Fiktion eines 20 %-igen Umbauzuschlages enthalten ist?

 

Mit dieser Frage, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Celle zu befassen und hat mit Urt. v. 06.10.2021 – 14 U 39/21 die Rechtswirksamkeit der Vereinbarung bestätigt.

 

Eine schriftliche Vereinbarung, nach der zwischen den Parteien ein Umbauzuschlag von 0% vereinbart worden ist, steht den Fiktionen von § 35 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009 und § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI 2013 nicht entgegen. Dies bedeutet, dass der Auftragnehmer auch nachträglich keinen weiteren Umbauzuschlag fordern kann, soweit er sich vertraglich auf 0 % eingelassen hat.

 

Hintergrund dieser Entscheidung war der Umstand, dass das klagende Ingenieurbüro für technische Gebäudeausrüstung mit der Planung und Überwachung von Sanierungsarbeiten beauftragt gewesen war.

 

Obwohl vertraglich ein Umbauzuschlag von 0 % vereinbart war, begehrte die Klägerin alsdann einen Umbauzuschlag i.H.v. 20 % mit der Begründung, dass sich dies aus den Regelungen der HOAI ergäbe.

 

Allerdings sah dies das entscheidende Gericht anders. Es meint, dass der Klägerin kein Anspruch auf einen Umbauzuschlag in Höhe von 20 % zusteht, weil die Parteien eine vertragliche Vereinbarung getroffen haben, die vorrangig ist. Diese Vereinbarung ist auch rechtmäßig. Zwar wird in der Literatur z.T. die Auffassung vertreten, dass die Regelungen der HOAI dahingehend zu verstehen sein müssen, dass es sich bei dem Zuschlag i.H.v. 20 % um eine Mindestregelung handele. Sofern diese Regelung für den Fall eingreife, in der überhaupt keine Honorarvereinbarung getroffen worden ist, müssen dies erst Recht bei einer Honorarvereinbarung der Fall sein, die diesen Prozentsatz unterschreitet.

 

Vorliegend ist das OLG diesem Ansatz allerdings nicht gefolgt, da die Parteien eine (eindeutige) Vereinbarung getroffen haben, der lediglich 0 % beträgt. Angesichts dieser eindeutigen Vereinbarung, die vorrangig ist, besteht kein Raum für einen Rückgriff auf den Auffangtatbestand der HOAI, der lediglich für den Fall der vollständig fehlenden vertraglichen Vereinbarung eine Mindestsatzfiktion in Höhe von 20 % vorsieht.

 

Insoweit muss bei der Vertragsgestaltung im wohlverstandenen Eigeninteresse des Planers-, Architekten- und/oder Ingenieurs darauf geachtet werden, dass bei einem vertraglich erfolgten Verzicht auf gewisse Honorarbestandteile eine spätere Nachforderung, unter Zugrundelegung des HOAI ausgeschlossen ist. Erst Recht gilt dies unter Zugrundelegung der HOAI 2021, die in einem weitaus größeren Umfang Honorarvereinbarungen, auch außerhalb der bislang verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen zulässt.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung


Bundesgerichtshof: Bei finanziell leistungsfähigen Großeltern keine gesteigerte
Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder
(Stuttgart) Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hatte zu klären, ob die sog. gesteigerte Unterhaltspflicht der
Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern auch dann besteht, wenn finanziell
leistungsfähige Großeltern vorhanden sind.
Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene –
Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und
Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis
auf die Mitteilung des Bundesgerichthofs (BGH) zu seinem Beschluss vom 27. Oktober 2021
- XII ZB 123/21.
Diese Frage ist u.a. dafür von Bedeutung, ob ein erwerbstätiger Elternteil für den
Kindesunterhalt sein oberhalb des sog. notwendigen Selbstbehalts (derzeit 1.160 €)
liegendes Einkommen einzusetzen hat oder lediglich das Einkommen oberhalb seines sog.
angemessenen Selbstbehalts (derzeit 1.400 €).
Im zugrundeliegenden Fall hat ein Bundesland als Träger der Unterhaltsvorschusskasse
Kindesunterhalt aus übergegangenem Recht für den Zeitraum von Juni 2016 bis
einschließlich Dezember 2017 verlangt. Der Antragsgegner ist der Vater der im August 2010
geborenen M., die aus seiner inzwischen geschiedenen Ehe mit der Kindesmutter
hervorgegangen ist, sowie eines Sohnes, dem er ebenfalls unterhaltspflichtig ist. Er verfügte
über ein Nettoeinkommen von rund 1.400 € und zahlte an die Kindesmutter, deren
Nettoeinkommen aus einer Teilzeittätigkeit rund 1.000 € betrug, monatlichen Unterhalt für M.
in Höhe von 100 €. Seine Eltern - die Großeltern von M. - hatten monatliche Nettoeinkünfte
von fast 3.500 € bzw. gut 2.200 €. Die Unterhaltsvorschusskasse leistete für M.
Unterhaltsvorschuss und nahm den Vater von auf sie übergegangenen Unterhalt in Höhe
von insgesamt 758,29 € in Regress. Der Antragsgegner wandte ein, er hafte angesichts der
leistungsfähigen Großeltern nur bis zur Höhe des angemessenen Selbstbehalts und sei
deswegen nicht leistungsfähig. Das Amtsgericht hat dem Zahlungsantrag in vollem Umfang
entsprochen. Auf die Beschwerde des Vaters hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung
abgeändert und den Antrag abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof hat die dagegen vom Land eingelegte Rechtsbeschwerde
zurückgewiesen, weil der Vater nicht über die von ihm erbrachten Unterhaltszahlungen
hinaus leistungsfähig im Sinne des § 1603 BGB war.
Verwandte in gerader Linie haben einander nach § 1601 BGB Unterhalt zu gewähren, wobei
die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder derjenigen der Großeltern für ihre Enkel
vorgeht (§ 1606 Abs. 2 BGB). Unterhaltspflichtig ist nach § 1603 Abs. 1 BGB nicht, wer
seinen angemessenen Unterhalt gefährden würde; der daraus abgeleitete angemessene
Selbstbehalt eines Elternteils gegenüber seinem Kind betrug seinerzeit 1.300 €. Allerdings
trifft Eltern minderjähriger Kinder gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB eine gesteigerte
Unterhaltspflicht, weshalb ihnen insoweit nur der notwendige Selbstbehalt von seinerzeit
1.080 € zusteht. Diese sog. gesteigerte Verpflichtung tritt nach § 1603 Abs. 2 Satz 3
Halbsatz 1 BGB nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist.
Wie der Bundesgerichtshof nun entschieden hat, führt das Vorhandensein von für den
Enkelunterhalt leistungsfähigen Großeltern dazu, dass die gesteigerte Unterhaltspflicht der

 

Eltern für ihre minderjährigen Kinder entfällt. Dies folgt nicht nur aus dem Gesetzeswortlaut,
der nicht nach dem Verwandtschaftsgrad differenziert. Es entspricht auch dem Willen des
Gesetzgebers, der diese Regelung seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der
Vorstellung getroffen hatte, die Erweiterung der Unterhaltspflicht sei wegen der für die Eltern
damit verbundenen Härte nicht gerechtfertigt, so lange andere zur Gewährung des
Unterhalts verpflichtete Verwandte wie etwa Großeltern vorhanden sind. An dieser
gesetzgeberischen Konzeption, die sich in die Konstruktion des Verwandtenunterhalts als
Ausdruck der generationenübergreifenden Solidarität einfügt, hat sich bis heute nichts
geändert. Werden Großeltern für den Unterhalt ihrer Enkel herangezogen, stellt dies auch
keine verdeckte Unterhaltsgewährung an die Kindeseltern dar. Vielmehr haften sie gemäß
§ 1607 Abs. 1 BGB originär nur auf Unterhalt gegenüber ihren Enkelkindern. Die
Kindeseltern müssen ihren eigenen angemessenen Unterhalt selbst sicherstellen.
Durch dieses Gesetzesverständnis wird das gesetzliche Rangverhältnis nicht in Frage
gestellt. Zudem bleibt gewährleistet, dass die Ersatzhaftung der Großeltern die Ausnahme
darstellt. Dafür sorgt nicht nur die Anordnung des Vorrangs der elterlichen Unterhaltspflicht,
sondern auch, dass Großeltern gegenüber ihren Enkeln ein deutlich höherer angemessener
Selbstbehalt zusteht (derzeit 2.000 € zzgl. der Hälfte des über 2.000 € liegenden
Einkommens) als den Eltern gegenüber ihren Kindern. Dass der Staat für
Unterhaltsvorschusszahlungen keinen Regress (§ 7 Abs. 1 Satz 1 UVG) bei Großeltern
nehmen kann, ist wiederum eine ganz bewusste gesetzgeberische Entscheidung, kann
jedoch nicht dafür maßgeblich sein, welchen Umfang die zivilrechtliche Unterhaltspflicht der
Eltern hat. Schließlich geben auch Praktikabilitätserwägungen keine Veranlassung zu einer
abweichenden Gesetzesauslegung. Bereits die Anzahl der Fälle, in denen intensivere
Nachforschungen zu den Einkommensverhältnissen der Großeltern erforderlich sind, dürfte
begrenzt sein. Vor allem aber muss ein auf Unterhalt in Anspruch genommener Elternteil in
solchen Fällen nicht nur darlegen und beweisen, dass bei Unterhaltszahlung sein
angemessener Selbstbehalt nicht gewahrt wäre, sondern auch, dass andere leistungsfähige
Verwandte vorhanden sind.
Danach traf den Vater hier keine gesteigerte Unterhaltspflicht, weil jedenfalls der Großvater
ohne weiteres leistungsfähig für den Kindesunterhalt war. Unter Berücksichtigung des
angemessenen Selbstbehalts musste der Vater daher über die bereits gezahlten 100 €
hinaus keinen weiteren Kindesunterhalt leisten.
Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u.
a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und
Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche
Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V.,
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Bundesgerichtshof: Fehlende Zuständigkeit der Familiengerichte für Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf Corona-Schutzmaßnahmen

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof hat soeben – ebenso wie in mehreren Parallelverfahren – über die Zuständigkeit der Familiengerichte für den Erlass von Anordnungen gegenüber Schulen in Bezug auf das Unterlassen von Corona-Schutzmaßnahmen entschieden.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichthofs (BGH) vom 27.10.2021 zu seinem Beschluss vom 6. Oktober 2021 - XII ARZ 35/21.

Mit einem an das Familiengericht gerichteten Schreiben hat die Beteiligte darum nachgesucht, ein Verfahren nach § 1666 BGB zu eröffnen und gegenüber den Lehrkräften und der Schulleitung der von ihrer 15jährigen Tochter besuchten Gesamtschule einstweilig anzuordnen, die schulintern getroffenen Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), insbesondere die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, Abstandsgebote und gesundheitliche Testungen, vorläufig auszusetzten.

Das Familiengericht hat den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und das Verfahren an das Verwaltungsgericht verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat die ihm übersandten Verfahrensakten an das Familiengericht "zuständigkeitshalber zurückgesandt" und dabei den Rechtsstandpunkt eingenommen, dass das Familiengericht zuständig und die Verweisung an das Verwaltungsgericht wegen eines groben Verfahrensverstoßes nicht bindend sei. Daraufhin hat das Familiengericht die Sache dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Über einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen Gerichten verschiedener Gerichtszweige entscheidet dasjenige oberste Bundesgericht, das einem der beteiligten Gerichte übergeordnet ist und zuerst angegangen wird, im vorliegenden Fall somit der Bundesgerichtshof.

Das Familiengericht hat bei einer Gefährdung des Kindeswohls von Amts wegen die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. Dabei kann das Gericht in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen (§ 1666 Abs. 1, 4 BGB).

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass damit jedoch keine Befugnis des Familiengerichts zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber schulischen Behörden verbunden ist. Im Rahmen des schulischen Sonderrechtsverhältnisses sind die zuständigen Behörden ihrerseits an die das Kindeswohl schützenden Grundrechte gebunden. Die gerichtliche Kontrolle dieses Behördenhandelns – auch hinsichtlich Infektionsschutzmaßnahmen in den jeweiligen Schulen – obliegt hierbei allein den Verwaltungsgerichten.

Eine Rechtswegverweisung des Familiengerichts an das Verwaltungsgericht kommt jedoch wegen unüberwindbar verschiedener Prozessgrundsätze des von Amts wegen zu betreibenden familiengerichtlichen Verfahrens einerseits und des Klage- bzw. Antragsverfahrens der Verwaltungsgerichtsbarkeit andererseits nicht in Betracht. Das familiengerichtliche Verfahren war deshalb ohne Rechtswegverweisung einzustellen

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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BGH: Treppenlift - Widerrufsrecht beim Werkvertrag

 

(Kiel)  Mit der diffizilen Abgrenzung zwischen Kauf-, Werk- und Werklieferungsvertrag (§ 650 BGB) hat sich der Bundesgerichtshof soeben auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichthofs (BGH) vom 20.10.2021, Az. 1 ZR 96/20.

 

Der zu entscheidende Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:


Die Beklagte ist Herstellerin von Treppenliften. Diese Treppenlifte laufen in Schienen, die jeweils für jeden einzelnen Kunden individuell gefertigt und angepasst werden, damit dieselben passend zum jeweiligen Treppenverlauf sind. Der Hersteller baut diese Treppenlifte darüber hinaus auch selbst bei den Kunden ein.

 

Der Hersteller gewährte – zumindest für einen Teil der Produkte – ein Widerrufsrecht. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vertrat die Auffassung, dass den Kunden ein Widerrufsrecht zusteht und erhob Klage. Sowohl in erster als auch in zweiter Instanz unterlag die Verbraucherzentrale. Die Revision war demgegenüber erfolgreich.

 

Der BGH entschied dahingehend, dass das von dem Hersteller betriebene Geschäftsmodell in den Anwendungsbereich des § 312 g BGB unterfällt, wonach  für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Vertrage sowie für Fernabsatzverträge grundsätzlich ein Widerrufsrecht besteht (Abs. 1). Gemäß § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB besteht demgegenüber kein Widerrufsrecht bei

 

Verträgen „zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind.“

 

In diesem Zusammenhang stellte der BGH nunmehr ausdrücklich fest, dass dieser Ausschluss des Widerrufsrechts gemäß § 312 g Abs. 2 Nr. 1 BGB für Kaufverträge (§ 433 BGB) und sogenannte Werklieferungsverträge (§ 650 BGB) besteht. Der Ausschluss gilt allerdings  nicht bzw. nur in besonderen Ausnahmefällen für solche Verträge, die als Werkvertrag i.S.v. § 631 BGB einzuordnen sind.

 

Für den Kunden eines Treppenliftherstellers stellt sich allerdings die Folgefrage, ob demselben gleichfalls ein Widerrufsrecht zusteht. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, welcher Vertragstyp im konkreten Einzelfall gegeben ist, wobei die konkreten Umstände des Einzelfalls von Entscheidungsrelevanz sind. Es kommt darauf an, wo der Schwerpunkt der Leistung ist. Dies könnte einerseits die lediglich Verschaffung von Eigentum und Besitz eines Produktes sein. Dem steht zunächst nicht entgegen, wenn  eine Lieferung und der Einbau durch den Anbieter zusätzlich vereinbart wird. In derartigen Fallkonstellationen werden regelmäßig die gesetzlichen Regelungen über den Kaufvertrag bzw. der Regelungen bzgl. Werklieferungsverträgen nach § 650 BGB anzuwenden sein.

 

Der BGH entschied allerdings dahingehend, dass der Schwerpunkt in  derartigen Fallkonstellationen im Werkvertragsrecht liegt. Maßgeblich für den Kunden sei das geschuldete Ergebnis. Primär kommt es den Parteien auf eine maßgeschneiderte Lösung an. Denn für den Kunden mit entsprechenden körperlichen Einschränkungen kommt es schwerpunktmäßig darauf an, das Treppenhaus möglichst sicher und komfortabel nutzen zu können. Mithin kommt es auf den konkreten Werkerfolg einer passgenauen Fertigung und Einbau eines entsprechenden Treppenliftes an. Für diese Auslegung spricht zudem auch der hohe Aufwand, um eine entsprechend passgenaue Fertigung und Einbau, getätigt werden muss.

 

Da der Schwerpunkt der jeweils vereinbarten Leistungen einerseits teilweise schwer zu definieren ist, andererseits der Übergang zwischen Kauf- und Werklieferungsvertrag sowie Werkvertragsrecht fließend ist, stellt sich die konkrete Beurteilung im Einzelfall diffizil dar. Angesichts der individuellen Einschätzung jedes Einzelfalls verbieten sich pauschale Lösungen. Der Rückgriff auf bereits vorhandene Entscheidungen ist für den Laien riskant, da nicht der Leitsatz der Entscheidung an sich, sondern der zugrunde liegende Einzelfall detailliert zu bewerten ist.

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Presseerklärung
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen den Entzug von Teilen der elterlichen
Sorge wegen vor allem aus schulischer Überforderung resultierender
Kindeswohlgefährdung
(Stuttgart) Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde nicht zur
Entscheidung angenommen, mit der sich eine Mutter und ihre mittlerweile 16-jährige
Tochter, bei der ein Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen besteht, gegen
familiengerichtliche Entscheidungen gewandt haben, durch die der Mutter unter
anderem das Recht zur Regelung schulischer Belange sowie der Gesundheitssorge
für ihre Tochter entzogen wurde.
Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene –
Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und
Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis
auf die Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Oktober 2021 zu seinem
Beschluss vom 14.09.2021 - 1 BvR 1525/20 -.
Die Beschwerdeführerinnen machten vor allem eine Verletzung von Grundrechten aus Art. 6
Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG sowie bei der Tochter ihres
Grundrechts aus Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG geltend. Sie stützten sich zudem auf einen von
ihnen in Art. 24 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über
die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenkonvention - BRK) verorteten
Anspruch der Tochter auf inklusive Beschulung.
Die Verfassungsbeschwerde, mit der das Bundesverfassungsgericht nicht über die
Bedeutung von Art. 24 BRK für in Schulausbildung befindliche Menschen mit Behinderungen
im innerstaatlichen Recht zu entscheiden hatte, blieb erfolglos. Die Begründung der
Verfassungsbeschwerde und die dazu vorgelegten, eine vollumfängliche Überprüfung der
angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen nicht ermöglichenden Unterlagen ließen
eine Verletzung von Grundrechten der Beschwerdeführerinnen nicht erkennen.
- Sachverhalt:
Bei der beschwerdeführenden Tochter wurde erstmals während ihrer Grundschulzeit
aufgrund entsprechender Testungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf im
Förderschwerpunkt Lernen festgestellt. Spätere Verfahren zur Feststellung eines
Förderbedarfs gelangten zu dem gleichen Ergebnis, wobei in den verschiedenen
Testverfahren ein IQ zwischen 63 und 74 ermittelt wurde. Gegen den Rat der Fachkräfte
meldete die Mutter ihre Tochter zunächst auf einem Gymnasium an. Dort kam es jedoch
nach kurzer Zeit zu erheblichen Konflikten, aufgrund derer die Tochter als
Ordnungsmaßnahme wegen Übergriffen auf Mitschüler dauerhaft von dieser Schule
ausgeschlossen wurde. Anschließend besuchte sie eine nach dem maßgeblichen
Landesrecht so bezeichnete Realschule Plus, an der sie täglich drei Stunden beschult
wurde. Auch hier kam es zu erheblichen Konflikten mit Lehrern und Mitschülern.
Auf Initiative des Jugendamtes wurde ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet, in dem das
Familiengericht im Januar 2020 der Mutter unter anderem das Recht zur Regelung
schulischer Belange ihrer Tochter entzog. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Mutter
wies das Oberlandesgericht zurück. Das Familiengericht habe zu Recht angenommen, dass
das körperliche und seelische Wohl der Tochter aufgrund eines Versagens ihrer Mutter
nachhaltig gefährdet sei. Weniger eingriffsintensive Maßnahmen als der Teilentzug des

 

Sorgerechts seien nicht geeignet, die Gefahr für das Kindeswohl abzuwenden. Die Mutter
übe trotz stetiger gegenteiliger Ratschläge aller Fachkräfte einen derart enormen
Leistungsdruck auf ihre Tochter aus, dass diese permanent überfordert, traurig, verzweifelt
und ohne jegliche Lebenslust sei; sie habe bereits Suizidgedanken geäußert. Mitunter
komme es auch zu körperlichen Übergriffen der Mutter auf ihre Tochter. Bei schlechten
Noten äußere die Tochter in der Schule Ängste vor ihrer Mutter, etwa vor Schimpfen oder
auch Schlägen. An der Lage der Tochter habe sich gegenüber der Situation in einem bereits
im Jahr 2018 geführten einstweiligen Anordnungsverfahrens zum Sorgerecht, nichts
geändert. Die Mutter habe sich nach der langjährigen Erfahrung der beteiligten Fachkräfte
nicht bereit oder in der Lage gezeigt, eigene Vorstellungen zu überdenken oder andere als
die eigene Sichtweise anzuerkennen. Die angebotenen Hilfestellungen habe die Mutter
allesamt abgelehnt oder abgebrochen.
- Wesentliche Erwägungen der Kammer:
1. Eine Verletzung des Elternrechts (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) der Mutter ist anhand der
Begründung der Verfassungsbeschwerde und der dazu vorgelegten Unterlagen nicht
erkennbar.
a) Jedenfalls nach dem zurückgenommenen verfassungsrechtlichen Maßstab für die Prüfung
von Sorgerechtsentscheidungen ohne Trennung von Eltern und Kind lassen die Begründung
der Verfassungsbeschwerde und die damit vorgelegten Unterlagen nicht erkennen, dass der
teilweise Entzug des Sorgerechts der Mutter den materiellen und verfahrensrechtlichen
Anforderungen daran nicht gerecht wird.
Die Würdigung des Oberlandesgerichts, dass aufgrund des von ihm festgestellten
Sachverhalts die fachrechtlich vorausgesetzte Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1666
Abs. 1 BGB vorliegt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es leitet diese
Kindeswohlgefährdung nicht aus vorhandenen Einschränkungen der Tochter her. Vielmehr
sieht das Oberlandesgericht die Ursachen dafür im Verhalten der Mutter, die ihrer Tochter
die benötigte Unterstützung und Förderung nicht zu teil werden lasse. Zudem setze sie ihre
Tochter durch überhöhte Erwartungen von Leistungen, die diese nicht erbringen könne,
unter einen permanenten Leistungsdruck, der eine dauernde Belastung des Kindes bewirke.
Sie stelle Anforderungen an ihre Tochter, die diese permanent überforderten. Sie erwarte die
Erbringung schulischer Leistungen, zu denen die Tochter auch mit Unterstützung nicht in der
Lage sei. Trotzdem übe die Mutter den Feststellungen nach abends stundenlang mit ihrer
Tochter und reagiere auf schlechte Noten mit verbalen und auch körperlichen Übergriffen.
Diese Belastung der Tochter finde in aggressivem Verhalten in der Schule, Traurigkeit,
Verzweiflung und fehlender Lebenslust bis hin zu Suizidgedanken ihren Ausdruck. Es liegt
innerhalb der den Fachgerichten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zustehenden
Wertung, das festgestellte Verhalten der Mutter als einen außergewöhnlichen und aus
erzieherischen Gesichtspunkten nicht mehr angemessenen Leistungsdruck einzuordnen.
Der aus den genannten Umständen gezogene Schluss, dass durch die so entstandene
Überforderung und die erhebliche emotionale Belastung das Wohl der Tochter, insbesondere
ihre seelische Gesundheit, gefährdet ist, verkennt weder die Bedeutung des Elternrechts
noch den Umfang seines Schutzbereichs.
b) Die so begründete Annahme einer Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1666 Abs. 1
BGB verletzt das Recht der Mutter aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG selbst dann nicht, wenn bei
der Bedeutung des Elternrechts und staatlichen Eingriffen ein möglicher individueller
Anspruch der Tochter auf eine inklusive Beschulung zu berücksichtigen wäre.
Ob ein solcher Anspruch nach Art. 24 BRK bestehen kann, bedarf keiner Entscheidung.
Jedenfalls kann aus Art. 24 BRK nicht der Schluss gezogen werden, das Familiengericht

 

dürfe bei einer Sorgerechtsentscheidung nach § 1666 BGB schwere Belastungen des
Kindes mit Behinderung ungeachtet der Umstände des Einzelfalls dann nicht
berücksichtigen, wenn diese Belastungen damit verbunden sind, wie die Eltern die elterliche
Sorge in Schulangelegenheiten ihres Kindes ausüben und was sie von ihrem Kind und von
der Schule im Rahmen inklusiver Beschulung verlangen. Weder gebietet das Völkerrecht ein
derartiges Verständnis des Familienrechts noch wäre es so mit Verfassungsrecht vereinbar.
Völkerrechtlich würde damit Art. 7 Abs. 2 BRK nicht hinreichend Rechnung getragen, der
bestimmt, dass bei allen Maßnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, das Wohl des
Kindes ein Gesichtspunkt ist, der vorrangig berücksichtigt werden muss.
Verfassungsrechtlich wäre eine an einer pauschalisierenden Interpretation von Art. 24 BRK
orientierte Auslegung des einzelfallbezogen anzuwendenden § 1666 BGB mit dem Anspruch
des Kindes auf Schutz durch den Staat aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 in Verbindung mit Art. 6
Abs. 2 Satz 2 GG im Falle einer konkreten Gefährdung seiner Gesundheit oder
Persönlichkeitsentwicklung nicht vereinbar.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit allein aufgrund der Besonderheiten der
Behinderung eine die inklusive Beschulung ausschließende Kindeswohlgefährdung
angenommen werden kann. Vorliegend resultiert nach der nicht zu beanstandenden
Beurteilung des Oberlandesgerichts die Kindeswohlgefährdung gerade nicht vornehmlich
aus den Beeinträchtigungen der Tochter, sondern wesentlich aus dem Verhalten der Mutter.
Sie bewirkt im Ergebnis, dass notwendige Unterstützungen und Förderungen ihrer Tochter
und ein erforderlicher zieldifferenter Unterricht nicht erfolgen, so dass die Tochter von der
inklusiven Beschulung im Ergebnis nicht profitieren kann, weil diese unter den im
Ausgangsverfahren festgestellten Umständen für sie eine dauernde Belastung darstellt.
2. Es kann dahinstehen, ob in dem Entzug von Teilen des Sorgerechts der Mutter mittelbar
eine Benachteiligung ihrer Tochter wegen einer Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) liegt.
Selbst wenn die teilweise Entziehung des Sorgerechts deshalb strengeren Anforderungen
unterliegen sollte, könnte ein Verfassungsverstoß hier nicht festgestellt werden.
a) Wäre für die Tochter eine Benachteiligung wegen einer Behinderung zu bejahen, wäre
diese rechtliche Schlechterstellung nach der Wertung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG lediglich
zulässig, wenn zwingende Gründe eine solche rechtfertigen. Die Rechtfertigung einer
Benachteiligung entgegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unterliegt damit einem strengen Maßstab.
Sie kommt nur im Wege einer Abwägung mit kollidierendem Verfassungsrecht und auf der
Grundlage einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung in Betracht. Die Ungleichbehandlung
muss insoweit zum Schutz eines anderen, mindestens gleichwertigen Verfassungsguts
geeignet, erforderlich und angemessen sein. Es ist jedenfalls nicht von vornherein
ausgeschlossen, dass diese Wertung den Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG in der hier zu
beurteilenden Konstellation in der Weise verstärken kann, dass eine strenge
verfassungsrechtliche Prüfung vorzunehmen ist. Auch einzelne Auslegungsfehler sowie
deutliche Fehler bei der Feststellung und Würdigung des Sachverhalts könnten dann
beachtlich sein.
b) Der Beschluss des Oberlandesgerichts hielte auch einer solchen strengen
verfassungsrechtlichen Prüfung in verfahrensrechtlicher (aa)) und materiellrechtlicher
Hinsicht (bb)) stand.
aa) Die Annahme einer Kindeswohlgefährdung durch die Fachgerichte aufgrund des von
ihnen festgestellten Sachverhalts lässt keine beachtlichen Auslegungsfehler erkennen. Die
Fachgerichte haben die Ursachen der Kindeswohlgefährdung hinreichend aufgeklärt.
Insbesondere waren dafür keine weitergehenden Ermittlungen zu der Frage geboten, ob die
Schule oder das Land einer Verpflichtung zur Umsetzung eines Rechts auf inklusive Bildung
aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und aus Art. 24 BRK durch Schaffung erforderlicher struktureller

 

Rahmenbedingungen hinreichend nachgekommen ist. Denn nach der beanstandungsfreien
Würdigung des Oberlandesgerichts liegen die Ursachen der Kindeswohlgefährdung vor
allem in dem Verhalten der Mutter. Dieses bewirkt letztlich, dass notwendige
Unterstützungen und Förderungen ihrer Tochter und ein erforderlicher zieldifferenter
Unterricht nicht erfolgen können. Die Tochter kann im Ergebnis von der inklusiven
Beschulung nicht profitieren, weil diese für sie nach den getroffenen Feststellungen
angesichts des Verhaltens ihrer Mutter mit einer dauerhaften erheblichen Belastung
verbunden ist.
Vorliegend waren die Fachgerichte daher lediglich gehalten, die aktuell möglichen oder in
angemessener Zeit verfügbaren Angebote der Schule zu prüfen und zu klären, ob deren
Inanspruchnahme zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung möglich ist. Hierzu haben sie in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Mutter sämtliche
Förderangebote abgelehnt und die notwendige Zusammenarbeit nicht geleistet hat, so dass
eine hinreichende Förderung an der Regelschule nicht möglich ist.
Unterstützungsmaßnahmen, die dennoch erfolgversprechend ‒ ohne oder trotz Widerspruch
der Mutter ‒ in der Regelschule hätten eingesetzt und in angemessener Zeit hätten
eingerichtet werden können, sind nicht ersichtlich. Insbesondere benennen auch die
Beschwerdeführerinnen keine konkreten Maßnahmen, deren Inanspruchnahme die
Fachgerichte zu Unrecht nicht in Betracht gezogen hätten.
bb) Der erfolgte Entzug von Teilen des Sorgerechts würde auch strengeren
materiellrechtlichen Anforderungen genügen. Er findet seine verfassungsrechtliche
Grundlage in dem Anspruch eines Kindes aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG in
Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG auf Schutz des Staates und dessen damit
korrespondierender Schutzpflicht. Als Erfüllung des Schutzanspruchs erweist sich der
Sorgerechtsentzug in seinem gesamten Umfang selbst nach Maßgabe der erwogenen
strengen Anforderungen als verhältnismäßig. Der Eingriff ist insbesondere auch erforderlich.
Insofern kommt vor allem nicht in Betracht, allein den Entzug des Rechts zur Beantragung
von Jugendhilfemaßnahmen und zur Stellung von Anträgen nach den Sozialgesetzbüchern
als milderes, in gleicher Weise geeignetes Mittel anzusehen. Der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verlangt, vor jedem Sorgerechtsentzug wegen Kindeswohlgefährdung
zu prüfen, ob der Kindeswohlgefährdung nicht auf andere Weise, insbesondere durch
helfende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens
gerichtete Maßnahmen, begegnet werden kann. Im Fall des Entzugs des Rechts der
Schulwahl für ein Kind erfordert dies die Prüfung, ob nicht weniger einschneidende
Jugendhilfemaßnahmen, schulische Angebote oder andere Hilfen verfügbar sind, die eine
Abwehr der festgestellten Kindeswohlgefährdung ermöglichen. Im Falle eines Kindes mit
Behinderung führt die Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG dazu, dass
insbesondere auf Hilfen zur Integration oder Inklusion behinderter Menschen zu achten ist.
Dem trägt die Entscheidung des Oberlandesgerichts Rechnung. Es hat eine
Kindeswohlgefährdung durch die Überforderung der Tochter an der Regelschule festgestellt.
Diese Überforderung wird dadurch, dass ihre Mutter die vorhandenen Hilfsangebote
‒ insbesondere einen zieldifferenten Unterricht ‒ ablehnt, verstärkt. Angesichts der
festgestellten schwerwiegenden, vor allem aus dem Verhalten der Mutter folgenden
Beeinträchtigungen des Kindeswohls ihrer Tochter hat das Oberlandesgericht den Entzug
von Teilen des Sorgerechts ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht als angemessen
bewertet.
Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u.
a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und
Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche
Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V.,
www.dansef.de verwies.

 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:
Helene – Monika Filiz
Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Vizepräsidentin der DANSEF e. V.
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Presseerklärung

 

 

Sonderkündigungsrecht des Erstehers einer ETW im Zwangsversteigerungsverfahren

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshof hat soeben festgestellt, dass das gesetzliche Sonderkündigungsrecht des Ersteigerers einer Immobilie nach Maßgabe des § 57a ZVG einer anderweitigen vertraglichen Vereinbarung einer Kündigungsbeschränkung, vorgeht.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichthofs (BGH) vom 15.09.2021 - VIII ZR 76/20.

 

Insoweit dürfte die bisherige Rechtsfrage, ob eine mietvertragliche Vereinbarung, die Ausschluss einer Kündigung beinhaltend, dem gesetzlichen Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG möglicherweise entgegensteht, nunmehr abschließend entschieden sein. Diese klare Entscheidung ist im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit, insbesondere für den Ersteigerer einer Immobilie, zu begrüßen.

 

Der Beklagte hatte im Mai 2005 eine Eigentumswohnung erworben. In dem Mietvertrag des Voreigentümers war eine Klausel enthalten, wonach die Eigenbedarfskündigung durch den Vermieter ausgeschlossen ist. Die Kläger hatten die Wohnung im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens gegen den vormaligen Eigentümer diese Eigentumswohnung mit rechtswirksamen Zuschlagsbeschluss erworben. Daraufhin erklärten die neuen Eigentümer gegenüber dem Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs für deren volljährigen Sohn.

 

Das Amtsgericht München hat der auf Räumung und Herausgabe gerichteten Klage stattgegeben. Auch da LG München I folgte dieser Ansicht. Letztlich hat auch der BGH im Rahmen der zugelassenen Revision die Rechtsprechung bestätigt.

 

Der Ersteher tritt nach § 57 ZVG, 566 BGB in ein bestehendes Mietverhältnis ein. Dieses Mietverhältnis wird allerdings eingeschränkt, indem dem Ersteher die Berechtigung eingeräumt wird, das Mietverhältnis zum ersten zulässigen Termin unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Diese Norm beziehe sich nicht nur auf Kündigungsfristen, sondern führte auch dazu, dass der Ersteher an einen etwaigen vertraglichen Kündigungsausschluss nicht gebunden ist.  Aus der Bestimmung des § 573 d Abs. 1 B GB, der für diesen Fall der außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist die Normen der §§ 573, 573 a BGB für entsprechend anwendbar erkläre, ergebe sich nur, dass der Erwerber bei Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 57 a ZVG den gesetzlichen, nicht jedoch einen überschießenden vertraglichen Mieterschutz in Anspruch nehmen könne.

 

§ 57 a ZVG schütze den Realkredit und erleichtert es Grundstückseigentümern Darlehen zu erhalten. Aufgrund des dem Ersteher zugestehenden Sonderkündigungsrechts habe der Gläubiger die Gewähr, dass der Eigentümer durch einen Mietvertrag die Verwertungsmöglichkeit des als Sicherheit dienenden Grundstücks in der Zwangsvollstreckung nicht über das gesetzliche Maß hinaus beeinträchtige, indem er dessen Wert durch den Abschluss ungünstiger Mietverträge mindere. Ein Gläubiger sei daher eher bereit, dem Eigentümer einen Kredit zu gewähren, als dies ohne die Vorschrift des § 57 a ZVG der Fall wäre.  Diese rechtliche Beurteilung hat der BGH explizit bestätigt. Die Kündigung der Kläger wegen Eigenbedarfs (§ 57 a ZVG, § 573d Abs. 1, § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) ist wirksam. Dem Erwerber steht daher gegen den Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Eigentumswohnung zu (§ 546 Abs. 1, § 985 BGB) zu. Der im Mietvertrag zwischen dem Beklagten und dem vormaligen Eigentümer vereinbarte Ausschluss einer Eigenbedarfskündigung steht dem vorliegend nicht entgegen, da das den Klägern als Ersteher zustehende Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG hierdurch nicht eingeschränkt ist.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

 

Bauen: Vertrag mithilfe einer digitalen Rechtsdokumentengenerators?

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshof hat  mit Urteil vom 09.09.2021, I ZR 113/20, festgestellt, dass ein Vertragsentwurf, der mithilfe einer digitalen Rechtsdokumentengenerators, bei dem anhand von Fragen und vom Nutzer auszuwählenden Antworten standardisierte Vertragsklauseln abgerufen werden, keine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG darstellt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

 

Insoweit ist diese Rechtsprechung im Hinblick auf das Rechtsdienstleistungsgesetz konsequent.

 

Allerdings ist vor einem derartigen Vorgehen im Bauwerksvertrag dringlichst abzuraten. In der Praxis die vermehrte Tendenz sich eigene Verträge oder Vertragsklauseln im Internet „generieren“ zu lassen festzustellen. Diese Vorgehensweise ist im Bauwerkvertrag als  hoch riskant, mit möglichen ruinösen wirtschaftlichen Folgen zu bewerten. Die Thematik der Wirksamkeit von werkvertragsrechtlichen Klauseln ist hoch komplex und wird im Hinblick auf die Zulässigkeit von Vertragsklauseln selbst in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich bewertet.

 

Das OLG Frankfurt am Main, Urt. vom 28.10.2020 - 29 U 146/19 - hatte die von einem Bauunternehmen vorformulierten Vertragsklauseln eines „Planungs- und Bauvertrages“ als unwirksam angesehen. Unwirksam seien Klauseln, wonach die Parteien davon ausgehen, es würden keine „unüblichen Grundstücksgegebenheiten“ besteht. Eine derartige Klausel sei für den durchschnittlichen Verbraucher nicht verständlich, da er nicht beurteilen könne, was üblich sei. Auch gäbe es kein „Baugrundstück von der Stange“.

 

Des Weiteren sei eine Klausel, wonach eine Nachtragsvereinbarung im Hinblick auf auftraggeberseitige Änderungen der Ausführungsplanung geschlossen werden soll, unwirksam. Eine derartige Regelung steht mit den Regelungen des neuen Bauvertragsrechtes nicht in Einklang und widerspricht mithin dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber hat dem Besteller explizit ein einseitiges Anordnungsrecht eingeräumt, sofern keine einvernehmliche Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien geschlossen wird. Die beanstandete Klausel erwecke allerdings den Eindruck, dass der Kunde zwingend eine Nachtragsvereinbarung schließen müsse.

 

Desgleichen ist eine Klausel unwirksam, sofern sich der Auftraggeber verpflichtet, für die Befahrbarkeit des Grundstückes mit schweren Baufahrzeugen mit einem Gesamtgewicht bis zu 40 Tonnen Sorge zu tragen. Ein durchschnittlicher Verbraucher habe nicht die Erfahrung und Kenntnis, um valide beurteilen zu können, ob das Baugrundstück mit derartigen Baufahrzeugen befahren werden kann. Dies hänge nicht nur von der Beschaffenheit der Bodenverhältnisse, sondern auch derjenigen der Baufahrzeuge ab. Beides könne ein Kunde – mangels entsprechender Kenntnis – nicht beurteilen.

 

Unwirksam ist weiterhin auch eine Klausel, nach der das Bauobjekt als abgenommen gilt, sofern eine Frist zur Erklärung der Abnahme gesetzt worden war und der Auftraggeber die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist erklärt. Es fehlte bei der konkret beanstandeten Klausel ein Hinweis in Textform auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme. Darüber hinaus erfolgt nach dem neuen Werkvertragsrecht keine Differenzierung zwischen wesentlichem oder unwesentlichem Mangel mehr.

 

Im Hinblick auf die komplexen Fragestellungen und rechtlichen Risiken einerseits, aber auch in Bezug auf wirtschaftliche ruinöse Folgen kann nur eindringlich davor gewarnt werden, auf die Wirksamkeit von Vertragsklauseln, die durch entsprechende Verwendung eines Rechtsdokumentengenerators erstellt werden, gewarnt werden. Fundiertes Fachwissen, Erfahrung und Expertise können durch einen Rechtsdokumentengenerator nicht ersetzt werden.  

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Kiel, den 2.08.2021

 

Presseerklärung

 

 

Schwarzgeldabreden am Bau immer noch weit verbreitet

 

(Kiel)  Trotz der damit verbundenen Gefahren kommt es immer noch oft zu Schwarzgeldabreden am Bau! Diese gehören daher zu den Klassikern in der baurechtlichen Rechtsprechung. In verschiedenen Konstellationen werden derartige Absprachen am Bau getätigt. Kommt es wegen Mängeln und/oder Zahlungsrückstände allerdings vor Gericht wird der Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen konsequenter Weise die Anerkennung versagt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel.

 

So hatte sich erst neulich wieder das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit einer derartigen Fragestellung zu befassen (Entscheidung vom 27.11.2020, Az. 22 U 23/20):

 

Ein Architekt unterhielt dauerhafte Geschäftsbeziehungen mit einer GmbH. Mit den Gesellschaftern der GmbH schloss derselbe einen Architektenvertrag. Die Leistungen des Architekten waren spätestens im September 2016 erbracht. Allerdings stellte der Architekt die Rechnung erst im Juni 2017. In der mündlichen Verhandlung fasste das Gericht wegen der verzögerten Rechnungstellung nach. Der Architekt ließ sich dahingehend ein, dass dessen Architektenleistungen mit der unentgeltlichen Erbringung von Bauleistungen hätte verrechnet werden sollen. Das Gericht gab zu bedenken, dass es sich bei dieser Abmachung unter Umständen um eine Schwarzgeldabrede handeln könne. Aufgrund dieses Hinweises erfolgte eine Korrektur des Sachvortrages des Architekten dahingehend, dass eine wechselseitige Rechnungstellung durch die Parteien vereinbart gewesen sein soll.

 

Das Gericht hat allerdings im Ergebnis das Vorliegen einer Schwarzgeldvereinbarung angenommen. Dies hat die Nichtigkeit des Vertrages zur Rechtsfolge.

 

§ 14 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz verpflichte Unternehmen für das Erbringen von steuerpflichtigen Werkleistungen innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine entsprechende – den gesetzlichen Vorgaben entsprechende – Rechnung zu stellen.

 

§ 14 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz lautet wie folgt:

 

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.

führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;

 

Vorliegend war diese 6-Monats-Frist nicht eingehalten. Den (korrigierten) Sachvortrag des Architekten erachtete das Gericht für unglaubwürdig.

 

Das beiderseitige Risiko bei derartigen Schwarzgeldabreden, gleich ob es sich um Teilleistungen und/oder Verrechnungen oder ähnliche vertragliche Gestaltungen, die im Ergebnis zur Verkürzung der Umsatzsteuer zur Folge haben sollen, ist die Nichtigkeit des gesamten Vertrages.

 

Diese gesetzliche Rechtsfolge ist auch vom Gesetzgeber unter dem Aspekt der Steuerhinterziehung gewollt. Daher auch die juristisch konsequente Rechtsfolge im Hinblick auf die Nichtigkeit derartiger Vereinbarungen.

 

  • Das bedeutet:

 

Weder kann der Auftraggeber Gewährleistungsansprüche geltend machen, noch kann der Auftragnehmer seinen (Rest-)Vergütungsanspruch erfolgreich vor Gericht durchsetzen. Diejenigen Vertragsparteien, die sich außerhalb des Schutzes der Rechtsordnung stellen, können im Ergebnis, wenn die Abreden „nicht eingehalten werden“, nicht den Schutz der Rechtsordnung erwarten. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Folgen bei Bauleistungen kann dies zu existentiellen Folgen, sowohl auf Auftraggeber-, als auch auf Auftragnehmerseite führen.

 

Insoweit kann nicht eindringlich genug davor gewarnt werden, derartige Verträge mit Schwarzgeldbestandteilen, abzuschließen. Dies gilt, wie die vorliegende Entscheidung darlegt auch für Architekten- und Ingenieurleistungen, also für die Planer und Überwacher am Bau.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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BGH zum Umgangsrecht des leiblichen Vaters nach Adoption des Kindes

(Stuttgart) Der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte die Frage zu beantworten, ob dem leiblichen Vater eines Kindes ein Umgangsrecht auch dann zusteht, wenn das Kind mit seiner Einwilligung von der eingetragenen Lebenspartnerin der Mutter adoptiert worden ist.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.07.2021 zu seinem Beschluss vom 16. Juni 2021 - XII ZB 58/20.

Die Mutter des mittels einer sogenannten privaten Samenspende des Antragstellers gezeugten und im August 2013 geborenen Kindes lebt in eingetragener Lebenspartnerschaft mit der weiteren Beteiligten (Lebenspartnerin). Die Lebenspartnerin adoptierte das Kind 2014 mit Einwilligung des Antragstellers im Wege der sogenannten Stiefkindadoption. Der Antragsteller hatte zunächst bis 2018 Umgangskontakte mit dem Kind, die entweder im Haushalt der (rechtlichen) Eltern stattfanden oder die außerhalb von einer von ihnen begleitet wurden. Das Kind hat Kenntnis von der leiblichen Vaterschaft des Antragstellers. Im Sommer 2018 äußerte er gegenüber den Eltern den Wunsch, Umgang mit dem Kind in seiner häuslichen Umgebung und für einen längeren Zeitraum zu haben, was diese ablehnten. Nach zwei weiteren Treffen brach der persönliche Kontakt des Antragstellers zu dem Kind ab. Der Antragsteller hat eine Umgangsregelung dahin beantragt, dass er das Kind 14tägig dienstags um 13:30 Uhr aus der Kita abholt und es um 18:00 Uhr seinen Eltern übergibt. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist vom Beschwerdegericht zurückgewiesen worden, weil für ein Umgangsrecht keine Rechtsgrundlage bestehe.

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an dieses zurückverwiesen.

Zwar ist ein Umgangsrecht nach § 1684 BGB nicht gegeben, weil dieses nur rechtlichen Eltern zusteht und damit für den Antragsteller als nur leiblichem Vater ausscheidet. Auch ein Anspruch aus § 1685 Abs. 2 BGB (Umgangsrecht von engen Bezugspersonen) besteht nicht. Hierfür ist erforderlich, dass eine von tatsächlicher Verantwortungsübernahme geprägte sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind begründet wurde, welche im vorliegenden Fall aber aufgrund der zeitlichen Begrenzung der stets von den Eltern begleiteten Kontakte nicht gegeben war.

Dagegen ist ein Anspruch gemäß § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB (Umgangsrecht des leiblichen Vaters) grundsätzlich möglich. Danach hat der leibliche Vater, der ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat, ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Nach § 167 a Abs. 1 FamFG sind Anträge nur zulässig, wenn der Antragsteller an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Dass das Kind mithilfe einer sogenannten privaten Samenspende gezeugt worden ist, hindert die Anspruchsberechtigung des Erzeugers und die Zulässigkeit des Antrags nicht, zumal dem privaten Samenspender im Unterschied zur "offiziellen Samenspende" bei ärztlich unterstützter Befruchtung nach § 1600 d Abs. 4 BGB auch die Feststellung seiner Vaterschaft nicht kraft Gesetzes versperrt wäre. Auch die durchgeführte Adoption schließt das Umgangsrecht nach § 1686 a Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht aus. Insofern besteht kein sachlicher Unterschied zwischen einer Stiefkindadoption durch den Ehemann der Mutter und der – vom Gesetz nicht ausdrücklich berücksichtigten – durch Adoption begründeten Elternschaft der Lebenspartnerin oder Ehefrau der Mutter. Dass der Antragsteller in die Adoption eingewilligt hatte, steht dem Umgangsrecht ebenfalls nicht entgegen. Die Einwilligung des leiblichen Vaters in die Adoption schließt das Umgangsrecht vielmehr nur aus, wenn darin gleichzeitig ein Verzicht auf das Umgangsrecht zu erblicken ist. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn das Kind nach Absprache der Beteiligten den leiblichen Vater kennenlernen und Kontakt zu ihm haben sollte. Dies steht auch im Einklang mit adoptionsrechtlichen Wertungen. Denn das Adoptionsrecht sieht für die sogenannte offene oder halboffene Adoption zunehmend auch die Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Kontakts zwischen Kind und Herkunftsfamilie vor. Ob und in welchem Umfang ein Umgang zu regeln ist, beurteilt sich daher vornehmlich danach, ob der leibliche Vater ein ernsthaftes Interesse am Kind gezeigt hat und inwiefern der Umgang dem Kindeswohl dient. Dabei hat der leibliche Vater das Erziehungsrecht der rechtlichen Eltern zu respektieren, ohne dass dieses die Eltern zur Verweigerung des Umgangs berechtigt.

Das Beschwerdegericht hat nach Zurückverweisung des Verfahrens nunmehr zu prüfen, ob und inwiefern der Umgang im vorliegenden Fall dem Kindeswohl dient, und hierfür auch das inzwischen siebenjährige Kind persönlich anzuhören.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

BGH: Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug in das Pflegeheim auch gegenüber Privatversicherten unzulässig

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof hat über die Frage entschieden, ob eine Platz-/Reservierungsgebühr, die einem privatversicherten Pflegebedürftigen für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug in das Pflegeheim berechnet wurde, zurückerstattet werden muss.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Urteil vom 15. Juli 2021 – III ZR 225/20.

  • Sachverhalt:

Für die inzwischen verstorbene Mutter des Klägers bestand eine private Pflegepflichtversicherung. Sie war ab dem 4. Januar 2016 pflegebedürftig und wurde zunächst in einem anderen Alten- und Pflegeheim vollstationär untergebracht. In der Folgezeit schlossen der Kläger als Vertreter seiner Mutter und die Beklagte als Einrichtungsträgerin unter dem 12. Februar 2016 einen schriftlichen "Vertrag für vollstationäre Pflegeeinrichtungen" mit Wirkung zum 15. Februar 2016. Der Einzug der Bewohnerin in das Pflegeheim der Beklagten erfolgte am 29. Februar 2016.

Der Pflegevertrag sieht vor, dass die (künftige) Bewohnerin vom Vertragsbeginn bis zum Einzugstermin eine Platzgebühr in Höhe von 75 % der Pflegevergütung, der Entgelte für Unterkunft und Verpflegung sowie des Umlagebetrags nach der Altenpflegeausbildungsausgleichsverordnung (AltPflAusglVO) zu entrichten hat.

Dementsprechend stellte die Beklagte unter dem 22. März 2016 der Mutter des Klägers für die Reservierung eines Zimmers in ihrem Pflegeheim in dem Zeitraum vom 15. bis 28. Februar 2016 eine Platzgebühr in Höhe von 1.127,84 € in Rechnung. Der Kläger bezahlte zunächst den Rechnungsbetrag. 2018 forderte er die Beklagte erfolglos zur Rückzahlung auf.

Der Kläger hat geltend gemacht, gemäß § 87a SGB XI habe eine Vergütungspflicht erst ab dem tatsächlichen Einzug seiner Mutter in das Pflegeheim der Beklagten am 29. Februar 2016 bestanden. Abweichende Vereinbarungen seien unwirksam.

  • Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung des geforderten Betrags nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil dahin abgeändert, dass die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen zur Zahlung von 209,30 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt worden ist.

  • Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der III. Zivilsenat hat auf die Revision des Klägers das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, soweit die Klage abgewiesen worden ist.

Die Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr ist mit § 15 Abs. 1 Satz 1 WBVG in Verbindung mit § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI unvereinbar und daher unwirksam (15 Abs. 1 Satz 2 WBVG, § 87a Abs. 1 Satz 4 SGB XI).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 WBVG müssen in Verträgen mit Verbrauchern, die Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in Anspruch nehmen, die Vereinbarungen den Regelungen des Siebten und Achten Kapitels des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie den aufgrund dieser Kapitel getroffenen Regelungen entsprechen. Die Verweisung in § 15 Abs. 1 Satz 1 WBVG auf die Vorschriften des Achten Kapitels des SGB XI über die Vergütung der Pflegeleistungen schließt die zu diesen Bestimmungen zählende Regelung des § 87a Abs. 1 SGB XI ein.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts umfasst der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 WBVG nicht nur Verbraucher, die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Sinne des § 28 SGB XI unmittelbar beziehen, sondern auch Verbraucher, die Leistungen einer privaten Pflegepflichtversicherung erhalten und damit mittelbar Leistungen auf der Basis des Vierten Kapitels des SGB XI in Anspruch nehmen. Dafür sprechen nicht nur der enge systematische Zusammenhang und die leistungsmäßige Gleichstellung der sozialen und der privaten Pflegeversicherung (§ 23 in Verbindung mit § 110 SGB XI), sondern vor allem auch der in der Gesetzesbegründung eindeutig zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers sowie Sinn und Zweck der Vorschrift.

In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass mit § 15 Abs. 1 WBVG eine Sonderregelung für das Verhältnis zwischen vertraglichen Vereinbarungen von Unternehmer und Verbraucher und den gesetzlichen Regelungen des SGB XI geschaffen werde. Hiernach seien vertragliche Vereinbarungen, die den Vorschriften des SGB XI sowie den aufgrund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen nicht entsprächen, unwirksam. Erfasst würden mit der Bezugnahme auf die Regelungen des SGB XI auch die Fälle mittelbarer Leistungsinanspruchnahme im Rahmen der privaten Pflegepflichtversicherung.

Dem in der Gesetzesbegründung betonten Zweck des § 15 Abs. 1 WBVG, den Vorrang des Leistungserbringungsrechts nach dem SGB XI vor vertraglichen Vereinbarungen nach dem WBVG sicherzustellen und die zivilrechtlichen/vertragsrechtlichen Vorgaben des WBVG mit den leistungsrechtlichen Bestimmungen des SGB XI zu harmonisieren, kann nur dann umfassend Rechnung getragen werden, wenn der Anwendungsbereich der Norm auch auf die Fälle der mittelbaren Inanspruchnahme von Sozialleistungen nach dem SGB XI erstreckt wird. Andernfalls käme es zu einer kaum nachvollziehbaren Ungleichbehandlung der hinsichtlich des Leistungsumfangs gleichgestellten Versicherten in der privaten Pflegeversicherung, die der Gesetzgeber in diesem Bereich gerade vermeiden wollte.

Es ist mit § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI unvereinbar, eine Platz- oder Reservierungsgebühr auf der Basis des vertraglichen Leistungsentgelts – gegebenenfalls vermindert um pauschalierte ersparte Aufwendungen – für die Zeit vor der Aufnahme des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim bis zum tatsächlichen Einzugstermin vertraglich festzulegen. Dies widerspräche nicht nur dem Prinzip der Abrechnung der tatsächlichen Leistungserbringung auf Tagesbasis, sondern begründete auch die (naheliegende) Gefahr, dass Leerstände im Anschluss an einen Auszug oder das Versterben eines Heimbewohners doppelt berücksichtigt würden, nämlich zum einen über die in die Pflegesätze eingeflossene Auslastungskalkulation und/oder etwaige Wagnis- und Risikozuschläge und zum anderen über die zusätzliche Inrechnungstellung eines Leistungsentgelts ohne tatsächliche Leistungserbringung gegenüber einem zukünftigen Heimbewohner.

§ 87a Abs. 1 Satz 4 SGB XI erklärt die Regelungen zur Zahlungspflicht nach § 87a Abs. 1 Satz 1 SGB XI für zwingend. Wegen § 15 Abs. 1 Satz 2 WBVG ist es auch nicht möglich, abweichenden Vereinbarungen in einem Wohn- und Betreuungsvertrag den Vorrang einzuräumen.

Die Beklagte ist daher nach Bereicherungsrecht zur Rückerstattung weiterer 918,54 € verpflichtet. Der Senat konnte jedoch nicht abschließend entscheiden, weil Feststellungen dazu nachzuholen sind, ob der Kläger für den geltend gemachten Anspruch aktivlegitimiert ist.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz

Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

Vizepräsidentin der DANSEF e. V.

 

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Presseerklärung

 

 

Planungs- und Überwachungsleistungen müssen kein mangelfreies Bauwerk bewirken!

 

(Kiel)  Mit dem Inhalt und den Grenzen der Planungs- und Bauüberwachungsleistungen hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des OLG Schleswig vom 25.03.2020 (12 U 162/19.

Das Planungs- und Überwachungsunternehmen schuldet lediglich eine mangelfreie Planungs- und Überwachungsleistung, nicht jedoch die handwerkliche Ausführung an der Baustelle. Diesem Rechtsgedanken folgend, schuldet ein Planungs- und Überwachungsdienstleister die mangelfreie Bauüberwachung, nicht aber ein mangelfreies Bauwerk.

Bislang entsprach es der Rechtsprechung, dass Mängel, die als Ausführungsmängel auf der Baustelle angefallen sind, gleichsam auch eine mangelhafte Bau- bzw. örtliche Bauüberwachung bedeuten. Diese Annahme hat regelmäßig zu Auseinandersetzungen über das Verschulden von Ausführungsmängeln geführt.

Meistens standen folgende Fragestellungen im Focus:

  • Ist eine mangelfreie Bauausführung durch ordnungsgemäße Bauüberwachung/örtliche Bauüberwachung geschuldet?

  • Weisen Ausführungsmängel darauf hin, dass eine unsachgemäße Bauüberwachung vorliegt und daher ein Honorareinbehalt gerechtfertigt wäre?

  • Gibt es einen Schadensersatzanspruch für Ausführungsmängel seitens des Planungsbüros, sofern das ausführende Unternehmen insolvent geworden ist?

  • Stellen gerügte Ausführungsmängel gleichsam einen Beweis für eine mangelhafte Bauüberwachung dar?

Die vorstehenden Fragen sind nunmehr eindeutig zu verneinen. Der jüngsten Rechtsprechung folgend ist zukünftig zwischen Bauüberwachungs- und Planungsleistungen des Bauunternehmens zu unterscheiden.

In den nachstehenden Konstellationen ist eine Entlastung des Bauüberwachers bzgl. der „Mangelfreiheit des Bauwerks“ zukünftig zu deren Gunsten zu berücksichtigen:

  • Kalkulatorische Berücksichtigung des hinterlegten Honorars für die Leistungsphase 8

Das kalkulatorisch zu berücksichtigende Budget für die Bauüberwachung führt grundsätzlich nicht zu einer Einschränkung der werkvertraglichen Pflicht zur Bauüberwachung. Die zutreffende Kalkulation des Honorars für die Bauüberwachung war und bleibt mithin eine organisatorische Herausforderung für die Bauüberwachung.

  •  

    • Das Honorar für die Bauüberwachung ist unter Zugrundelegung der Prämisse, dass auf der Baustelle Qualität und Einhaltung der einzelnen Bauabläufe überwacht werden können, zu ermitteln;

    • Planungsbüros, die ihrerseits auch Bauüberwachungsleistungen anbieten, müssen in einzelfallbezogenen Abwägungskriterien entscheiden, welche Arbeiten eine intensivere Überwachung erforderlich machen.

 

  • Die Haftung des Planungs- und/oder Überwachungsbüros bezieht sich werkvertraglich (lediglich) auf Planungs- und/oder Überwachungsleistungen, die für die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks erforderlich sind, nicht aber die Mangelfreiheit des Bauwerks und/oder der Bauarbeiten an sich. Dieser Rechtsprechung folgend müssen lediglich die Planungs- und/oder Überwachungsleistungen ohne werkvertragliche Mängel sein.

Die Bedeutung dieser Differenzierung ist in der praktischen Rechtsanwendung evident. Denn der Bauunternehmer haftet im Rahmen seiner eigenen werkvertraglichen Pflichten für die Mängelfreiheit seiner Werkleistung.  Die Schlussfolgerung, dass eine mangelhafte Ausführung der Werkleistung gleichzeitig eine mangelfreie Überwachungsleistung darstellt, ist nicht mehr möglich.

Auch nach bisheriger Rechtslage musste der Bauüberwacher nicht auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten hinweisen. Mithin ist nicht automatisch ein Bauüberwachungsmangel gegeben, sofern handwerkliche Selbstverständlichkeiten mangelhaft ausgeführt worden sind und sich dies in einem mangelhaften Bauwerk dokumentiert (z.B. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.11.2019, Az. 20 O 355/15, Abruf-NR. 219491).

Allerdings muss der Bauüberwacher auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten eine Einweisung vornehmen, die Durchführung von Stichproben veranlassen und eine Endkontrolle tätigen.  Sofern es in der Fachwelt keine einheitliche Auffassung gibt, wie die „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ zu verstehen ist gilt der Grundsatz, dass bei komplexen Bauleistungen einerseits sowie bei einem hohen Mangelrisiko andererseits grundsätzlich nicht von einer handwerklichen Selbstverständlichkeit auszugehen ist. Insoweit sind beispielsweise Maler- und/oder Putzarbeiten häufiger als „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ zu kategorisieren als beispielsweise komplexe Tiefgründungen, Abdichtungsarbeiten an Kelleraußenwänden, konstruktiver Stahlhochbau oder Warmfassaden. Letztere stellen keine „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ dar.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bauüberwacher in der Lph8 kein mangelfreies Bauwerk, sondern eine mangelfreie Bauüberwachung schuldet. Dies kann zu einer erheblichen Entlastung des Dienstleisters, der lediglich die Bauüberwachung schuldet, führen. Wichtig ist die Differenzierung hinsichtlich des jeweiligen Werkerfolges der Bauleistung einerseits sowie der Planungs- und/oder Überwachungsleistung andererseits.  Der Bauüberwacher kann nicht zu jedem Zeitpunkt an jeden Ort der Baustelle eine lückenlose Bauüberwachung tätigen. Mit der vorliegenden Entscheidung ist die frühere Annahme, dass Planungsbüros die mangelfreie Errichtung eines Bauwerkes schulden, nicht mehr haltbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

 

Planungs- und Überwachungsleistungen müssen kein mangelfreies Bauwerk bewirken!

 

(Kiel)  Mit dem Inhalt und den Grenzen der Planungs- und Bauüberwachungsleistungen hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des OLG Schleswig vom 25.03.2020 (12 U 162/19.

Das Planungs- und Überwachungsunternehmen schuldet lediglich eine mangelfreie Planungs- und Überwachungsleistung, nicht jedoch die handwerkliche Ausführung an der Baustelle. Diesem Rechtsgedanken folgend, schuldet ein Planungs- und Überwachungsdienstleister die mangelfreie Bauüberwachung, nicht aber ein mangelfreies Bauwerk.

Bislang entsprach es der Rechtsprechung, dass Mängel, die als Ausführungsmängel auf der Baustelle angefallen sind, gleichsam auch eine mangelhafte Bau- bzw. örtliche Bauüberwachung bedeuten. Diese Annahme hat regelmäßig zu Auseinandersetzungen über das Verschulden von Ausführungsmängeln geführt.

Meistens standen folgende Fragestellungen im Focus:

  • Ist eine mangelfreie Bauausführung durch ordnungsgemäße Bauüberwachung/örtliche Bauüberwachung geschuldet?

  • Weisen Ausführungsmängel darauf hin, dass eine unsachgemäße Bauüberwachung vorliegt und daher ein Honorareinbehalt gerechtfertigt wäre?

  • Gibt es einen Schadensersatzanspruch für Ausführungsmängel seitens des Planungsbüros, sofern das ausführende Unternehmen insolvent geworden ist?

  • Stellen gerügte Ausführungsmängel gleichsam einen Beweis für eine mangelhafte Bauüberwachung dar?

Die vorstehenden Fragen sind nunmehr eindeutig zu verneinen. Der jüngsten Rechtsprechung folgend ist zukünftig zwischen Bauüberwachungs- und Planungsleistungen des Bauunternehmens zu unterscheiden.

In den nachstehenden Konstellationen ist eine Entlastung des Bauüberwachers bzgl. der „Mangelfreiheit des Bauwerks“ zukünftig zu deren Gunsten zu berücksichtigen:

  • Kalkulatorische Berücksichtigung des hinterlegten Honorars für die Leistungsphase 8

Das kalkulatorisch zu berücksichtigende Budget für die Bauüberwachung führt grundsätzlich nicht zu einer Einschränkung der werkvertraglichen Pflicht zur Bauüberwachung. Die zutreffende Kalkulation des Honorars für die Bauüberwachung war und bleibt mithin eine organisatorische Herausforderung für die Bauüberwachung.

  •  

    • Das Honorar für die Bauüberwachung ist unter Zugrundelegung der Prämisse, dass auf der Baustelle Qualität und Einhaltung der einzelnen Bauabläufe überwacht werden können, zu ermitteln;

    • Planungsbüros, die ihrerseits auch Bauüberwachungsleistungen anbieten, müssen in einzelfallbezogenen Abwägungskriterien entscheiden, welche Arbeiten eine intensivere Überwachung erforderlich machen.

 

  • Die Haftung des Planungs- und/oder Überwachungsbüros bezieht sich werkvertraglich (lediglich) auf Planungs- und/oder Überwachungsleistungen, die für die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks erforderlich sind, nicht aber die Mangelfreiheit des Bauwerks und/oder der Bauarbeiten an sich. Dieser Rechtsprechung folgend müssen lediglich die Planungs- und/oder Überwachungsleistungen ohne werkvertragliche Mängel sein.

Die Bedeutung dieser Differenzierung ist in der praktischen Rechtsanwendung evident. Denn der Bauunternehmer haftet im Rahmen seiner eigenen werkvertraglichen Pflichten für die Mängelfreiheit seiner Werkleistung.  Die Schlussfolgerung, dass eine mangelhafte Ausführung der Werkleistung gleichzeitig eine mangelfreie Überwachungsleistung darstellt, ist nicht mehr möglich.

Auch nach bisheriger Rechtslage musste der Bauüberwacher nicht auf handwerkliche Selbstverständlichkeiten hinweisen. Mithin ist nicht automatisch ein Bauüberwachungsmangel gegeben, sofern handwerkliche Selbstverständlichkeiten mangelhaft ausgeführt worden sind und sich dies in einem mangelhaften Bauwerk dokumentiert (z.B. LG Frankfurt am Main, Urteil vom 05.11.2019, Az. 20 O 355/15, Abruf-NR. 219491).

Allerdings muss der Bauüberwacher auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten eine Einweisung vornehmen, die Durchführung von Stichproben veranlassen und eine Endkontrolle tätigen.  Sofern es in der Fachwelt keine einheitliche Auffassung gibt, wie die „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ zu verstehen ist gilt der Grundsatz, dass bei komplexen Bauleistungen einerseits sowie bei einem hohen Mangelrisiko andererseits grundsätzlich nicht von einer handwerklichen Selbstverständlichkeit auszugehen ist. Insoweit sind beispielsweise Maler- und/oder Putzarbeiten häufiger als „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ zu kategorisieren als beispielsweise komplexe Tiefgründungen, Abdichtungsarbeiten an Kelleraußenwänden, konstruktiver Stahlhochbau oder Warmfassaden. Letztere stellen keine „handwerkliche Selbstverständlichkeit“ dar.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Bauüberwacher in der Lph8 kein mangelfreies Bauwerk, sondern eine mangelfreie Bauüberwachung schuldet. Dies kann zu einer erheblichen Entlastung des Dienstleisters, der lediglich die Bauüberwachung schuldet, führen. Wichtig ist die Differenzierung hinsichtlich des jeweiligen Werkerfolges der Bauleistung einerseits sowie der Planungs- und/oder Überwachungsleistung andererseits.  Der Bauüberwacher kann nicht zu jedem Zeitpunkt an jeden Ort der Baustelle eine lückenlose Bauüberwachung tätigen. Mit der vorliegenden Entscheidung ist die frühere Annahme, dass Planungsbüros die mangelfreie Errichtung eines Bauwerkes schulden, nicht mehr haltbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Presseerklärung

 

 

Rechtliches Gehör im Hinblick auf Substanziierungsanforderungen

 

Prozessuale Konsequenzen der unterlassenen Einholung eines Schiedsgutachtens vor Klageerhebung

 

(Kiel)  Der Bundesgerichtshof (BGH) Der BGH hat sich soeben mit der praktisch und prozessual erheblichen Fragestellung der unterlassenen Einholung eines Schiedsgutachtens vor Klageerhebung auseinandergesetzt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH, Urteil v. 11.03.2021 – VII ZR 196/18;

  • Haben die Parteien hinsichtlich eines Anspruchs oder einzelner Anspruchsvoraussetzungen eine Schiedsgutachtervereinbarung abgeschlossen, ist regelmäßig anzunehmen, dass die Einholung des Schiedsgutachtens in den im Vertrag bestimmten Fällen Anspruchsvoraussetzung ist. Eine vor Einholung des Schiedsgutachtens erhobene Klage, die auf den Anspruch gestützt wird, dessen Inhalt oder dessen Voraussetzungen durch ein Schiedsgutachten festgestellt werden sollen, ist daher nicht als endgültig, sondern allenfalls als verfrüht, also „als zur Zeit unbegründet“ abzuweisen (im Anschluss an NZBau 2006, 173 = BauR, 206, 555).

  • In einem solchen Fall liegt es im Ermessen des Tatrichters, von einer sofortigen Klageabweisung „als zur Zeit unbegründet“ abzusehen und zunächst entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens zu setzen (im Anschluss an BGH NJW-RR 1988, 1405).

Der nachstehende Sachverhalt lag der Entscheidungsfindung des BGH zugrunde:

Die klagende WEG machte gegen die Beklagte Zahlungsansprüche aus einem Prozessvergleich i.H.v. € 212.221,52 einerseits sowie die Erstattung von Sachverständigenkosten i.H.v. € 10.574,88 aus einem Prozessvergleich geltend. Darüber hinaus begehrte die Klägerin den Ersatz von Kosten i.H.v. € 2.856,00  für Schäden, die im Rahmen von Mängelbeseitigungsarbeiten an den Grünflächen der WEG entstanden sind.

Im Rahmen eines Verfahrens vor dem LG schlossen die Parteien einen Vergleich, der u.a. die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch einen bestimmten Sachverständigen im Hinblick auf etwaige Mängel der Nachbesserungsarbeiten beinhaltete. Die Klägerin machte u.a. Schadensersatzansprüche / Kosten der Mängelbeseitigung für Schäden, die im Rahmen der Mängelbeseitigung entstanden sind, geltend.  Ein Zahlungsanspruch hinsichtlich dieser Kosten wurde durch das LG im Ergebnis verneint.

Die Revision zum BGH hatte zum Ergebnis, dass die Entscheidung des LG nicht in allen Punkten einer rechtlichen Überprüfung standhielt.  Das Berufungsgericht hätte nicht eine endgültige Abweisung des klägerischen Anspruchs tätigen dürfen.

Der BGH führt aus, dass Schiedsgutachten im engeren Sinne, auf die §§ 317 ff. BGB entsprechend anwendbar sind, vor allem dazu dienen, den von den Parteien zwar objektiv bestimmten, aber nur mit einer gewissen Sachkunde feststellbaren Vertragsinhalt, zu ermitteln. Es handelt sich um privatrechtlich vereinbarte Sachverständigengutachten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, die der Klärung oder Feststellung von Tatsachen dienen, so beispielsweise auch der Feststellung von Mängeln und der Kosten für ihre Beseitigung. Dabei erkennen die Parteien die durch das Schiedsgutachten zu treffende Bestimmung bis an die Grenze der offenbaren Unrichtigkeit als verbindlich an (vgl. BGH NJW 2013, 1296 Rn. 13 m.w-N; BGHZ 43, 374 = NJW 1965, 1523; Palandt/Grünberg, BGB, 80. Aufl., § 317 Rn. 6).

Die Entscheidung erwies sich insoweit als rechtsfehlerhaft, als die Klage auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen als endgültig unbegründet abgewiesen worden ist. Insoweit konnte die Entscheidung, dem BGH folgend, keinen Bestand haben.

  • Sofern die Parteien hinsichtlich eines Anspruchs oder einzelner Anspruchsvoraussetzungen eine Schiedsgutachtervereinbarung getroffen haben, ist regelmäßig anzunehmen, dass die Einholung des Schiedsgutachtens in den im Vertrag bestimmten Fällen Anspruchsvoraussetzung ist. Eine vor Einholung des Schiedsgutachtens erhobene Klage, die auf den Anspruch gestützt wird, dessen Inhalt oder dessen Voraussetzungen durch ein Schiedsgutachten festgestellt werden sollen, ist daher nicht als endgültig, sondern allenfalls als verfrüht, also „als zur Zeit unbegründet“ abzuweisen (allg. Meinung; vgl. z.b. BGH NZBau 2006, 173 = BauR 2006, 555 Rn. 13; NJW-RR 1988, 1406 m.w.N.; Palandt/Grünberg, BGB, § 317 Rn. 3).

In einer derartigen Fallkonstellation liegt es im Ermessen des Tatrichters, von einer sofortigen Klageabweisung „als zur Zeit unbegründet“ abzusehen und zunächst entsprechend §§ 356, 431 ZPO eine Frist zur Beibringung des Schiedsgutachtens zu setzen (vgl. BGH NJW_RR 1988, 1405).

  • Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages der Parteien haben (std. Rspr.; vgl. z.B. BGH NZBau 2021, 178 = BauR 2021, 593 Rn. 13; BeckRS 2017, 138620 = BauR 2018, 669 Rn. 9; NJOZ 1247 = ZfBR 2017, 146 Rn. 8, 10, jew. m.w.N.). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn das Gericht die Substanziierungsanforderungen offenkundig überspannt und es dadurch versäumt, den Sachvortrag der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (std. Rspr.; vgl. z.B. BGH NZBau 2021, 178 = BauR 2021, 593 Rn. 3, weiter Nachw. s.o.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe wurde ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG durch die Klägerin zu Recht geltend gemacht, da die Substanziierungsanforderungen offenkundig überspannt und den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Schäden an den Grünflächen der WEG-Anlage deshalb als für nicht hinreichend dargelegt erachtet hat. Die schlüssige Darlegung zu den Schäden an den Grünflächen und den hierzu erfolgten Beweisantritte der Klägerin durfte das Gericht nicht unberücksichtigt lassen. Diese Gehörsverletzung war in dem entschiedenen Fall entscheidungserheblich, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des Sachvortrages und der Beweisantritte der Klägerin zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre. Mangels Entscheidungsreife wurde das Verfahren zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuweisen, § 563 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Im Rahmen der sorgsamen Prozessführung ist mithin bereits dem erstinstanzlich tätigen Anwalt unbedingt anzuraten, den Sachvortrag der Partei zu eruieren und sachgerecht und vollumfänglich vorzutragen, um – bei möglicherweise auftretenden Verfahrensfehlern – hierauf die entsprechenden Rechtsmittel – wie in dem vorliegenden Fall mit wünschenswerter Deutlichkeit ersichtlich – stützen zu können.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Helene – Monika Filiz

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Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

 

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Kiel, den 3.05.2021

 

Presseerklärung

 

 

Rechtsberatung durch Architekten: noch zulässige Nebenleistung oder schon Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz?

 

(Kiel)  Eine sowohl prozessual, als materiell-rechtlich sehr interessante Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Zusammenhang mit der Reichweite erlaubter Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit Beratungsleistungen einer Architektin.

 

Der BGH entschied, dass die Vertretung der Grundstückseigentümer in einem Widerspruchsverfahren gegen die abschlägige Bescheidung einer Bauvoranfrage und die Geltendmachung von mit dem Widerspruchsverfahren zusammenhängenden Kostenerstattungsansprüchen durch eine Architektin keine nach §§ 35 Abs. 1 RDG erlaubten Rechtsdienstleistungen darstelle, die als Nebenleistungen zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Architektin gehört.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH, Urteil v. 11.02.2021 – IZ 227/19.

Folgender Sachverhalt lag dem BGH zur Entscheidungsfindung vor:

Die Klägerin ist die Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtsbezirk K. . Ihr obliegt unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder. Die Beklagte ist Architektin. Sie ist weder als Rechtsanwältin zugelassen noch wurde ihr auf sonstige Weise das Recht eingeräumt, außergerichtlich Rechtsdienstleistungen zu erbringen.

Mit Schreiben vom 13. Januar 2015 stellte die Beklagte bei der Stadt L. im Auftrag der Grundstückseigentümer eine Bauvoranfrage hinsichtlich des Grundstücks G. . Hierfür erhielt sie von den Grundstückseigentümern ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 500 €. Nachdem die Stadt L. die Bauvoranfrage negativ beschieden hatte, legte die Beklagte hiergegen mit Schreiben vom 2. März 2015 "namens der Grundstückseigentümer" Widerspruch ein, der zurückgewiesen wurde. Anschließend machte die Beklagte mit Schreiben vom 5. August 2016 gegenüber der Stadt L. unter anderem Kostenerstattungsansprüche für das Widerspruchsverfahren geltend.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Oktober 2018 mahnte die RAK die Beklagte erfolglos wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ab.

Zwar wies der BGH darauf hin, dass der Unterlassungsantrag der RAK nicht hinreichend bestimmt und mithin demnach unzulässig sei. Insoweit müsse – bei dem erstmaligen Auftreten derartiger Mängel des Klageantrags in der Revisionsinstanz, dem Grundsatz des Vertrauensschutzes einerseits sowie der Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren andererseits, bedingen, dass von einer Abweisung als unzulässig abzusehen ist.

Der BGH wies allerdings für das weitere Verfahren auf das Folgende hin:

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte spürbar gegen die Marktverhaltensregelung des § 3 RDG verstoßen hat, indem sie außergerichtliche Rechtsdienstleistungen erbracht hat, die weder nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz noch durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt sind. Die beanstandeten Tätigkeiten der Beklagten, nämlich die Vertretung der Grundstückseigentümer im Widerspruchsverfahren gegen die negative Bescheidung der Bauvoranfrage und die Geltendmachung entsprechender Kostenerstattungsansprüche, sind als Rechtsdienstleistungen im Sinne des § 2 RDG zu bewerten,  die gemäß § 3 RDG der Erlaubnis bedürfen. Es handele sich bei den Tätigkeiten der Beklagten um die Prüfung individueller, einzelfallbezogener Ansprüche, die zudem auch in konkreten fremden Angelegenheiten erfolgt seien.

Entsprechend konkrete Regelungen, die eine Befugnis der Architektin zur rechtlichen Vertretung der Grundstückseigentümer im Widerspruchsverfahren oder zur Geltendmachung von damit im Zusammenhang stehenden Kostenerstattungsansprüchen enthalten, seien weder nach dem einschlägigen Landes-Architektengesetz (§ 1 Abs. 5 Satz 1 und 2 Architektengesetz Rheinland-Pfalz) noch aus der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure entnehmen, die Rechtsdienstleistungen gestatten. Die innerhalb der jeweiligen Leistungsphasen zu erbringenden Leistungen (§ 34 Abs. 4 HOAI in Verbindung mit Anlage 10 Nr. 10.1) können lediglich bei der Frage Bedeutung erlangen, ob die Rechtsdienstleistungen nach § 5 Abs. 1 RDG erlaubt sind, weil sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Architektin gehören.

Auch aus den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs folge keine derartige Befugnis. Weder § 631 Abs. 1 BGB, noch aus § 650p BGB, der den Architekten verpflichtet, "die Leistungen zu erbringen, die nach dem jeweiligen Stand der Planung und Ausführung des Bauwerks oder der Außenanlage erforderlich sind, um die zwischen den Parteien vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen", enthalten die für ein Gesetz im Sinne von § 1 Abs. 3, § 3 RDG erforderliche hinreichend deutliche Erlaubnis zur Erbringung einer Rechtsdienstleistung.

Die Tätigkeiten der Beklagten seien auch keine erlaubten Nebenleistungen im Sinne von § 3 Fall 1, § 5 Abs. 1 RDG.

Erlaubt ist die Tätigkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG nur, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild desjenigen gehört, der die Rechtsdienstleistung erbringt, und wenn sie eine Nebenleistung zu einer Haupttätigkeit ist (BGH, GRUR 2011, 539 Rn. 34 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 Abs. 1 Satz 2 RDG). Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss - soweit es sich nicht um Dienstleistungen von Angehörigen steuerberatender Berufe oder nach § 10 RDG registrierter Personen handelt - stets auf nichtrechtlichem Gebiet liegen (BGH, GRUR 2012, 405 Rn. 23 - Kreditkontrolle; vgl. auch BT-Drucks. 16/3655, S. 52).

Die Abgrenzungsfrage, ob erlaubte Nebendienstleistung oder Verstoß gegen das RDL stellt nicht nur in diesem Zusammenhang eine – möglicherweise die Existenz bedrohende – Fragestellung dar. Auch ansonsten wird im Immobilienbereich, beispielsweise im Bereich der Hausverwaltung  oder in der Maklerei die Grenze nicht selten überschritten. Dass die eigene Berufshaftpflichtversicherung derartige rechtliche Grenzüberschreitungen sanktioniert, indem eine entsprechende Deckungszusage nicht erteilt werden wird, stellt nur ein weiteres Kriterium für die entsprechenden Dienstleister dar, welches aufmerksam machen sollte.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

Für Rückfragen steht Ihnen zur Verfügung:

Helene – Monika Filiz

Rechtsanwältin / Fachanwältin für Familienrecht / Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V.

 

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Presseerklärung

 

OLG Frankfurt am Main: STIKO-Empfehlungen folgendes Elternteil entscheidet bei Uneinigkeit der Eltern über Schutzimpfungen des Kindes

(Stuttgart) Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind kann bei Uneinigkeit der Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert.

Über die allgemeine Impffähigkeit des Kindes muss unabhängig von einer konkreten Impfung kein Sachverständigengutachten eingeholt werden, da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Impfsituation ärztlich zu prüfen ist und bei einer Kontraindikation zu unterbleiben hat.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom 18.03.2021 zu seinem Beschluss vom 08.03.2021, Az. 6 UF 3/21.

Die Eltern eines 2018 geborenen Kindes üben gemeinsam die elterliche Sorge aus. Die Mutter möchte das Kind gemäß den Empfehlungen der STIKO impfen lassen. Der Vater ist damit nicht einverstanden und verlangt eine gerichtliche Prüfung der Impffähigkeit des Kindes. Die Mutter hat deshalb vor dem Amtsgericht beantragt, ihr die Entscheidungsbefugnis über Standardimpfungen zu übertragen. Diesem Antrag hat das Amtsgericht stattgegeben.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.

Wenn sich Eltern bei gemeinsamer elterlicher Sorge in einer einzelnen Angelegenheit, die für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, nicht einigen können, kann auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen werden (§ 1628 S. 1 BGB). Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen sei eine derartige Angelegenheit von erheblicher Bedeutung, stellt das OLG fest. Dabei sei die Entscheidungskompetenz dem Elternteil zu übertragen, „dessen Lösungsvorschlag dem Wohl des Kindes besser gerecht wird“. Gehe es um eine Angelegenheit der Gesundheitssorge, sei die Entscheidung zu Gunsten des Elternteils zu treffen, der insoweit das für das Kindeswohl bessere Konzept verfolge. Bei der Übertragung der Entscheidungsbefugnis über Schutzimpfungen auf einen Elternteil könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich maßgeblich darauf abgestellt werden, „dass ein Elternteil Impfungen offen gegenübersteht und seine Haltung an den Empfehlungen der STIKO orientiert, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf, wenn im Einzelfall kein Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht“.

Es könne davon ausgegangen werden, „dass eine an den Empfehlungen der STIKO orientierte Entscheidung der Kindesmutter über vorzunehmende Impfungen im Ausgangspunkt das für das Kindeswohl bessere Konzept im Sinne der Rechtsprechung darstellt“, begründet das OLG. Bei der Abwägung zwischen Risiken im Fall einer Impfung und Risiken bei unterbleibender Impfung könne die Entscheidung auf den Elternteil übertragen werden, der den fachlichen Empfehlungen der STIKO folge. Diesen Empfehlungen komme die Funktion eines antizipierten Sachverständigengutachtens zu.

Da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Situation unter Berücksichtigung etwaiger Kontraindikationen ärztlich zu prüfen sei, bedürfe es auch keiner allgemeinen, unabhängig von einer konkreten Impfung vorzunehmenden gerichtlichen Aufklärung der Impffähigkeit des Kindes. Der Sorge des Vaters um die körperliche Unversehrtheit des Kindes im Hinblick auf den Impfvorgang selbst trügen die Empfehlungen der STIKO ebenfalls Rechnung. Für den Impfvorgang werde von der STIKO eine am Kindeswohl orientierte Vorgehensweise mit im Einzelnen dargestellten Handlungsvorschlägen empfohlen. Dass diese Empfehlungen vorliegend unzureichend seien, sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Presseerklärung

 

Bundesgerichtshof entscheidet zur zeitlichen Grenze des Anspruchs auf nachehezeitliche Überlassung der Ehewohnung

 

(Stuttgart) Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu beantworten, wie lange nach Rechtskraft der Scheidung ein Ehegatte vom anderen die Überlassung der Ehewohnung verlangen kann, wenn diese im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu seinem Beschluss vom 10. März 2021 - XII ZB 243/20.

 

Die Beteiligten bewohnten während ihrer Ehe gemeinsam eine Wohnung, die im Alleineigentum des Antragstellers steht. Seit der Trennung im Jahre 2014 und auch über die seit Dezember 2015 rechtskräftige Scheidung hinaus nutzt die Antragsgegnerin die Wohnung allein. Die Antragsgegnerin war ursprünglich Alleineigentümerin einer anderen, im selben Haus gelegenen Wohnung, die sie im Jahre 2016 unentgeltlich auf einen Sohn übertrug. Sie zahlt an den Antragsteller weder Miete oder Nutzungsentschädigung noch trägt sie die verbrauchsabhängigen Kosten. Zahlungsaufforderungen des Antragstellers sind ebenso erfolglos geblieben wie sein Herausgabeverlangen. Der Antragsteller hat beim Amtsgericht einen auf § 985 BGB gestützten Räumungs- und Herausgabeantrag gestellt. Diesem hat das Amtsgericht mit einer Räumungsfrist entsprochen hat. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat die dagegen von der Antragsgegnerin eingelegte Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.

Zwar ist der aus dem Eigentum folgende Herausgabeanspruch eines Ehegatten auch nach Rechtskraft der Scheidung nicht durchsetzbar, solange der Anwendungsbereich des § 1568 a BGB und damit das Ehewohnungsverfahren eröffnet ist. Ob es sich (noch) um eine Ehewohnung im Sinne des § 1568 a BGB handelt, ist dabei nach der Situation im Zeitpunkt der Rechtskraft der Ehescheidung zu beurteilen, so dass der Anwendungsbereich des § 1568 a BGB immer dann eröffnet ist, wenn es sich bei den Räumen auch während des Getrenntlebens in rechtlicher Hinsicht um die Ehewohnung gehandelt hat.

 

Diese Sperrwirkung ist im Ergebnis aber durch § 1568 a Abs. 6 BGB zeitlich begrenzt. Denn ein Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung erlöschen nicht nur die Ansprüche auf Eintritt in ein Mietverhältnis oder auf seine Begründung, sondern auch diejenigen auf Überlassung der Ehewohnung, wenn sie nicht vorher rechtshängig gemacht worden sind. Zwar trifft § 1568 a Abs. 6 BGB seinem Wortlaut nach keine Regelung für die Ansprüche des Ehegatten auf Überlassung der Ehewohnung nach § 1568 a Abs. 1 und 2 BGB. Gleichwohl führt das Erlöschen der auf die Begründung eines Mietverhältnisses bezogenen Ansprüche aus § 1568 a Abs. 3 und 5 BGB nach Ablauf der Jahresfrist in Anbetracht von Sinn und Zweck der Regelung und des systematischen Gesamtzusammenhangs dazu, dass dann auch der aus § 1568 a Abs. 1 oder 2 BGB folgende Überlassungsanspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann. Die gesetzliche Regelung sieht im Interesse der Rechtsklarheit als Rechtsfolge ausschließlich die Begründung oder Fortführung eines Mietverhältnisses vor. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sollte auch in den Fällen, in denen der zur Überlassung verpflichtete Ehegatte Alleineigentümer der Ehewohnung ist, der Abschluss eines Mietvertrags der Regelfall sein. Ohne die Geltung der Jahresfrist auch für den Überlassungsanspruch wäre dem verpflichteten Eigentümer-Ehegatten aber die Möglichkeit genommen, die vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene Absicherung dieses Überlassungsverhältnisses mittels Mietvertrags durchzusetzen.

Für dieses Auslegungsergebnis streiten zudem Gründe der Praktikabilität und Rechtssicherheit sowie Sinn und Zweck der Bestimmung, nicht mietvertraglich geregelte Nutzungsverhältnisse nach Möglichkeit zu vermeiden. Belange des Kindeswohls stehen dem nicht entgegen, weil der Zeitraum von einem Jahr ab Rechtskraft der Scheidung jedenfalls ausreichend ist, um eine Wohnungsüberlassung zu beantragen. Schließlich trägt eine klare zeitliche Grenze dem Umstand Rechnung, dass sich die Rechtfertigung des mit § 1568 a BGB verbundenen Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht des anderen Ehegatten aus der Funktion der Wohnung als Lebensmittelpunkt der Familie ableitet.

Im vorliegenden Fall ist die Jahresfrist längst abgelaufen, ohne dass die Antragsgegnerin Ansprüche aus § 1568 a BGB gerichtlich geltend gemacht hat. Da ihr auch nicht aus anderen Gründen, etwa einer sonstigen Vereinbarung zwischen den Beteiligten, ein Recht zum Besitz an der Wohnung zusteht, ist sie nach § 985 BGB zur Herausgabe der Wohnung verpflichtet.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfällen Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. auch auf die bundesweit mehr als 700 auf Erbrecht, Erbschaftsteuerrecht und Scheidungsrecht spezialisierten Rechtsanwälte und Steuerberater der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V., www.dansef.de verwies.

 

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Kiel, den 25.02.2021

 

 

Presseerklärung

 

 

Anpassung der Gewerberaummiete / 50 % Mietreduzierung bei staatlich verordneten (Corona) Lockdown

 

(Kiel)  Das Oberlandesgericht Dresden hat soeben eine richtungsweisende Entscheidung getroffen im Hinblick auf die Möglichkeit einer der Mietanpassung im Gewerberaummietrecht für den Fall, dass ein staatlich verordneter Lockdown erfolgt.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden vom 24.02.2021 zum Urteil Az. 5 U 1782/20.

Das OLG entschied in der am 24.02.2021 verkündeten Entscheidung, dass „eine Reduzierung der Kaltmiete um 50 Prozent sei gerechtfertigt (sei), weil keine der Parteien eine Ursache für die Störung der Geschäftsgrundlage gesetzt oder sie vorhergesehen habe". Das OLG führte aus, dass es in dem konkret entschiedenen Falle angemessen sei, die Belastung gleichmäßig unter den Vertragspartnern zu verteilen.

Das Gericht gab somit einer Einzelhändlerin teilweise  Recht. Die Frau hatte die Miete für den Monat April 2020 nicht gezahlt, weil sie in der Zeit vom 19. März 2020 bis einschließlich 19. April 2020 ihr Geschäft wegen der sächsischen Corona-Schutzverordnung nicht öffnen konnte.

Sie vertrag die Meinung, dass sie die Miete müsse für den Zeitraum der Schließung auf Null reduziert werden und berief sich dabei vor allem auf einen Mangel des Mietobjektes. Dagegen klagte die zuständige Grundstücksverwaltung als Eigentümer. Das Landgericht Chemnitz hatte die Frau zur Zahlung der vollständigen Miete verurteilt. Dagegen ging sie am OLG in Berufung.

Die Richter des Oberlandesgericht Dresden erkannten dahin, dass staatlich verordneten Schließung von Geschäften eine "Störung der Geschäftsgrundlage“ zu werten sei, so dass eine Anpassung über die Grundsätze der Störung der Geschäftsgrundlage zu erfolgen habe. Es käme daher nicht auf sei im Zusammenhang mit der Corona- Pandemie und der staatlichen Anordnung zur Schließung von Geschäften sei eine "Störung der Geschäftsgrundlage" verbunden, "welche eine Anpassung des Vertrages dahin auslöse, dass die Kaltmiete für die Dauer der angeordneten Schließung auf die Hälfte reduziert" wird. Gegen das Urteil kann nun Revision eingelegt werden.

Ob mit diesem Urteil an Rechtssicherheit gewonnen ist, ist fraglich.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Kiel, den 16.02.2021

 

Presseerklärung

 

 

Verzögerte Erstellung eines Sachverständigengutachtens / Besorgnis der Befangenheit

 

(Kiel)  Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass der Umstand der Verzögerung im Hinblick auf die Erstellung eins Sachverständigengutachtens für sich allein genommen noch keine Besorgnis der Befangenheit begründet.

 

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 13. Januar 2021, Az.: 20 W 1742/20.

 

Der Entscheidung lag die  folgende Sachverhaltskonstellation zugrunde:

 

Im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens sollte Beweis über das Vorliegen von angeblichen Mängeln an einem Einfamilienhaus erhoben werden. Die Erstellung des Sachverständigengutachtens verzögerte sich. Dies führte zu einem Ablehnungsantrag wegen der Besorgnis der Befangenheit.

 

Das erstinstanzlich erkennende Landgericht Landshut gab dem Befangenheitsantrag nicht statt. Es begründete seine Entscheidung dahingehend, dass die verzögerte Bearbeitung durch den Sachverständigen die Parteien des Verfahrens im gleichen Maße beträfe. Eine einseitige Bevorzugung einer Partei durch den Sachverständigen sei nicht erkennbar.

 

Gegen diese Entscheidung wurde sofortige Beschwerde eingelegt, die – so die Entscheidung des erkennenden OLG München – nicht erfolgreich war.

 

Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung des Landgerichts.

 

Zwar sei es zu nicht unerheblichen Verfahrensverzögerungen durch den Sachverständigen gekommen, die nicht zu akzeptieren seien. Diese Verfahrensverzögerungen alleine begründen allerdings nicht die Besorgnis der Befangenheit. Für sich alleine genommen stellt mithin die verzögerte Fertigstellung eines Sachverständigengutachtens keinen allgemeinen Ablehnungsgrund dar.

 

Darüber hinaus hat der Sachverständige, so das OLG München, nachvollziehbare Gründe für die Verzögerung bei der Gutachtenerstellung angegeben, wie etwa Arbeitsüberlastung sowie organisatorische Umstellung des Sachverständigen-Büros auf Homeoffice wegen der Corona-Pandemie. Bei der Entscheidungsfindung wurde allerdings auch berücksichtigt, dass die die Verzögerungen zum nicht unerheblichen Teil auch auf dem Prozessverhalten der Beteiligten beruhten.

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. - www.VBMI-Anwaltsverband.de  - verwies.

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Presseerklärung

 

Schenkung von den Schwiegereltern: Was gilt bei einer Scheidung?

(Stuttgart) Viele Eltern schenken ihrem Kind und dessen Ehepartner Geld oder übertragen ihnen Grundbesitz. Aber was passiert, wenn die Ehe auseinandergeht? Darf dann der geschiedene Ehepartner das „Geschenk“ behalten?

Der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts (OLG) hatte in einem solchen Fall zu entscheiden, so die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Helene – Monika Filiz, Vizepräsidentin der DANSEF Deutsche Anwalts-, Notar- und Steuerberatervereinigung für Erb- und Familienrecht e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf den Beschluss des OLG vom 14.10.2020, Az. 11 UF 100/20.

Die Klägerin hatte ihrer Tochter und deren Mann 2013 eine Eigentumswohnung in Köln geschenkt. Die beiden bewohnten die Wohnung nicht selbst − sie lebten in Osnabrück −, sondern vermieteten sie. 2015 kam es zur Trennung, 2017 zur Scheidung der Eheleute.

Die Klägerin verlangte 37.600 Euro vom Ehemann. Sie argumentierte, es liege ein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vor: Der Grund für die Schenkung sei die Förderung der Ehe zwischen ihrer Tochter und dem Ehemann gewesen. Ihre Erwartung, dass die Ehe Bestand haben werde, habe sich nicht erfüllt. Sie könne daher den Wert der Schenkung − abzüglich eines Abschlages für die Zeit, die die Ehe noch bestanden habe − herausverlangen.

Der Ehemann wies den Anspruch zurück. Er trug vor, die Klägerin habe die Wohnung ohnehin nicht mehr haben wollen, weil sie sich mit den Mietern gestritten habe und Renovierungsarbeiten angestanden hätten. Er und seine Exfrau hätten viel Geld in die Wohnung gesteckt.

Der Senat bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts Osnabrück, nach der kein sogenannter „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ vorliege und der Ehemann daher keine Rückzahlung schulde. Es habe sich um eine Schenkung gehandelt, deren Rechtsnatur es nun einmal sei, dass keine Gegenleistung geschuldet sei und dass sie grundsätzlich nur bei einer schweren Verfehlung des Beschenkten gegen den Schenker zurückgefordert werden könne. Etwas anderes könne bei der Übertragung einer Immobilie an das Kind und Schwiegerkind als Familienheim gelten. In einem solchen Falle einer zur Selbstnutzung geschenkten Immobilie bestehe ein direkter Zusammenhang mit der Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft, so dass unter Umständen beim Scheitern der Ehe eine Rückforderung in Frage komme. Im vorliegenden Falle aber sei die Immobilie als Renditeobjekt geschenkt und genutzt worden. Die Klägerin habe daher nicht damit rechnen können, dass die Immobilie langfristig für die Lebens- und Beziehungsgestaltung der Ehegatten genutzt werde. Hinzu komme, dass Motiv für die Schenkung nicht nur die Ehe der Tochter, sondern auch die Ersparnis weiteren Ärgers mit den Mietern und der Renovierungsaufwendungen gewesen sei. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass allein der Fortbestand der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Übertragung gewesen sei. Eine Rückforderung komme daher nicht in Betracht.

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Ärger auf dem Bau – Kann Baufirma Leistungen einstellen wenn Bauherr nicht zahlt?

 

(Kiel)   Spannend und wirtschaftlich mit erheblichen, zum Teil existenzgefährdenden Auswirkungen verbunden, ist die alltägliche Frage am Bau dahingehend ob der Auftragnehmer seine vertraglich geschuldeten Leistungen einstellen kann/darf, weil – seiner Ansicht nach - Zahlungsverzug seitens des Auftraggebers vorliegt.

 

Die rechtliche Gesamtbeurteilung obliegt bekannter Maßen im Nachhinein den Gerichten. Allerdings lehrt die Erfahrung, so die die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht  Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG Stuttgart vom 28.04.2020 - 10 U 294/19 -, dass Gerichte das Eine oder das Andere anders entscheiden, als man dies im „Eifer der persönlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen“ vor Ort am Bau beurteilen mag.

In diesem Fall hat sich das OLG Stuttgart mit den Voraussetzungen der auftragnehmerseitigen Einstellung von Bauarbeiten in einer sehr lesenswerten – weil detailreichen - Entscheidung auseinandergesetzt.

Die Klägerin hat die Beklagte begehrt aus einem gekündigten VOB/B-Bauvertrag Vergütung und Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft. Weiterhin sind sich die Parteien im Hinblick auf die Eintragungsvoraussetzungen einer Sicherungshypothek uneinig.

Die Klägerin hat ihre werkvertraglich geschuldeten Arbeiten im Hinblick auf den – ihrerseits angenommenen Zahlungsverzug seitens des Auftraggebers – eingestellt. Allerdings hatte die Aufraggeberin erforderliche Statikberechnungen, die zur Ausführung des Bauvorhabens erforderlich waren, nicht vorgelegt. Dieser Umstand ist, angesichts des nicht vorliegenden Zahlungsverzuges der Auftraggeberin allerdings, unbeachtlich, wie des OLG Stuttgart mit der Entscheidung vom28.04.2020 erkannte.

Das OLG Stuttgart entschied wie folgt:

  1. Die Einstellung der Arbeiten ist der Extremfall der unzureichenden Ausstattung einer Baustelle mit Arbeitskräften. § 5 Abs. 3 VOB/B begründet auf das Verlangen des Auftraggebers eine Pflicht des Auftragnehmers zur Abhilfe des unzureichenden Baustelleneinsatzes. Kommt der Auftragnehmer dieser Verpflichtung trotz berechtigten Abhilfeverlangens nicht nach, gerät der Auftragnehmer mit der Abhilfepflicht in Verzug.

  2. Unter den weiteren Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 VOB/B führt die unberechtigte Arbeitseinstellung des Auftragnehmers zu einem Kündigungsrecht nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B.

  3. Zwar steht grundsätzlich eine notwendige, aber fehlende Mitwirkung des Auftragnehmers (Hier: Übergabe einer Statik Berechnung) einem Verzug des Auftragnehmers entgegen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn der Auftragnehmer seine Leistung von der Erfüllung nicht bestehender Gegenrechte abhängig macht (unberechtigte Forderung auf Abschlagszahlung) und deshalb unabhängig von der Mitwirkung des Auftraggebers seine Leistung verweigert.

  4. Haben die Parteien eines Bauvertrages neben einem Zahlungsplan, der sich allein an Daten orientiert, einen Bauzeitenplan vereinbart, ist der Bauzeitenplan im Zweifel Geschäftsgrundlage des Zahlungsplans. Dann haben die Parteien keine Zahlungen unabhängig vom Baufortschritt, sondern Abschlagszahlungen vereinbart, die sich nach den vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten und dem zu diesen Zeitpunkten nach dem Bauzeitenplan erwarteten Baufortschritt richten.

  5. Ein Leistungsverweigerungsrecht oder Kündigungsrecht des Auftragnehmers wegen fehlender Bauhandwerkersicherung nach § 648 a Abs. 5 S. 1 BGB a.F. steht dem bereits eingeteten Verzug mit der Abhilfepflicht nach § 5 Abs. 3 VOB/B durch die Arbeitseinstellung des Auftragnehmers und einem daraus entstehenden Kündigungsrecht des Auftraggebers entgegen, wenn der Auftragnehmer seine eigene Leistung Zug um Zug gegen das Bewirken der Bauhandwerkersicherung anbietet.

  6. Der Verzug des Auftragnehmers und damit das Kündigungsrecht des Auftraggebers besteht fort, wenn der Auftragnehmer die Fertigstellung der Werkleistung neben der Erfüllung seines Anspruchs auf Bauhandwerkersicherung von der Zahlung weiterer, vertraglich nicht geschuldeter Abschläge abhängig macht.

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VBMI - PE vom 12.11.2020

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.10.2020, Az. 29 U 146/19

Zahlreiche Klauseln nach dem neuen Bauvertragsrecht unwirksam

Die Pressestelle des OLG Frankfurt am Main teilt mit, dass mit dem 04.11.2020

veröffentlichtem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main (OLG) zahlreiche Klauseln eines vorformulierten Bauvertrages für unwirksam erklärt.

 

Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bauklauseln nach dem seit dem 01.01.2018 geltenden neuen Bauvertragsrechts liegt noch nicht vor.

 

Der Senat hat deshalb die Revision zugelassen.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der sich für den Verbraucherschutz im Bauwesen einsetzt. Die Beklagte ist ein Bauunternehmen für die schlüsselfertige Erstellung von Wohnhäusern. Sie verwendet gegenüber den Verbrauchern einen vorformulierten „Planungs- und Bauvertrag“. Der Kläger hält zahlreiche Vertragsbedingungen dieses Vertrages für unwirksam.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich von 11 Klauseln stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung beider Parteien. Die Berufung des Klägers, mit der er sich gegen die Verwendung weiterer bestimmter Klauseln richtet, hatte vor dem OLG überwiegend Erfolg. Die Berufung der Beklagten, mit der sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung zweier Klauseln wandte, hatte keinen Erfolg.

Das OLG untersagte der Beklagten unter anderem die Verwendung einer Klausel, wonach die Parteien davon ausgehen, dass „keine unüblichen Grundstücksgegebenheiten bestehen“. Diese Klausel sei, so das OLG, für einen durchschnittlichen Verbraucher unverständlich. Dem Kunden sei vollkommen unklar, wann ein Grundstück noch üblich und wann es unüblich beschaffen sei. „Es gibt kein „Baugrundstück von der Stange“, fasst das OLG Frankfurt am Main zusammen.

Ebenfalls unwirksam ist nach Ansicht des OLG die Bestimmung, wonach, wenn der Auftraggeber statt der vorgelegten Ausführungsplanung wesentliche Änderungen fordert, die Vertragsparteien „verhandeln und eine entsprechende Nachtragsvereinbarung abschließen“. Diese Klausel lasse den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei der Abfassung des neuen Bauvertragsrechts außer Acht. Der Gesetzgeber habe dem Besteller ausdrücklich ein einseitiges Anordnungsrecht zugebilligt, wenn keine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu Stande kommt. Mit der Klausel werde jedoch - zu Unrecht - der Eindruck erweckt, dass der Kunde unbedingt eine Nachtragsvereinbarung benötige.

Unwirksam ist zudem eine Klausel, wonach der Kunde dafür Sorge zu tragen habe, dass das Grundstück „mit schweren Baufahrzeugen mit einem Gesamtgewicht von 40 t befahren werden kann“. Ein durchschnittlicher Verbraucher könne nicht beurteilen, ob sein Baugrundstück mit derartigen Baufahrzeugen befahren werden könne. Dies hänge von der Beschaffenheit seines Grundstücks insbesondere den Bodenverhältnissen ab sowie von der Beschaffenheit des Baufahrzeugs. Beides sei dem Kunden nicht bekannt.

Nicht wirksam ist auch die Klausel, wonach das Bauwerk als abgenommen gilt, wenn eine Frist zur Abnahme gesetzt wurde „und der Auftraggeber die Abnahme nicht innerhalb dieser Frist unter Angabe wesentlicher Mängel verweigert hat“. Zum einen müsse der Unternehmer in Textform auf die Folgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme hinweisen. Zum anderen sei nach dem Gesetz bereits dann nicht von einer Abnahme auszugehen, wenn der Besteller wegen eines Mangels - nicht mehrerer Mängel - die Abnahme verweigert habe. Ob der Mangel wesentlich oder unwesentlich ist, spiele nach den gesetzlichen Regelungen ebenfalls keine Rolle.

Insgesamt sind nach dem Urteil des OLG 18 Klauseln unwirksam.

Der Senat hat die Revision zum BGH zugelassen, da die Sache grundsätzliche

OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 04.11.2020

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.10.2020, Az. 29 U 146/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.6.2019, Az. 2-33 O 248/18)

Die Entscheidung ist in Kürze im Volltext unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

 

 

Auswirkungen der Mehrwertsteuersenkung ab 01.07.2020 im Baubereich

VBMI / 8. Juli 2020

(Kiel) Für den Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020 wird der Regelsatz der Mehrwertsteuer von bislang 19 % auf 16 % gesenkt. Entscheidungserheblich für die korrekte Zuordnung des jeweiligen Steuersatzes ist der Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Leistung.

Mithin, so betont die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel, ist weder das Datum der Rechnungstellung, noch dasjenige der Zahlung von Relevanz für die Anwendung des 19 %-igen oder des 16 %-igen Steuersatzes.

In laufenden Bauvorhaben ist hinsichtlich der Vertragsart einerseits sowie innerhalb von Werkverträgen zum Zeitpunkt und Umfang der Leistungserbringung andererseits zu differenzieren.

Bei Warenlieferungen kommt es grundsätzlich auf den Abschluss der Lieferungsvorganges durch Erhalt der Warenlieferung an.

  • Bei sonstigen Leistungen, so u.a. bei Dienstleistungen, kommt es auf den Zeitpunkt der Vollendung der Leistung an. Problematisch kann sich dies bei unterschiedlichen Teilleistungen darstellen. Unter Umständen kann eine rückwirkende Aufteilung einer Leistung in mehrere Teilleistungen in Betracht kommen. Eine solche Vereinbarung hätte allerdings bereits vor dem 01.07.2020 getroffen werden müssen, um von dem Finanzamt anerkannt zu werden.

  • In der Baurechtspraxis tritt häufig das Problem auf, dass die einzelnen Teilleistungen nicht scharf genug voneinander abgegrenzt sind.

  • Für den Fall, der Abnahme einer Bauleistung im Zeitraum zwischen dem 01.07.2020 bis 31.12.2020 kann man von einem einheitlichen Steuersatz von 16 % ausgehen, sofern es an einer Vereinbarung von Teilleistungen fehlt, es sich also um eine einheitliche Leistung in diesem Zeitraum handelt.

  • Im Hinblick auf Anzahlungen und Vorauszahlungen sind keine Besonderheiten zu beachten. Stets ist das Datum der Leistungserbringung von Relevanz. Sofern die Leistung erst ab dem 01.07.2020 zu erbringen ist, könnte allerdings eine Vorauszahlungsanforderung, die bereits vor dem 01.07.2020 angefordert worden ist, unschädlich sein, da es auf den Zeit punkt der Leistungserbringung ankommt.

  • Anzahlungen müssen mit dem derzeit gültigen Steuersatz abgerechnet werden. Der tatsächliche Umsatz, der auf die jeweilige Teilleistung entfällt, kann allerdings erst mit der Schlussrechnung bzw. Teilschlussrechnung bestimmt werden. In diesem Fall muss der Steuersatz, der im Zeitpunkt der Leistung (Abnahme) galt/gilt, zur Anwendung gelangen. Für das leistende Bauunternehmen bedeutet dies, dass es die mit den Abschlagsrechnungen zu viel oder zu wenig bezahlte Umsatzsteuer als dann zu korrigieren hat und ggf. entsprechend die Umsatzsteuer an das FA nach entrichten muss bzw. rückerstattet erhält. Diese Grundsätze gelten selbstverständlich im umgekehrten Fall auch für den Bauherrn.

  • Gerade für Abnahmen im 2. Halbjahr muss – über das übliche Maß hinaus – auf eine akribische Dokumentation geachtet werden. Im Rahmen von Teilschlussrechnungen ist daher unbedingt auf die genaue Definition der Teilleistung und deren Abnahme zu achten.

  • Diffiziler gestaltet sich die Rechtslage für Architekten und Ingenieure, sofern – trotz grundsätzlich trennbarer Leistungen -, das Leistungsbild der HOAI vereinbart worden ist. Die Leistungen nach den Leistungsbildern der HOAI stellen grundsätzlich eine einheitliche Leistung dar. Die Möglichkeit der Aufgliederung der Leistungsbilder führt nicht zu Teilleistungen im umsatzsteuerlichen Sinne (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a) S. 3 UStG. Die Annahme von Teilleistungen kann aber nur dann erfolgen, sofern im Rahmen des Vertrags zusätzliche Vereinbarungen gerade im Hinblick auf die gesonderte Ausführung einzelner Leistungsphasen getroffen worden sind, die auch separat als Teilleistungen zu vergüten sind.

Gerade im Baubereich, in dem es um erhebliche Auftragsvolumina geht, kann der Unterschied bei der Anwendung des Steuersatzes ohne Weiteres mehrere Tausend Euro bedingen. Man wird im Rahmen der Vertragsabwicklung daher derzeit in besonderem Maße darauf zu achten haben, ob sich dem Vertrag folgend, Möglichkeiten der Leistungsbestimmung ergeben können, die die Anwendung des reduzierten Steuersatzes zur Konsequenz haben könnten. Man wird ein besonderes Augenmerk auf die Abnahme und die Dokumentation der abgenommenen Leistung, gleich ob Teil- oder Gesamtleistung legen müssen.

 

Bei Gestaltungen, die im Zusammenhang mit der Aufteilung von Leistungen sowie Anforderung und Abrechnung von Teilleistungen in Zusammenhang stehen ist unbedingt eine vorherige Rücksprache mit dem Steuerberater erforderlich, der die konkreten Vertragsgestaltungen und den unternehmerischen Hintergrund kennt und hierzu individuell beraten kann, betont Fachanwältin Filiz.

Gerade kleinere und mittlere Unternehmen werden sich möglicherweise im Rahmen der Rechnungstellung nur schwer auf die kurzfristigen Änderungen einstellen. Daher wird man als Unternehmer nicht nur bei der Rechnungstellung, sondern vielmehr auch bei der Prüfung von Eingangsrechnungen ein besonderes Augenmerk darauf zu richten haben, wann die konkret abgerechnete Leistung erbracht worden ist, um wirtschaftliche Verluste zu vermeiden. Insoweit ist es gerade im Hinblick auf die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges im Hinblick auf die korrekte Zuordnung wichtig zu erkennen, ob die Eingangsrechnung den zutreffenden Steuersatz enthält oder ob diese Rechnung zwecks Korrektur an den Aussteller zurückübermittelt werden muss.

 

Filiz empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Baurecht auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei sie in diesem Zusammenhang u. a. auch auf den VBMI – VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. – www.VBMI-Anwaltsverband.de – verwies.

 

Hausbau und Hauskauf: Die sieben Todsünden beim Erwerb einer Immobilie

(Kiel) Der Bau oder der Erwerb eines Eigenheimes ist nicht nur mit emotionalen Vorstellungen, sondern auch mit wirtschaftlichen Risiken – bis hin zum Verlust der Existenzgrundlage für die ganze Familie - verbunden.


Dies zum einen, da die meisten „Häusleerwerber“ bzw. „Häuslebauer“ dieses Projekt nur einmal in ihrem Leben angehen. Es fehlt daher an entsprechenden einschlägigen Erfahrungen.


Zum anderen ist die rechtliche Materie komplex. Es sind Kauf- und/oder auch zusätzlich Werkverträge abzuschließen. Die Bauausführung ist zu überwachen, die entsprechende Abnahme zu erklären sowie – meist – auch noch Mängel geltend zu machen.


Noch komplexer stellt sich die rechtliche Thematik dar, ist man zudem noch Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Schnell stellt sich da die Frage, was wer kann und/oder darf.

 

Die Rechtsprechung ist diffizil und im Einzelnen – selbst für fachlich spezialisierte Anwälte – oft nicht immer leicht nachvollziehbar, zumal Schnittstellen zu verschiedenen Spezialbereichen (z.B. Bau- und Architektenrecht, Makler- und Bauträgerrecht, WEG-Recht) zu beachten sind.


Die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene – Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel empfiehlt daher beim Hauskauf oder Bau folgendes unbedingt zu beachten

 

Kursgewinne statt Zinsen

 

 

Auswirkungen im Baubereich  

 

 

IKZ

 

 

taxLegis

 

 

Interview taz Trennerin

 

 

Öffentlichkeitsarbeit

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